Erste Mal?

1.1K 94 20
                                    

„Eine Bar in einer Schule?", bemerkt mein Gegenüber schließlich kritisch, als ich ihn in den zweiten Stock führe in Richtung der Bar, auf die Charles und ich vor ein paar Jahren bestanden haben.

Überrascht hebe ich die Augenbrauen und sehe Ryon, der meinem Blick konsequent ausweicht und lieber auf seine Schuhe beim Laufen schaut. Ich wusste, dass er schlau ist, aber das hatte er schnell geschlussfolgert.

Um dem an Relevanz zu nehmen, ignoriere ich das letzte Wort. „Nach einem langen Tag, hat sich diese als ausgezeichnete Investition erwiesen." Er nickt lediglich.

Vermutlich fragt er sich, wohin das hier alles führen wird. Das wird er bald sehen, sofern er sich tatsächlich hier als wertvoll erweisen wird oder doch versucht zu verschwinden und uns seinen Kollegen auszuliefern. Mein Blick fällt dabei auf seinen Arm. Es war eine reine Vorsichtsmaßnahme, die ich Jocelyn angeordnet habe. Und doch ist der GPS-Sender in seinem Arm meine Versicherung, sodass ich schleunigst informiert werde, sollte er sich aus abgesprochenen Gebieten entfernen.

Ich kann nur ansatzweise erklären, weshalb ich ihn unbedingt unter meinen Leuten haben wollte. Vielleicht liegt es daran, dass ich dort vielversprechendes Potential sehe, was gut genutzt werden kann. Des Gewissens halber ist es eigentlich nur als Verbesserung anzusehen, schließlich war er arbeitslos und fast schon verwahrlost.

Aber immerhin ist er nicht mehr der unsichere Kellner, mit dem ich meinen Spaß hatte. Das Kätzchen hat Krallen.

Ich öffne Ryon die nächste Tür und lasse ihn eintreten. Sofort ist das Flair der alten Schule verschwunden und eine angenehme ruhige Atmosphäre nimmt einen ein. Eine lange geschwungene Bar erstreckt sich zu unser rechten, während ein paar Launchsessel einen gewissen Touch geben.

Soweit ich weiß, haben Charles und Angie die Bar nach ihrem Lieblingsclub in New York nachempfunden. So ganz kann ich das nicht beurteilen. Aber ansehnlich ist es durchaus geworden.

Ryon überlasse ich den Vortritt, der sichtlich zögernd sich schließlich zu den Sesseln begibt. Ein Schmunzeln erscheint auf meinen Lippen, da ich mir ganz genau denken kann, dass ihm jener Abend durch den Kopf geht, wo es eine ähnliche Stimmung gab. Dort war die Kellner Uniform jedoch ein schönes Extra, was mir hier nun verwehrt ist.

Nur zu gern rufe ich mir das Bild von Ryon vor Augen. Die filigrane schwarze Maske, die seine leuchtenden blauen Augen sanft umrahmt hatte. Dazu die wie angegossen sitzende Kleidung, die seine trainierte Figur förmlich betonte. Die Hose war sehr vorteilhaft geschnitten, fiel es mir auf, als ich ihm diese entwendet habe.

Um es ja nicht zu warm werden zu lassen, ziehe ich tief die Luft ein und lasse mich schließlich neben dem blonden Polizisten nieder, der sich aufmerksam umblickt. Vermutlich eine Angewohnheit seines Jobs.

„So also...", beginnt der junge Mann, doch mit dem Heben der Hand lasse ich ihn verstummen. „Nicht so übereifrig. Wir haben doch Zeit", entgegne ich und winke die Frau hinter der Bar zu mir. Shelly, wenn ich mich recht an ihren Namen erinnere.

„Ein Scotch und...", fragend sehe ich zu Ryon, der überrascht zu der Kellnerin aufsieht. „Mach zwei draus", schmunzle ich, als der Polizist nicht ganz weiß, was er sagen soll. Mein Stammgetränk wird ihm sicherlich schmecken.

Nun weitaus stummer veranlagt als zuvor dreht Ryon das Glas mit der goldenen Flüssigkeit in der Hand und sitzt da, als würde er als Kind zum Zahnarzt müssen. Angespannt und hibbelig.

Mit gehobener Augenbraue wende ich mich ihm zu und stütze mich lässig auf der Lehne ab. „Also? Du hast Fragen, dann frag."

Die blauen Augen sehen mich kurz scheu an, ehe ihr Blick fester wird und er leicht nickt. Kurz befeuchtet seine Zunge seine Lippen, ehe er einen Schluck von dem Glas nimmt, dabei jedoch überrascht scheint, wie stark der Alkohol ist. Amüsiert nippe ich ebenfalls einen Moment und warte geduldig darauf, dass er das Wort ergreift.

Unplanned II BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt