Unplanned II BoyxBoy

lügen

PoV Ryon

»Und nun? Irene hat dich offenbar in der Hand. Was willst du tun? Wenn ich mich nicht irre, sind das einige Jahre an Gefängnis, die dir blühen, sollte das rauskommen« Wende ich mich ruhig an Billy, der sich den Mund unterm Waschbecken ausspült und seinen Kiefer kühlt.

Der frühere Polizist seufzt schwer, lässt die Augen für einen Moment zufallen, ehe er mich durch den Spiegel ansieht. So ungern ich es zugebe, ein wenig tut es mir leid ihn so verprügelt zu haben. Dennoch ist es eine unglaubliche Genugtuung endlich mal nicht der zu sein, den alles trifft. Gut, auch Billy hat mir vermutlich die Rippen geprellt, aber er sieht weitaus schlimmer aus als ich.

Sein eines Auge ist angeschwollen. Seine Nase vielleicht etwas schiefer als zuvor kombiniert mit der blutenden Lippe. Auch die Hämatome sind auf seinem Oberkörper deutlich zu erkennen. Vielleicht war ich etwas zu aggressiv, aber beim besten Willen, ich habe es satt. All das. Als dieses wehrlose Lamm gesehen zu werden.

Eben genau der, der wegen Silva jetzt lieber daheimsitzen würde, Schokoeis dabei löffelt und sich einen Serienmarathon gönnt. Vielleicht würde ich das gerade auch bevorzugen, aber etwas Selbstachtung sollte ich mir aneignen. Vor allem, wenn man solch skrupellose Leute ohne Gewissen gegen sich aufbringt. Irene sowie auch Silva.

Ich frage mich noch immer, wie man etwas so vortäuschen kann. Wie kalt seine Augen waren, als er gegangen ist. Wie verachtungsvoll. Erstaunlich, was man alles sieht, seitdem ich nicht mehr bei der Polizei arbeite.

In Gedanken gleitet mein Blick wieder zu Billy, der selbst wohl nach einer Antwort auf meine Frage sucht, jedoch schließlich nur mit den Schultern zuckt. Klar, an seiner Stelle wüsste ich auch nicht, was ich tun sollte, man bedenke, vor mir sitzt ein Mörder. Nunja, Mörder. Das mit den Kindern war vermutlich ein Unfall. Es ist nicht unüblich, dass man bei all den Reizen, all dem Stress und Adrenalin nicht klar denken kann.

Also kann man es nicht ganz als Mord sehen, wenn er die Geiselnehmer zur Strecke bringen wollte. Dennoch bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass nach all dem Billy einige andere Namen auf dem gewissen hat. Bei diesem Job...

»Hier, du musst auch das kühlen« Bemerke ich, nehme eines der nassen Tücher und lege es ihm auf die Seite der Rippen, auf denen sich schon schöne blaue Farben bilden. Billy nickt zischend und verzieht das Gesicht schmerzvoll.

»Es tut mir leid, dass du auch von Irene in all das hineingezogen wurdest... Sie ist skrupellos. Ich... Mich wundert es, dass du noch keine Kugel im Kopf hast...« Murmelt er bedrückt. Sehr beruhigend.

»Ich versuche hier so schnell wie möglich wegzukommen« - »Tch, vergiss es« Irritiert runzle ich die Stirn. »Wie meinst du das?« Billy stockt für einen Moment, bei dem sich seine Augen weiten. Er sieht sich alarmiert um, als sei ihm etwas eingefallen. »Ach kleiner, du bist hier nichts wert. Eine lästige Angelegenheit. Spiel dich nicht weiter auf und mach deinen Job. Sei glücklich darüber, dass sie dir deinen Fehltritt verzeiht« - »Was? Was soll der scheiß jetzt?«

Er stützt sich vom Waschbecken ab und drückt mir eines der nassen Tücher vorsichtig an die Lippe. Dabei zieht er die Augenbrauen zusammen und blickt sich um. Ich will seine Hand wegschlagen, doch packt er sie und drängt mich zurück gegen die Wand.

»Genieß es doch einfach hier keine weiteren Probleme zu haben« Entgegnet er mir laut und deutlich, doch sprechen seine Augen etwas anderes, was mich innehalten lässt. Er legt einen Arm um meine Hüfte, beugt sich dabei zu mir vor. Ich spanne mich an, spüre dabei seine Lippen, die mein Ohr streifen. »Nicht hier... Ich weiß nicht, wie viel Irene bereits mitbekommen hat. Sie hat sicher mehr Überwachung als bei Charles zu sehen ist. Bevor wir uns ernsthaft unterhalten, gehen wir woanders hin«