"Ich werde es euch nie verzeihen."
Genau diese Worte hörte ich in meinem Kopf als ich mit Calvin aus dem Wagen stieg. Mein Herz hämmerte und für mich war es eine kleine Kunst mit dem Ballkleid aus diesem Auto zu kommen.
Heute Abend fand eine Gala statt und ich wagte es zu kommen. Meiner Familie würden vermutlich die Augen aus dem Kopf fallen. Sie hatten mir zwar die Einladung geschickt, aber erwarteten sicherlich nie meine Anwesenheit.
Es war auch mein Verlobter gewesen, welcher hierher kommen wollte. Für das perfekte Bild musste er ja meine Familie kennen, was für ein unnötiger Gedanke.
Nach all den Erlebnissen konnten sie mir gerne fernbleiben, aber Calvin bekam immer das was er wollte. Am besten widersprach man ihm nie, außer man wollte, dass er wütend wurde. Nur war das etwas das man auf keinen Fall wollte.
Hinter dem Wagen trafen wir aufeinander und er bot mir seinen Arm an. Ich hakte mich unter und so konnte es losgehen. Wenigstens dachte er mit, weshalb wir langsam gingen. Bei meinen hohen Schuhen war das beinahe eine Pflicht.
Alleine mein rotes Kleid war ein Umstand, allerdings hatte ich mich in es verliebt. Es war bis zur Taille eng anliegend und anschließend ausgestellt und bodenlang, wie das klassische pompöse Ballkleid.
Calvin war begeistert gewesen und hatte es mit Freude finanziert. Seiner Ansicht nach mussten wir einen guten Eindruck hinterlassen und mit einem umwerfenden Outfit war das ein guter Anfang.
Mit jedem Schritt, welchen wir näher zum Gebäude kamen, wurde mein Herzschlag hektischer und meine Hände fingen zu schwitzen an. Hoffentlich machte mein Kreislauf diesen nervenaufreibenden Abend mit.
Es war eine dumme Idee gewesen hierher zu kommen. Nur hatte Calvin leider die Einladung gesehen, was zu meinem Verhängnis geworden war.
Er sagte leise: "Reiß dich zusammen, Ever. Deine Anspannung ist viel zu auffällig." Das war sein Befehlston gewesen und mir war klar, dass er gerade seine Wut unterdrückte. Kleinigkeiten lösten das in ihm aus und anschließend musste es jemand ausbaden.
Ich holte tief Luft und versuchte etwas entspannter zu wirken. Ich setzte noch mein perfektes Lächeln für die Öffentlichkeit auf und sah auf zu ihm in diese braunen Augen, welche kaum Wärme in sich trugen.
Er erwiderte meinen Blick und meinte: "Braves Mädchen." Mit dieser Aussage fühlte ich mich erniedrigt, aber wie gesagt man wollte ihn nie verärgern, weshalb ich meinen Mund hielt.
Ich wandte mich nach vorne, um diesem kalten Blick zu entkommen, der einem die Gänsehaut aufstellen konnte. Soeben gingen wir die paar Treppen hoch, welche zum Eingang führten.
Vor der Tür standen zwei Männer, welche die Einladungen kontrollierten. Calvin reichte sie dem Mann, der überflog sie kurz und nickte uns anschließend zu als Zeichen, dass wir das Gebäude betreten durften.
Die Tür stand weit offen, weshalb wir einfach durchgehen konnten. In mir schrie so ziemlich alles, dass ich umdrehen sollte und am besten für immer von der Bildfläche verschwand. Dieser Abend musste praktisch schlecht enden, dabei konnte nichts Gutes rauskommen.
Es waren bereits einige Leute hier, aber bis jetzt war kein bekanntes Gesicht darunter. Jedoch dürfte sich das bald ändern und dann würde es sich wie ein Waldfeuer verbreiten, dass die verloren Tochter der Familie Wilson zurückgekehrt war.
Meine Eltern übertrieben es mit ihrer alljährlichen Gala bei der sie sich selbst damit anpriesen, wie viele Spenden sie sammelten. Dieses Getue kotzte mich an, aber dieses scheinheilige Verhalten war beinahe überall zu finden.
Ein Kellner, der an uns vorbeikam, reichte uns zwei Gläser mit Champagner. Wir nahmen sie an und ich dankte ihm dafür, was er mit einem Nicken beantwortete.
Mit Calvin ging ich noch ein paar Schritte in den überfüllten Raum, bis er stehen blieb und sich von mir löste. Wie gedacht hielt er sein Glas in meine Richtung und wir stießen an.
Er zwinkerte mir zu und sagte: "Auf einen schönen Abend." Man hörte das Klirren unserer Gläser und anschließend nahmen wir beide einen Schluck. Alkohol konnte in diesem Fall nicht schaden, damit dürfte ich diesen Wahnsinn besser überleben, eher würde es das erträglicher machen.
"Ever?"
Den Unglauben hatte man sehr gut aus der Stimme gehört und ich hatte diese sofort erkannt.
Wie könnte ich auch nicht?
Die vertraute Stimme der eigenen Mum würde man erkennen, aber das rief die Wut hervor, die ich nach all der Zeit noch zu gut spürte. Aber ich überspielte meine innere Gefühlswelt und behielt einen freundlichen Gesichtsausdruck.
Ich drehte mich um und hatte sie gleich gefunden. Meine Mum stand etwa einen Meter von mir entfernt. Sie sah beinahe entsetzt und leicht geschockt aus. Vermutlich dachte sie, dass sie halluzinierte.
"Hallo Mutter."
Mein Lächeln hatte ich weiterhin im Gesicht und hoffte, dass sie wusste wie falsch es war.
Calvin stellte sich neben mich und legte mir einen Arm um die Taille. Er wollte wohl für jeden klarstellen, dass ich ihm gehörte. Dabei teilte einem der Ring an meinem Finger alles mit, der konnte niemanden entgehen.
Schließlich hatte meine Mum sich gefangen und ihr Gesichtsausdruck wurde freundlich und strahlend. "Wie schön, dass du gekommen bist. Wir hatten sehr darauf gehofft."
Jaja, als ob. Sie wären erleichtert gewesen, wenn ich ihnen fern geblieben wäre. Aber nach unserem letzten Aufeinandertreffen konnte ihnen das niemand verübeln.
Bevor sie eine Rede schwang alla sie hätten mich vermisst oder dergleichen, sollte ich auf ein anderes Thema lenken.
Ich deutete auf den Mann neben mir und sagte: "Das ist Calvin, mein Verlobter." Wie grausam sich das anhörte, mein Verlobter.
Kurz schlief ihr das Gesicht ein, aber sie fing sich schnell. Das waren scheinbar zu viele Infos auf einmal, weshalb nicht mal sie ihre Fassade wahren konnte.
"Oh, dein Verlobter." Sie reichte ihm ihre Hand, weshalb er sich von mir löste, um diese zu schütteln. "Es freut mich sehr dich kennenzulernen." Wie immer spielte er seine perfekte Rolle, wie es meine Mum tat, die antwortete: "Mich freut es genauso und ich bin Elisa."
Sie widmete sich anschließend mir und sagte begeistert: "Ich gratuliere zur Verlobung. Seit wann, wenn ich fragen darf?" Ich gab mein Bestes um begeistert und erfreut zu antworten: "Seit etwa einem Monat."
Sie nickte und das nächste Grauen stieß zu uns. Wie ich es hasste wie sie alle falsch strahlten. Er hatte wenigstens eine kleine Vorbereitungszeit, bevor er mich ansprach.
"Ever, wie schön dich zu sehen." Ich nickte und schaffte es in einem netten Ton zu antworten: "Hallo Vater."
Meine Mum wandte sich an ihn und erklärte: "Das ist Calvin, der Verlobte unserer Tochter." Mein Dad hatte sich besser im Griff, weshalb er seine Fassade aufrecht halten konnte.
Innerlich verdrehte ich meine Augen und automatisch wanderte mein Blick weiter. Die beiden hatten eine Vorstellrunde, allerdings war ich nun in einer anderen Welt.
Dort stand er nämlich und sah zu mir. Mein Herz setzte einen Schlag aus und genau vor diesem Anblick hatte ich die meiste Angst gehabt. Ich hatte ihn eigentlich vergessen wollen. Allerdings war mir das leider kein bisschen gelungen, alleine diese atemberaubenden grünen Augen könnte ich niemals vergessen.
Wir sahen einander nur an und ich konnte es kaum fassen, dass er immer noch verdammt attraktiv war, eher sogar mehr als früher.
Mein Herz zog sich qualvoll zusammen, denn es tat weh ihn zu sehen.
Der einzige Mann in meinem Leben, welcher mir je mein Herz gebrochen hatte.
Nero.
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A Million Reasons | ✔️
ChickLitEine Frau & zwei Mafiabosse Gut gegen böse. Sie führt ein unglückliches und aussichtsloses Leben mit ihrem Verlobten. Ihre Familie ist das reinste Chaos, welche sie nach langer Zeit wieder besucht. Und dort trifft sie wieder auf IHN, der einzige Man...