Teil 23

193 3 2
                                    

*Marcs Sicht*
Langsam gehen Anna und Bernd auf die andere Seite von Tracy. Stephan scheint nichts davon mitzubekommen. Es ist echt ein trauriger Anblick, der sich da bietet, aber ich weiß, dass wir das Schaffen. Tracy wird das Schaffen und wir werden sie alle unterstützen. Am frühen Nachmittag fahren Bernd, Anna und ich zu mir nach Hause, da sie sich auch mal ausruhen müssen. Stephan ist im Krankenhaus geblieben. Wir hatten ihn nur schwer wach bekommen, aber schlussendlich keine Chance, dass er mit uns mitkommt. Die Stimmung ist sehr bedrückt. Gedankenverloren trinke ich eine Tasse Kaffee, als Bernd sich auch mit einer Tasse Kaffee zu mir setzt. „Wie gehts euch, denn?", frage ich Bernd, wobei ich innerlich weiß, wie unnötig diese Frage ist. Doch momentan macht mich diese Stille unruhig. Bernd seufzt einmal aus: „Ehrlich gesagt weiß ich das nicht so genau. Ich hatte nicht damit gerecht, dass Tracys Ex Freund zu so was fähig wäre. Klar gab es die ein oder andere Auseinandersetzung, aber dass er so weit geht.... Ich hätte meine Tochter besser beschützen sollen, von ihm. Der Arzt ist zwar optimistisch, dass sie wieder fit wird, aber wer weiß, wie es wirklich kommt. Du weißt wie Ärzte sind und Anna macht das natürlich noch mehr zu schaffen. Nachdem du uns die Nachricht mitgeteilt hast, war es so, als ob man uns alles im Leben genommen hatte. Sie ist unsere einzige Tochter. Sie..." Ich lege beruhigend eine Hand auf seine Schulter. „Wenn das meine Tochter wäre, würde es mir nicht anders gehen. Aber so wie ich Tracy jetzt kennen gelernt habe, schafft sie das. Sie hat sicher mitbekommen, dass ihr jetzt da seid, und das gibt ihr extrem viel Kraft. Wenn Anna wach ist, fahren wir nochmal ins Krankenhaus. Ich muss dann auch mal nach Stephan schaue, wie es ihm geht. Immerhin hat er mal ein wenig geschlafen", versuche ich ihn zu überzeugend, worauf er mir zustimmend nickt.
Später am Abend fahren wir dann nochmal gemeinsam ins Krankenhaus. Im Zimmer angekommen, muss ich feststellen, dass Stephan immer noch oder schon wieder schläft. Dieses Mal wecke ich ihn und überzeuge ihn mal, dass er an die frische Luft muss und nachdem ich ihm versichert habe, dass sie nicht allein derweil ist, gehe ich mit ihm im Krankenhauspark einmal an die frische Luft und trinken einen Kaffee gemeinsam.

*Stephans Sicht*
Als mich Marc weckt und meint, dass ich an die frische Luft solle, finde ich die Idee gar nicht gut. Es muss doch jemand bei Tracy sein und erst da bekomme ich mit, dass Tracys Eltern auch da sind. Ich begrüß sie und gehe dann mit Marc einmal an die frische Luft. Ich muss doch zugeben, dass es gut tut. Irgendwie war die Schlafposition nicht die beste und muss mich erstmal strecken. Jedoch gehen meine Gedanken jede Sekunde zu Tracy und mein schlechtes Gewissen, dass ich nicht besser auf sie aufgepasst hatte, macht mich echt zu schaffen.
Mittlerweile sind 6 Tage vergangen und ich bin jeden Tag bei Tracy gewesen und hab von unseren gemeinsam erlebten Sachen erzählt. Ich halte die Stille einfach nicht mehr aus. Auch Tracys Eltern sind jeden Tag hier und wenn Marc nicht gerade am Arbeiten war, ist er auch immer vorbeigekommen. Ich bin eine weitere Woche krankgeschrieben worden, da sich meine Wunde ein wenig entzündet hatte und da Klaus auch wusste was bei mir los ist, ist es ihm auch recht gewesen. Sonst hätte ich wieder die ganze Wache auf Trab gehalten.
Freddy hat schon vor einem Tag die Medikamente verringert, da sich ihre Werte weiter stabilisiert haben, so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie aufwacht. Ich kann es kaum erwarten, doch der Arzt meint, dass es dennoch seine Zeit dauern würde. Sie dann erstmal eine Therapie machen muss, um vielleicht manche Sachen neu zu erlernen, da ein künstliches Koma sowas mit sich bringt. Das Ausmaß wird jedoch erst bekannt, wenn die Patienten aufwachen. Ich hoffe einfach nur das Tracy aufwacht und alles andere schaffen wir dann auch gemeinsam. Ich werde sie nicht im Stich lassen.
Es schlaucht auch mich mittlerweile, seit dem Vorfall habe ich kaum gegessen oder geschlafen. Es geht nicht. So fallen auch mir wieder einmal die Augen zu, wobei ich meine Hand auf Tracys Hand lasse. Ich bin noch nicht eingeschlafen, da merke ich ein zucken an meiner Hand. Ich richte mich auf und schaue Tracy an, doch nichts. Sie liegt immer noch friedlich im Bett, wie schon die letzten Tage auch. Meine Hoffnung schwand und ich lege meinen Kopf wieder aufs Bett ab. Vielleicht habe ich mir das gerade auch nur eingebildet.
Doch es ist dieses Mal genau gleich, kaum habe ich meine Augen zu, zuckt die Hand von Tracy leicht. Ich setze mich wieder auf und streichle sanft mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Hey Süße, ich bin da. Keine Angst. Es ist alles gut", sage ich sanft. Doch es kommt keine Regung von ihr. Dennoch streichle ich weiter über ihre Hand und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Die Hoffnung, dass sie bald aufwacht, könnte groß sein und es wäre auch schon ein großer Schritt.
Nach ein paar Minuten drückt sie leicht mit der Hand meine Hand, was mir ein großes Lächeln entlockt. „Alles wird gut Tracy", sage ich sanft. Kurz darauf gehen ihre Augen auf, sie starrt jedoch nur weiter an die Decke und fängt dann an zu würgen, da sie sich gegen den Tubus wehrt, der sie derweil beatmet hatte. Auch die Geräte um sie fangen laut an zu piepen. Ich drücke nur auf den Schwesternknopf und versuche Tracy zu beruhigen: „Alles ist gut. Beruhige dich Schatz. Der Arzt kommt gleich. Es wird alles gut." Ich streichle weiter sanft über ihren Handrücken und kurz daraufhin ging auch die Zimmertüre mit Schwung auf und Freddy gefolgt von zwei Krankenschwester kommen herein.

Durch Tiefen und HöhenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt