Kapitel 33

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So war die restliche Fahrt in Schweigen verlaufen, da ich all das erst verarbeiten musste. Neros Männer hatten mit uns aufgeschlossen und fuhren mittlerweile direkt hinter uns. Sie waren praktisch unsere Bodyguards, falls nochmal etwas vorfallen sollte. Ich selbst hatte das für unwahrscheinlich gehalten, da Nero weiterhin jegliche Geschwindigkeitsbeschränkung ignorierte. Vielleicht war ihm nicht mal klar, dass diese überhaupt existierten. 

Da wunderte es mich sehr, dass wir nie von der Polizei erwischt wurden. Eigentlich würde man denken, dass die einen irgendwann stoppten oder auf einen aufmerksam wurden. Aber nein, wir wurden kein einziges Mal aufgehalten. 

Wir fuhren aber auch die meiste Zeit auf der Autobahn und waren gegen Ende der Fahrt in eine ländliche Gegend gefahren. Zuvor war es eine langweilige Fahrt gewesen, da man auf den Schnellstraßen kaum etwas zu sehen hatte. 

Nero brachte die Reise problemlos hinter sich und beschwerte sich nie, obwohl das wirklich stundenlang so dahin ging. Es schien ihm nichts auszumachen, obwohl ich angeboten hatte das Steuer zu übernehmen. 

Gerade fuhren wir in eine Einfahrt von einem riesigen Anwesen und da staunte ich sehr. Es war ein riesiges Gebäude und alleine der Weg vom Tor bis hierher war wie in einer Traumwelt gewesen. Mir war nicht bewusst gewesen, dass er so etwas besaß. 

Klar, meine Eltern waren weit von arm entfernt, dennoch war das etwas anderes. Wenn man wusste wer genau Nero war, konnte man es als unpassend empfinden, da es einfach eine Schönheit in sich trug. Das mit einem Mafiaboss zu verbinden war etwas schwierig. 

Keine Ahnung, ob er hier oft war, aber es wurde auf jeden Fall gut gepflegt. Bei dieser Größe konnte man von Arbeitern ausgehen, die dieses Werk vollbrachten. 

Der Wagen kam zum Stillstand und man musste mich nicht bitten auszusteigen, denn ich riss sofort die Tür auf. Noch während ich ausstieg bemerkte ich meine schmerzenden Gelenke. Dieses lange Sitzen machte sich sehr schnell bemerkbar. 

Kaum stand ich auf beiden Beinen streckte ich mich und sah mich dabei um. Meine neue Umgebung musste ich erst kennenlernen. 

Das Haus ließ ich fürs Erste in den Hintergrund rücken und sah mir den Garten an. Der Rasen war beinahe zu grün, da fehlte nicht viel und es würde in den Augen weh tun. Allerdings fanden ein paar Blumen darauf ihren Platz, dabei war in solchen Gärten gerne reiner Rasen und die Blumen samt restlicher Pflanzen hatten eine gewissen Anordnung. Aber man ließ der Natur zumindest ein bisschen Freiraum. 

Es standen einige Bäume in der Umgebung, die für genug Schatten sorgten. Am meisten tat es mir eine Weide an, die zwar weiter entfernt war, aber dennoch sehr gut zu erkennen, da sie als Riese durchgehen würde. Ihre langen Äste gingen bis zum Boden und sie war ein wahrer Blickfang. 

Ansonsten bestand es aus hauptsächlich Obstbäumen, was mich wunderte, denn es waren einige. Zu Beginn neben dem Weg waren ein paar Meter Wiese, danach ging der Spaß mit den Pflanzen los. 

Was wollte er mit so vielen davon? 

Ich ging einen Schritt näher ran und dabei knirschte der Kies unter meinen Füßen, welcher die Straße bildete. 

Die Sonne schien, weshalb ich mir eine Hand über die Augen hielt, um besser sehen zu können. Ein paar der Obstbäume standen in voller Blüte, was dieses Bild noch atemberaubender machte. 

Nero trat neben mich und fragte: "Und wie fällt dein Urteil? Ist der bisherige Anblick akzeptabel für eine Unterkunft?" Dass er das auch noch fragte, denn das war es auf jeden Fall, obwohl es auch etwas zu viel war. 

"Das Urteil fällt positiv aus, aber es überrascht mich, dass du ein Fan von Obstbäumen bist. Hast du ein Business gestartet? Das ist viel zu viel für einen Haushalt." 

Kaum hatte ich das ausgesprochen fiel der Groschen. Vermutlich hatte das etwas damit zu tun, um seine eigentliche Arbeit zu vertuschen. Bei seinem Job gab es sicherlich genug illegale Aktionen und mit solchen Dingen hatte er etwas für den legalen Schein oder er schmuggelte etwas zeitgleich mit dem Obst. 

Meine Fantasie startete damit ihr Eigenleben, allerdings wurde sie schnell ausgebremst.

"Es ist eine schöne Aussicht und verleiht dem Garten damit das gewisse Extra." Ja, so konnte man das natürlich toll umschreiben. Dennoch hatte ich zu dem Ganzen mittlerweile eine andere Theorie. 

Mit einem Kopfschütteln wandte ich mich ab, um das Haus genauer zu betrachten. Mit dem mutierten Teil musste ich mich erst noch befassen. 

Falls diese Unterkunft nur für uns beide gedacht war, war sie wesentlich zu groß. Hier könnten so einige Menschen leben und das warf ein paar Fragen auf.

"Ist dieses Grundstück nicht zu auffällig? Das ist riesengroß und kann praktisch niemanden entgehen." 

Es mag abgelegen sein, was es von der Öffentlichkeit fernhielt, aber bei dieser Größe war es durchaus auffällig. Jeder Flieger der darüber flog konnte es gut erkennen. Es dürfte wie ein Leuchtschild sein, dass einem entgegen schrie, dass es existierte.

"Niemand weiß, dass dieses Grundstück mir gehört, dafür habe ich gesorgt. Du musst dir keine Sorgen machen, dass dich hier jemand findet und ja, da bin ich mir ganz sicher." 

"Ok, wie du meinst." Sofern mir nicht das Gegenteil bewiesen wurde, würde ich ihm vertrauen. 

Ich streckte meine Beine erneut durch und danach setzte ich mich in Bewegung. Es wäre kein Fehler mir mein momentanes Zuhause genauer anzusehen. Wer weiß wie lange wir bleiben würden. 

Die Fassade des Gebäudes war in einem strahlenden weiß, nur die Haustür hatte man in hellgrau gestrichen, was ein kleiner Farbklecks war, sofern man grau so bezeichnen konnte. Genau fünf Stufen führten hinauf zur Doppeltür, durch welche sogar ein Riese kommen würde. Wobei die Weide, welche diesen Titel vorhin bekommen hatte, ausgeschlossen war. So groß war diese Tür dann auch wieder nicht. 

Die Bewegung tat mir gut und ließ mich wieder in Schwung kommen, da waren die paar Stufen ein Leichtes zu bezwingen.

Nero folgte mir natürlich und meinte dabei: "Wenn du willst gebe ich dir gleich eine Führung, außer du willst das auf später verschieben, dann ist das auch kein Problem." 

"Ja, das können wir gerne machen." Die Neugier brannte in mir und trotz der langen Fahrt verspürte ich keine Müdigkeit. Nero sah genauso wenig danach aus, also war das eine gute Beschäftigung. 

Oben angekommen fand meine Hand auf die Klinke, welche geschwungen war. Man hatte wohl auf Details geachtet und man konnte sagen was man wollte, aber es war einfach edel. Ich drückte sie nach unten und öffnete die Tür. 

Nero erklärte noch: "Das Äußere spiegelt im Grunde das Innere wieder, damit du vorbereitet bist. Aber wir werden bald weiterziehen, sobald ich einen vernünftigen Plan habe. Bei der nächsten Unterkunft hast du ein Mitspracherecht. Nur diese spontane Flucht hat das unmöglich gemacht."

"Kein Problem, denn ich bin dir viel zu dankbar. Sofern man ein Dach über dem Kopf hat, kann man so ziemlich alles durchgehen lassen."

Ich betrat das Haus und der Eingangsbereich fiel in mein Sichtfeld. Wie das Gebäude selbst war der groß und hell eingerichtet, was es freundlicher wirken ließ. Pflanzen dienten als Deko, denn davon konnte ich drei ausmachen. Es waren kleine Palmen, die in silbernen Töpfen thronten. 

Die Garderobe war in einem hellen Holz und weiß gehalten, wobei nichts an den Haken hing und Schuhe waren genauso wenig zu finden. Das wies daraufhin, dass er eher selten hier war.

Ich ging ein paar Schritte in den Raum hinein und drehte mich danach zu Nero um. "Wo fangen wir an?" Ich würde ihm die Führung ganz überlassen und ihm wie ein Hund nachlaufen. 

Nero deutete hinter mich und meinte: "Einfach geradeaus."

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