Teil 16

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*Tracys Sicht*
Am nächsten Morgen gebe ich Stephan noch einen Kuss, bevor ich dann aufstehe und mich fertig für die Arbeit mache, am liebsten würde ich ja bei ihm bleiben, aber der Chef gibt mir gerade keinen Urlaub und so mache ich mich schweren Herzens auf den Weg zur Arbeit. Stephan versichert mir, dass er nichts anstellt und sich auf heute Abend freut, wenn ich wieder komme.
Der Arbeitstag fühlt sich, wie eine Ewigkeit an und ich bin froh, als ich endlich aus stempeln kann und nach Hause zu Stephan fahren kann. Als ich jedoch vor seinem kleinen Wohnblock ankomme und die Treppen rauflaufen will, sehe ich wie eine Frau aus Stephans Wohnung kommt. Ich bin verwundert, denn die Frau grüßt mich auch noch, als sie an mir vorbeiläuft. Jedoch ist mir die Frau absolut nicht bekannt. Verwirrt sperre ich die Wohnungstüre auf und finde Stephan auf der Couch liegend vor, der jedoch gleich aufsteht, als er mich sieht und mir einen Kuss gibt. „Ich habe dich schon so vermisst", sagt er lächelnd. Noch ein wenig überrumpelt von vorhin nicke ich und sage: „Ich dich auch." Ich frage jedoch nicht nach, vielleicht ist es nur eine Kollegin oder Bekannte, die ich noch nicht kannte.
Ich mache das Abendessen, wobei mir Stephan hilft, ich ihn jedoch immer wieder versuche rauszubringen, da er nicht zu viel machen soll. „Ich durfte, damals auch nichts machen, also setzt sich der Herr jetzt auch hin und wartet bis das Essen fertig ist", sage ich. „Aber nur wenn ich zuerst noch einen Kuss bekomme", grinst er mich frech an. Ich lächle und gebe ihm einen liebevollen Kuss, denn er erwidert. Als wir uns dann lösen sage ich ihm: „Und jetzt setzt dich hin und lass mich fertigkochen." Zur Bestätigung nickt er und ich mache für uns das Essen fertig. Dabei schweifen meine Gedanken immer wieder zu dieser unbekannten Frau. Ich will ihn jedoch nicht ansprechen. Ich will nicht wieder einen Streit haben, das letzte Mal hat mir mehr als gereicht.
Nachdem Essen, gehen wir auch gleich Richtung Bett, da ich morgen wieder zur Arbeit muss. Meinen Kopf habe ich auf Stephans Brust gelegt und schaue zu ihm. Er streichelt mir liebevoll durch meine Haare und genießen einfach die Zweisamkeit. „Ist alles gut bei dir? Du wirkst so abwesend", fragt mich Stephan, wie aus dem nichts. Ich nicke: „Nur Stress bei der Arbeit. Aber ich habe alles unter Kontrolle", versichere ich ihm und gebe ihm einen Kuss.
Die nächsten Tage laufen genau gleich ab. Ich muss zur Arbeit und Stephan ist zu Hause. Die Frau habe ich nicht mehr gesehen, was mich innerlich beruhigte, aber wer sagt mir, dass sie nicht doch da war und dieses Mal nur früher gegangen ist? Doch heute soll sich das ändern. Ich bin heute zur Abwechslung mit dem Bus zur Arbeit gegangen, da Stephan noch zur Nachuntersuchung ins Krankenhaus muss. Ich hoffe für ihn sehr, dass er Diensttauglich ist, denn lange werde ich ihn nicht mehr zu Hause halten können. Er ist nicht der Mensch, wo zu Hause rumliegt und nichts macht. Er muss ständig etwas machen, selbst Sport macht er schon wieder, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er das schon darf. Aber ich hatte einfach nie eine Chance ihn umzustimmen, somit habe ich es aufgegeben, dagegen was zu sagen.
Ich laufe gerade die Straße entlang, in der Stephans Wohnung ist, als ich von der Ferne sehe, wie sich zwei Menschen umarmen und es auch noch sehr vertraut aussieht. Bei genauem Hinschauen sehe ich, dass es Stephan ist und diese Frau, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Ich bleibe stehen, ich kann nicht glauben, was ich da sehe. Ich bin echt enttäuscht und Wut macht sich in mir breit und die Umarmung ist nicht genug, gibt die Frau Stephan auch noch einen Kuss auf die Wange.
Ich muss mich echt zusammenreißen, dass ich nicht gleich auf die zwei losrenne. Ich mein, was denkt sich Stephan eigentlich. Spielt er mir die ganze Zeit nur was vor? Ich weiß, wenn ich jetzt zu ihm gehen würde, würde ich ihm den Kopf abreißen. Also atme ich einmal tief durch und drehe um und laufe in Richtung meiner Wohnung. So viele Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Wer ist nur diese Frau? Was hat Stephan vor? Betrügt er mich? Spielt er mir nur was vor? Und wenn ja, dann ist er verdammt gut darin! Ich habe sichtlich Mühe, mir die Tränen zurückzuhalten. Was habe ich bitte falsch gemacht? Bin ich so eine schlechte Freundin? Endlich in meiner Wohnung angekommen, schließe ich direkt die Türe und lasse mich auf den Boden gleiten und nun kann ich meine Tränen, nicht mehr zurückhalten. Ich senke meinen Kopf und weine. Ich kann es nicht glauben, was ich da gesehen habe. Wie kann sowas nur passieren? Und warum mir? Was habe ich falsch gemacht? Die Tränen werden auch nicht weniger.
Ich schrecke auf, als mein Handy klingelt. Ich hole es aus der Tasche und versuche mir die Tränen wegzuwischen, damit ich was sehen konnte. Doch als ich „Schatz❤️" auf dem Display lese, werden die Tränen nur noch mehr und ich werfe das Handy weg. Ich kann nicht ran gehen, sonst merkt er das was nicht stimmt.
Vielleicht ist die Frau auch der Grund, warum Stephan damals nach dem Dienst nie gleich nach Hause kam. Er wich mir auch dort schon, jedes Mal meiner Frage aus. Warum soll er diesmal die Wahrheit sagen? Ich kann es einfach immer noch nicht fassen und ich brauche auch noch endliche Minuten, bis ich mich halbwegs beruhigt habe. Der Appetit auf Essen ist mir eindeutig vergangen. Ich schaue mein Handy an, dass ein paar Meter weiter auf dem Boden liegt. Kurz entschlossen nehme ich es auf und wähle die Nummer von Hannah. Ich weiß nicht mehr weiter und ich brauche jetzt einfach einen guten Ratschlag. Nachdem es kurz geklingelt hat, geht Hannah auch schon ran. „Hey, schön von dir zu hören. Wie geht es dir denn?", kommt sogleich fröhlich von ihr. Ich schweige kurz, so ganz ist meine Stimme noch nicht da. „Tracy alles okay bei dir? Ist was passiert?", kommt dann gleich, als ich mich nicht sofort melde. „Ich weiß nicht... Ich habe Stephan mit einer anderen... Frau gesehen und es sah so vertraut aus... und ich weiß nicht mehr...weiter.... Ich...", bringe ich nur heraus, da allein nur schon der Gedanke wieder Tränen in meine Augen bringt. „Wo bist du?", kommt von ihr gleich daraufhin. „Zuhause." „Alles klar. Ich bin gleich bei dir!", und schon hat sie aufgelegt. Ich lege das Handy auf den Tisch und starre einfach die Wand vor mir an.
Meine Gedanken fahren Achterbahn und umso erleichterter bin ich, als es an der Haustüre klingelt. Ist Hannah gerade in der Nähe oder hat sie alle roten Ampeln überfahren, denke ich mir noch, da sie normalerweise länger braucht. Ich wische mir noch die Tränen aus dem Gesicht, ein kurzer check im Spiegel macht meine Laune auch nicht besser, meine Augen sind komplett gerötet und meine Schminke ist auch verlaufen.
Als ich dann die Türe aufmache, traue ich meinen Augen nicht. Es ist definitiv die letzte Person, die ich sehen will. Doch bevor ich die Tür zu machen will, stellt die Person seinen Fuß dazwischen. Ich versuche mich gegen die Türe zu drücken, nur damit die Person ja nicht in meine Wohnung kommt.

Durch Tiefen und HöhenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt