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POV: Jessica

"Frag sie nach dem weiteren Plan, das Ding wird nicht mehr starten.", Basti war stark verärgert und zog ein Tütchen mit weißem Pulver aus seiner Hosentasche.
"Und wie geht es jetzt weiter, die Dame?", der feine Herr Gatoah, sprach zu mir. "Hallo?", er schnipste vor meinen Augen herum, noch immer war ich in Trance. "Hallo?"
"Ähm... Ähm..." - Oh mein Gott Jess, jetzt reiß dich zusammen, was sollen die denn von dir denken? - "Also... Ähm..." Das Klingeln meines Handys riss mich schlussendlich aus der Starre. Ich ignorierte es und klärte ihn über die Defekte auf.

"Und wie geht es jetzt weiter? Oder haben wir mittlerweile ein klares Wort vom ADAC bekommen?", fragte Alligatoah in die Runde.
Ich versuchte die Jungs zu beruhigen, ich wusste ja, was ich zu tun hatte. "Macht euch mal keine Gedanken, wenn alles klappt, sind wir alle spätestens zum Mittag in Berlin."
Da ich nicht noch mehr in Zeit ins Land ziehen lassen wollte, ging ich zu meinem Wagen und nahm mein Handy aus dem Kofferraum. Zuerst rief ich meinen Ansprechpartner beim ADAC an, gab alle Informationen durch und teilte mit, dass ich mich persönlich um ein Ersatzfahrzeug kümmern würde. Im Anschluss rief ich Udo an, er war ein Bekannter meiner Werkstatt. Sein Busunternehmen war circa eine Stunde mit dem Auto von Göttingen entfernt, daher lag es auf der Strecke.
"Guten Morgen Udo, ich weiß, dass ich ein Stück vor der Zeit anrufe...", sprach ich.
"Ach alles gut Kleine, ich habe mir doch die Woche freigenommen, wo brennt's denn?"
"Na klasse, jetzt geh' ich dir auch noch in deinem Urlaub auf den Senkel. Jedenfalls...", ich begann ihm die Situation zu schildern.
"Gib mir eine bis eineinhalb Stunden und dann bin ich mit einem neuen Bus da, der ADAC müsste nach deinem Anruf in spätestens einer Stunde da sein. Mein Nachbar ist gerade zum Frühstück bei mir, er hat mitgehört und angeboten hinterher zu fahren."
"Udo du bist der Beste, wenn ich in ein paar Wochen wieder zurück bin, lade ich dich und natürlich auch deinen Nachbarn zum Essen ein. Ihr entscheidet, wo!"
"Wie meinst du das 'in ein paar Wochen'?", an seiner Stimme konnte ich erkennen, dass er begann sich Sorgen zu machen.
"Ganz schlechter Zeitpunkt... Das erzähle ich dir mal in Ruhe, ich danke dir von ganzem Herzen. Bis dann."

Mit erwartungsvollen Blicken warteten die Jungs stillschweigend auf mich. Ich begab mich nach dem Telefonat wieder zu ihnen, um den weiteren Verlauf zu erklären.
"Schätzungsweise kommt der ADAC in 30 bis 45 Minuten, die nehmen den alten Bus mit und der Neue kommt hier in ungefähr einer Stunde, vielleicht etwas später an. Das Abschleppen wird euch nichts kosten, aber mein guter Udo wird euch eine Rechnung zur Miete des neuen Busses schicken. Das zuständige Unternehmen, des alten Busses wird sich zur Absicherung bei euch melden. Udo habe ich gesagt, dass Ihr den Bus nur heute benötigt, sollte es anders sein muss ich ihm das bei der Übergabe mitteilen. Am Sonntag hat sein Unternehmen eine Tour von Ludwigsfelde nach Hannover, ein Kollege würde den Bus morgen abholen. Aber alles Weitere würde ich mit ihm abklären, ihr könnt euren 'Vorruhestand' ab heute Nacht genießen. Also, wenn ich jetzt einfach mal das Kommando übernehmen darf, räumt eure Sachen aus dem Bus und stellt alles zu meinem Wagen, damit nicht alles hier verstreut herumsteht."
"Das ist sehr gut, tausend Dank... Äh...?", Alligatoah stand ein Fragezeichen im Gesicht.
"Jessica oder Jessie, je nachdem, was meinem Gegenüber besser gefällt. Braucht ihr Hilfe beim Ausräumen?"
"Wir schaffen das alleine, danke.", sagte Timi.
"Alles klar, ich geh' mal zu meinem Wagen und würde telefonieren, ihr könnt trotzdem jederzeit auf mich zukommen."

Ich zog mir eine Zigarette aus der Schachtel, nahm mir ein Feuerzeug aus dem Handschuhfach und lehnte mich an meine Motorhaube. Meine beste Freundin Ena versuchte erneut mich zu erreichen.
"Hey, tut mir leid, dass ich deine ganzen Anrufe nicht angenommen habe."
"Na hey Maus, ach alles gut. Ich weiß doch, dass du beim Autofahren nicht telefonierst. Wie ist es denn in Berlin? Wann bist du denn angekommen?"
"Berlin soll schön sein.", lachte ich in das Telefon.
"Und du bist vom Gegenteil überzeugt oder gefällt dir deine Heimatstadt nicht mehr?"
"Vielleicht bin ich noch nicht in Berlin. Könnte sein, dass ich seit viertel acht auf einem Rastplatz an der Autobahn stehe, zwei Nervliche hatte und jetzt mit Trailerpark auf den ADAC warte."
"Say what?! Du stehst mit deiner Lieblingsband auf dem Rastplatz? Damn girl!", mit einer nicht messbaren Lautstärke sprach Ena in das Mikrofon. Um eine Schädigung meines Gehörs zu vermeiden, hielt ich das Telefon etwas entfernt von meinem Ohr.
"Ja, ich weiß, ich war auch nur zwei Mal wie versteinert. Tim hatte mich nach Feuer gefragt, da Basti beobachtet hatte, wie ich mein leeres Feuerzeug vor Wut auf den Boden geschmissen hatte und wollte das unbedingt nachmachen.", wieder lachte ich beim Sprechen.
"Und das zweiten Mal als Alligatoah vor dir stand?"
"Du kennst mich einfach zu gut, zwölf Jahre höre ich mittlerweile seine Musik und hätte nie gedacht mit ihm sprechen zu können. Alleine dieser Moment, als er vor mir stand, das macht die 15-jährige Jess gerade unglaublich glücklich. Irgendwas musste den Morgen ja retten... Ähm...", schluckend versuchte ich den Vorfall herunterzuspielen, "Jedenfalls ist der Bus kaputt und wir warten auf den ADAC, und auf Udo."
"Da warst du ja mal wieder zur richtigen Zeit da. Aber Jessie... Was ist los? War wieder was mit Niklas?", fragte Ena. "Jessie?" Sie fragte nach mir, aber ich war stumm. Ich begann zu schluchzen. "Maus, was hat er gemacht?"
"Gemacht hat er nichts... Er... Er hatte mich heute wieder angerufen, letztendlich ist er am Telefon wieder eskaliert... Ich hatte sofort wieder die Szene im Kopf... Wie ich...Wie ich im Schlafzimmer in der Ecke hockte und er..." Die ganzen Tränen, die ich seit dem Anruf von Sabrina unterdrückt hatte, liefen über meine Wangen. "Seine Schwester hat mich keine halbe Stunde später auch angerufen und mich nur runtergemacht. Was habe ich denn in den letzten zwei Jahren falsch gemacht?"
"Maus... Jessie... du weißt, dass du nicht alleine bist. Genieß deine Auszeit so gut du kannst und versuche abzuschalten. Du kannst doch auch deine Nummer wechseln."
"Danke dir Eni... Aber sei mir bitte nicht böse... Ich weiß es war ein sehr einseitiges Gespräch, aber ich habe keine Lust mehr zu telefonieren und bei dem ganzen Tumult kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen."
"Hey... Ich weiß doch, was bei dir alles abgeht. Bei mir ist alles bestens, wenn dich das ein bisschen beruhigt und du weißt, dass ich dir deswegen nicht böse bin. Sag mir bitte, wenn du im Hotel bist, ja?", Ena sprach mir verständnisvoll zu.
"Mach' ich, bis später." 

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt