65. Kapitel

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»Da hast du's Tom...«, zische ich in seine Richtung.

Er beißt einen Bissen von seiner Dinkelsemmel ab und flüstert ein »Sorry«. Ja super, jetzt ist es zu spät... Das hätte er sich früher überlegen sollen.

»Also Tyler ist..., hmm also meine Mum... hat einen neuen Freund, der... und der, also...«, stottere ich vor mich hin und will am liebsten im Boden versinken.

Ich habe mir das alles ein wenig leichter vorgestellt und jetzt bin ich doch peinlich berührt, dabei sollte ich das wahrscheinlich gar nicht sein.

»Tyler ist sein Freund!«, erklärt Tom ganz sachlich von der Seite. Ich drehe mich zu ihm um. Schön, dass er das gleich ausplaudert.

»Ach, hast du Todeswünsche?«, ich kneife die Augen zusammen und versuche meine Aggressionen in Zaum zu halten. Er macht es mir mit solchen Aussagen aber auch schwer.

»Oh echt? Cool! Mein Bruder steht auch auf Männer«, grinst Lenny mich an. Ach so einfach? Da hätte ich mir ja gar keine Gedanken machen müssen.

»Na siehst du, so funktioniert das! Lass es mich regeln«, meint Tom ganz selbstgefällig von der Seite.

Ich werde ihm schon noch eine Lektion erteilen.

»So, also dein Freund...«, beginnt Lenny und ich sehe ihn an.

»Naja, also Freund ist vielleicht übertrieben. Wir haben uns noch nicht so richtig geeinigt, was wir sind...«, erkläre ich langsam.

Natürlich wäre ich gern Tylers Freund, aber ich will ihn entscheiden lassen. Ich möchte ihn nicht in eine Ecke drängen, er soll frei sagen können, was für eine Entscheidung die richtige für ihn ist.

»Ach, das werdet ihr schon noch bestimmen!«, Lenny grinst mich an.

Anschließend gehen wir in den ersten Stock, wo wir eine Doppelstunde Englisch haben.

Die restlichen Stunden bekommen wir irgendwie über die Runden und als wir schließlich um kurz vor halb drei über den Parkplatz zu Toms Auto gehen, stellt sich uns Zoe in den Weg.

Ach, sie hat mir ja gerade noch gefehlt!

Leider stellt sie sich nicht nur mir in den Weg, sondern Lenny, Tom und mir. Während Lenny einfach an ihr vorbeigeht, ohne ihr einen Funken Aufmerksamkeit zu schenken, bleibt Tom stehen.

»Was willst du?«, fragt er sie.

»Was ich will? Was willst du denn?!«, ihre Stimme klingt hoch und schrill. Seine Exfreundin sieht ein wenig aus wie ein Teufel.

»Ich will dich nicht mehr in meinem Leben haben!«, sagt mein Freund ganz ruhig und ich hätte ihm am liebsten auf die Schulter geklopft.

»Was soll das denn heißen?!«, jetzt packt Zoe mit ihren langen Fingernägeln seinen Arm. Kurz überlege ich, was die Nummer der Rettung ist, damit ich diese informieren kann, wenn die Haut von Toms Arm heruntergerissen ist.

»Hallo? Jetzt komm mal ein bisschen runter!«, brumme ich von der Seite, bevor sie noch anfängt ihn zu verprügeln.

»Ach Ollie...«, sie sagt meinen Namen auf eine Weise, auf die mir fast meine Jause hochkommt.

»Was sagst du eigentlich dazu, Tom?«, wendet sie sich dann an ihren Exfreund.

Er zieht nur fragend die Augenbrauen in die Höhe.

»Dass dein bester Freund auf Männer steht?«, beendet sie ihren Satz.

»Was soll ich dazu sagen? Das ist mir eigentlich egal... Das ändert ja nichts an unserer Freundschaft!«, erwidert er.

»Ach, das denkst du? Vielleicht will er dann irgendwann etwas von dir!«, Zoe sieht aus, als würde sie gleich explodieren.

Ich verkneife mir ein Lachen. Also wenn das ihre größte Sorge ist, dann will ich nicht in ihrer Haut stecken.

»Keine Sorge Zoe, ich denke davor muss er sich nicht fürchten!«, ich zwinkere ihr zu und drehe mich schließlich um.

Sie nervt mich jetzt schon und dabei haben wir vielleicht ein paar Minuten mir ihr geredet.

»Wo gehst du hin?«, ruft sie, als ich gehe.

»Zum Auto, weil du nur Dreck erzählst...«, erkläre ich und marschiere einfach weiter.

»Ja, ich werde mich ihm anschließen«, erklärt Tom und klopft ihr auf die Schulter, als wären sie Kumpels.

»Vielleicht solltest du deine Homophobie ablegen, bevor du dich wieder unter Leute traust!«, rät er ihr noch und läuft mir dann nach.

Zoe schreit, als hätte sie irgendein Insekt gestochen. Doch Tom lässt sich nicht beirren.

Sie steht noch immer an der gleichen Stelle und brodelt wie ein Kochtopf, der gleich überkocht.

»Wir waren noch nicht fertig!«, brüllt sie so laut, dass einige Lehrer, die auf sie zukommen erstaunt stehen bleiben.

»Anscheinend schon, schließlich stehst du allein da. Am besten du gehst jetzt, ist ja schon peinlich genug!«, erklärt ihr Jana, als sie an ihr vorbei zum Auto geht.

Am liebsten hätte ich laut geschrien und ihr die Hand zum High Five hingestreckt. Aber ich beherrsche mich und zwinkere ihr zu, als Jana an Tom und mir vorbei geht.

Sie grinst zurück und drückt dann auf ihren Autoschlüssel, dass ein Klicken ertönt und sie die Türen öffnen kann.

Ich drehe mich noch einmal zu Zoe um, aber sie ist davongestürmt und der Parkplatz hat sich geleert.

Tom öffnet die Tür und steigt in sein Auto, während ich mich auf dem Beifahrersitz niederlasse.

»Ich hätte nie gedacht, dass sie mal so eine Szene macht...«, erklärt er, als die Türen geschlossen sind.

Er macht ein wenig Musik an, während er ausparkt.

»Doch, ich denke, genau so hätte ich sie eingeschätzt...«, sage ich langsam.

»Warum hast du nie was gesagt?«, erkundigt er sich, als er in den Verkehr einfädelt.

»Naja, wir hatten nicht so das beste Verhältnis in der letzten Zeit und ich wollte das nicht noch mehr zerstören, in dem ich dir vorschreibe, welche Frauen du daten sollst...«, grinse ich.

Tom lacht und den Rest der Fahrt sprechen wir darüber, wie er sich vor Tyler verhalten soll.

Er ist nämlich der Meinung, Tyler so schnell wie möglich sein wahres Gesicht zeigen zu müssen. Während ich denke, dass es am besten ist, zuerst mal ein angenehmes höfliches Miteinander zu pflegen.

Mein Freund verspricht mir, dass er sich zusammenreißt, dabei hat er aber so ein Grinsen im Gesicht, dass ich seiner Aussage wenig Glauben schenke.

Als er mich vor dem Haus absetzt, bedanke ich mich bei ihm für das Mitnehmen und deute ihm mit meinem Handy, dass ich ihm später schreibe.

Danach gehe ich zur Haustür und sperre die Tür auf. Weil ich mir denke, dass sich meine Mutter darüber freut, wenn ich etwas koche, mache ich mich daran Wurstfleckerl zu machen.

Das geht einfach und dauert auch nicht so lange. Während das Wasser aufkocht, sehe ich im Chat von Tyler nach. Er hat mir einen Daumen hoch geschrieben.

Es ist zwar noch nicht 15 Uhr, aber ich habe keine Lust mehr zu warten. Nachdem ich die Wurst kleinwürfelig geschnitten habe, wähle ich seine Nummer.

Nach dem zweiten Läuten hebt Tyler ab.

»Hey, Ollie!«, seine Stimme klingt so schön, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken läuft.

»Hallo«, hauche ich zurück und ich strahle über das ganze Gesicht.

Es fühlt sich an, als hätte ich ihn ewig lange nicht mehr gesehen, da haben wir doch erst gestern den Berg hinter uns gelassen. Und trotzdem habe ich ihn wahnsinnig vermisst.

Hinter verschlossenen Türen [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt