Ich kam vollkommen außer Atem bei dem Autoverleih an und war unendlich erleichtert, dass die Öffnungszeiten dieselben geblieben waren. Es war nämlich genauso eine Werkstatt und die hatten auch nachts ihren Notfalldienst, weshalb immer mindestens ein Mitarbeiter hier war.
Mit Schwung öffnete ich die Tür und sah ein letztes Mal hinter mich. Der gruselige Typ schien mir nicht mehr gefolgt zu sein, allerdings sollte ich mich dennoch beeilen.
Der Tresen war geradeaus nach hinten und dort saß eine Frau die am Computer tippte. Irgendwie erwartete man mitten in der Nacht eher einen Mitarbeiter, der beinahe schlief oder sich langweilte. Aber diese wirkte motiviert, scheinbar machte sie ihren Job gerne.
Kurz bevor ich sie erreichte, hob sie ihren Kopf und wandte sich mir zu. Es fand ein Lächeln auf ihre Lippen, welches echt zu sein schien.
Sie sagte mit einer freundlichen Stimme: "Hallo, wie kann ich helfen?"
Ich hatte noch den Kampf zu Atem zu kommen und riss mich zusammen. "Hi, ich würde gerne einen Wagen ausleihen."
Ich kam vor dem Tresen an und hoffte, dass sie mich für keine Irre hielt und mir deshalb ein Auto verwehrte.
Zu meinem Glück antwortete sie: "Sehr gerne. Was genau stellst du dir vor?"
"Zuerst sollten wir klären, ob ich eine Anzahlung leisten kann und später den Rest bezahlen darf."
Ich hatte zwar Geld dabei, aber sicherlich zu wenig, um einen Wagen zu mieten. Ich hatte auch nie damit gerechnet, dass dieser Tag so enden könnte.
"Ja, klar. Das ist kein Problem."
Nun musste auch ich lächeln, denn es dürfte klappen mein Vorhaben umzusetzen.
Ich holte mein restliches Geld hervor und erklärte: "Halten wir es kurz. Das ist meine Anzahlung und es ist mir vollkommen egal, welchen Wagen ich bekomme. Ich brauche ihn für ein bis zwei Tage, je nach dem."
Die Rückgabe würde ich Calvin überlassen, was er sicherlich gerne organisierte, damit ich nie wieder hierher reisen musste.
Die Mitarbeiterin nahm die Scheine in die Hand und zählte sie durch.
Danach meinte sie: "Ja, das ist auf jeden Fall genug. Wir erledigen schnell den Papierkram, danach steht dem nichts mehr im Weg."
Danke, dass Nero nicht daran gedacht hatte, auch im Autoverleih etwas zu drehen.
~~~
Kurz darauf hatte ich es geschafft und saß in einem Wagen. Ich startete ihn soeben, aber das Lächeln war längst aus meinem Gesicht verschwunden.
Calvin dürfte wenigstens ein bisschen beruhigt sein, wenn ich zu Hause war und nicht mehr in der Nähe meiner Familie. Allerdings war die Frage wie sehr.
Es war gut möglich, dass er trotzdem sehr wütend war, das wäre schlecht für mich und mit hoher Wahrscheinlichkeit schmerzhaft.
Ich fuhr los und wagte es auf die Straße. Dank der Uhrzeit sollte ich in keinen Stau kommen, denn es war kaum was los.
Da ich dringend diese Stadt verlassen wollte, fuhr ich ein bisschen zu schnell. Es war mir vollkommen egal, sofern ich es nach Hause schaffte. Ich mag kein schönes Zuhause haben, aber dieser Ort war besser als der Wahnsinn meiner Familie.
Die Umgebung flog praktisch an mir vorbei und mit dem Navi dürfte ich mein Ziel finden. Ohne diesem Gerät wäre das ganz eine andere Sache.
An einer roten Ampel angekommen, war ich maßlos genervt, denn das war eine vollkommene Zeitverschwendung, aber ich konnte schlecht jegliche Regel brechen. Alleine zur Sicherheit der anderen und meiner.
Ich starrte das rote Licht an, um es dazu zu bringen umzuschalten. Natürlich war das sinnfrei, immerhin würde sie es sowieso irgendwann tun. Aber ich hatte das innere Verlangen sie mit meinem Blick zu töten.
In meinen Kopf schlich sich nebenbei der Gedanke, ob mein Vorhaben eine dumme Idee sein könnte. Nur war es eigentlich zu spät sich das anders zu überlegen, denn die Reise hatte längst begonnen.
Außerdem müsste ich mit Calvin an meiner Seite vermutlich noch ewig warten, bis ich ins Flugzeug steigen konnte. Der Mann wollte unbedingt mit seinem Jet fliegen und verweigerte eine Fahrt mit dem Auto.
Ich verdrehte meine Augen und gab ein Seufzen von mir. Manche Menschen machten es viel zu gerne kompliziert.
Die Ampel schaltete endlich auf grün, weshalb ich sofort losfuhr. Ansonsten war absolut kein Wagen unterwegs. Es war tatsächlich sinnlos gewesen zu warten, wenn einfach alles wie ausgestorben schien.
Die nächste Kreuzung war nicht weit entfernt und selbstverständlich schaltete die Ampel auf rot, kurz bevor ich dort ankam.
Ich wollte am liebsten schreien und meine Wut rauslassen. Es war wie verflucht und vermutlich war jegliche zukünftige Ampel rot, um mich zu ärgern und meine Nerven zum reißen zu bringen.
Im Dunkel der Nacht war das Rot sehr gut zu erkennen, weshalb ich genauso gut woanders hinsehen konnte. Dieses Licht tauchte nämlich sein Umfeld in seine Farbe.
Auf dem Gehsteig konnte ich ein Pärchen entdecken, die Händchenhaltend an mir vorbeigingen. Die Frau sah mit einem breiten Lächeln auf zu ihm und er hatte ein Grinsen im Gesicht. Das die beiden verliebt waren könnte ein Blinder erkennen.
Warum war mir das nicht gegönnt?
Warum war ausgerechnet ich an ein Monster von Mann gekettet?
Warum ich?
Die beiden schlenderten weiter und man konnte neidisch werden, wenn man das sah. Noch mehr, wenn das eigene Leben das exakte Gegenteil war.
Die Ampel wurde grün, was mich in die Realität holte und mit einem Grummeln weiterfahren ließ.
Das Problem an einer einsamen Fahrt war, dass einen die eigenen Gedanken foltern konnten.
Meine Angst vor Calvin meldete sich wieder. Nur könnte ich ihm nie entkommen, egal wohin ich lief. Der Mann würde mich finden. Ich war gefangen und würde es ausschließlich schlimmer machen, wenn ich den erbärmlichen Versuch wagte zu fliehen.
Ich stellte das Radio an und drehte die Musik laut auf. Vielleicht ließ das meine Gedanken still werden oder zumindest ruhiger. Im Moment konnte ich kaum etwas an meiner Lage ändern, da sollte ich am besten abwarten, wie sich das entwickelte.
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A Million Reasons | ✔️
ChickLitEine Frau & zwei Mafiabosse Gut gegen böse. Sie führt ein unglückliches und aussichtsloses Leben mit ihrem Verlobten. Ihre Familie ist das reinste Chaos, welche sie nach langer Zeit wieder besucht. Und dort trifft sie wieder auf IHN, der einzige Man...