K A P I T E L 21

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"Kendra Josefin Bieling, wenn du nicht sofort ins Auto steigt- Wie siehst du überhaupt aus?" Welche eine Begrüßung dachte sich Kendra. Nicht nur die Ansprache mit vollem Namen sondern auch direkt ein Kommentar zu ihrem Aussehen. Zugegeben sah sie gerade wirklich nicht vorteilhaft aus in den großen Klamotten von Raban, doch ihre Mutter musste natürlich übertreiben.
"Du verlierst deinen Job in München und kommst Nachts nicht nach Hause-" - "Woher weißt du überhaupt, dass ich dort nicht mehr arbeite?", sprach ihr Kenny dazwischen. Sie hatte den Job hinter dem Tresen dieser teuren Bar schon seit Monaten satt, hatte sich jedoch immer zusammengerissen um wenigstens etwas Geld zu haben was nicht von ihrer Mutter stammte. Dies hatte so lange geklappt, bis ihre Kolleginnen es zu weit getrieben hatte. Sie war als Teenager wie sie Kenny gerne nannten, zu einem eingespielten Team mit Frauen gestoßen die ihre Mutter sein könnten. Es wäre noch tolerierbar gewesen wenn sie sich auch so verhalten hätte, wie Mütter. Aber nein sie sahen in Kendra nichts anderes als einen Störfaktor der versuchte ihre gewohnten Abläufe zu zerstören. Egal welchen Vorschlag sie machte, bekam sie lediglich ein genervten Augen rollen. Hat schon immer so geklappt, wird es auch weiterhin. Wir brauchen kein neumodisches Zeug. Sie hatte sich damit abgefunden, bis das Team irgendwann damit begann ihr die schlechten Tische zu geben, das Trinkgeld nicht mehr gerecht aufzuteilen und sie bei dem Chef anzuschwärzen. Lange Rede, kurzer Sinn : Kenny hatte gekündigt.
"Ich wollte wissen wieso deine Schichten plötzlich so unregelmäßig sind. Nur um dann zu erfahren, dass du dort nicht mehr arbeitest!", erwiderte ihre Mutter und Kennys Augen weiteten sich. "Du kontrolliert ihre Arbeit?", fragte dann Julia bevor Kendra es selbst konnte. "Du mischt dich da am besten gar nicht ein. Du hättest mir bescheid geben müssen, dass sie hier ist.", giftete sie weiter und Kennys Kopf begann erneut zu pochen, bereute gestern noch mehr als sie es sowieso schon tat.
"Woher zum Fuck weißt du dann überhaupt wo ich bin?", maulte sie dann zurück. Bei ihrer Mutter half meistens nicht anderes als nur noch lauter zu werden. Wieder merkte man den Unterschied zu ihren Schwestern. Sobald ihre Mutter so mit ihnen sprach gaben die beiden nach, egal wie groß sie ihren Mund zuvor aufgerissen hatte. "Ganz dünnes Eis junge Dame, pass auf wie du mit mir redest.", Kennys Mutter hob drohend den Zeigefinger und die schwarzhaarige presste ihre Lippen aufeinander. Im Normalfall hätte sie jetzt genauso unfreundlich  geantwortet, doch sie stand immer noch auf der Treppe im Haus von ihrer Tante. Und je länger sich das ganze ziehen würde, desto hässlicher würde es werden.
"Wir waren zusammen unterwegs und dann hat sie hier geschlafen, ich versteh nicht was das Problem ist." überrascht sah Kenny zu Raban welcher mit verschränkten Armen im Türrahmen stand. Nicht nur, dass er sich um sie gekümmert hatte. Nein, jetzt versuchte er ihr auch noch zu helfen damit der Zorn ihrer Mutter nicht noch schlimmer wurde. "Ich werde mich weder vor dir-", sie sah Raban an. "Noch vor dir rechtfertigen. Wir wissen beide was deine Erziehung für Auswirkungen hat.", Kennys Mutter musterte Julia mit einem deutlichen Blick. Kennys Herz zog sich zusammen, es war eine Sache wenn ihre Mutter so mit ihr umging. Doch jetzt bekamen es Raban und seine Mutter ab nur weil Kenny gestern zu tief ins Glas geschaut hatte. "Außerdem wissen wir ja alle mit was für Leuten du dich rumtreibst. In diesen Kreisen möchte ich Kendra nicht haben.", sprach sie weiter und Rabans Gesicht verblieb neutral. Es war nicht das erste Mal, dass er solche Worte hörte und auch wenn es  ihn nicht kalt ließ reagierte er nicht. "Aber die Kreise von Claire und Cynthia sind besser? Es sind alles nur reiche Schnösel die-" - "Kendra!", sie zuckte überrascht zusammen so laut rief ihre Mutter ihren Namen aus.
"Du schlägst schon viel zu lange aus der Reihe. Es ist mir unangenehm genug wenn meine Freunde mich auf dich ansprechen. Ich brauche nicht noch mehr Gründe wieso ich mir wünsche, dass du mehr wie deine Schwestern wärst.", Kennys ganzer Körper versteifte sich und ihr Mund öffnete sich. Es war keine Geheimnis wie ihre Mutter dachte, doch es ausgesprochen zu hören schmerzte mehr als sie zugeben wollte. Während Julia ihre Schwester unverständlich ansah, huschten Rabans Augen zu Kendra. Sie wirkte perplex und gleichzeitig erkannte er wie ihr ganzer Körper unter Storm zu stehen schien. Raban und seine Mutter konnten nur mit ansehen wie Kenny regelrecht zum Wagen ihrer Mutter gezogen wurde und anschließend grob ins Innere gedrückt wurde. 

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"Ich toleriere wirklich viel von den Dingen die du dir leistet Kendra, aber langsam überschreitest du eine Grenze." Kenny schloss für einen Moment ihre Augen. Es wäre ja auch zu schön gewesen hätte ihre Mutter wenigstens während der Autofahrt geschwiegen. "Wie überschreite ich eine Grenze? Nur weil ich einmal nicht zuhause geschlafen haben ohne bescheid zu geben? Claire und-", überrascht sah Kendra zu ihrer Mutter als diese auf das Lenkrad schlug. "Es geht nicht um deine Schwestern Kendra! Es geht einzige und allein um dich und dein Verhalten.", versuchte ihre Mutter dann wieder ruhig zu erwidern. "Aber es ist nicht fair! Die beiden sind dauernd unterwegs und du hast keine Ahnung wo! Wieso bekomm ich so eine Standpauke wenn die beiden nicht besser sind?" So schnell war es mit der ruhigen Unterhaltung vorbei.
"Die beiden sind bei ihren Freunden. Freunden die ich kenn und schätze." - "Ja du schätz ihr Geld, dass sind alles verwöhnte Penner." Kenny erinnerte sich selbst an ein beleidigtes Kind, doch wie anders sollte sie reagieren wenn ihre Mutter keines ihrer Argumente wahrnahm und sich auf ihre Meinung versteifte? "Raban und seine Freunde sind ein deutlich besserer Umgang als die, auch wenn sie nicht in dem Geld ihrer Eltern schwimmen.", redete Kenny weiter bevor ihre Mutter dazwischen sprechen konnte. "Die einzige vernünftigsten Freunde die du hast sind die Wagner Geschwister.", antworte ihre Mutter und machte eine wegwerfende Handbewegung. "Sagst du auch nur weil ihre Eltern Geld haben.", erwiderte Kenny stumpf.
"Ich hab mit deinem Onkel gesprochen. Er war so nett über dein Verhalten hinweg zu sehen und dir das Praktikum zu geben." Eigentlich hätte sich Kenny sofort darüber aufgeregt, dass ihre Mutter mal wieder ihre Worte ignorierte. Hätte sie nicht gerade das Streitthema Nummer eins angesprochen. "Ich will dieses verdammte Praktikum nicht, dass hab ich schon so oft gesagt-" - "Und ich sage dir jetzt was du zu tun hast, da du keine vernünftigen Entscheidungen für deine Zukunft treffen kannst. Entweder nimmst du diese Chance an oder du kannst zusehen wie du ohne Geld zurecht kommst, im gleichen Zug kannst du dir eine Wohnung suchen. Ich akzeptiere dein Verhalten nicht mehr Kendra, bis hier hin und nicht weiter."

KENNY  | die wilden Kerle ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt