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POV: Lukas//Alligatoah

"With a sad Statue of Liberty
And a generation that didn't agree
You and me
We′ll all go down in history..."

Die Musik von System of a Down schallte über die Boxen meines Soundsystems durch mein Wohnzimmer, schweigend lag ich auf meinem Big-Sofa und blickte an die Decke. Meine Gedanken kreisten seit der Verabschiedung von Jessica am Vortag. Ich ließ alles Revue passieren, seitdem ich die ersten Worte mit ihr auf dem Rastplatz gewechselt hatte, über die Zeit bei mir, in der wir zusammen gesungen hatten, bis zu dem Kuss im Dungeon. Seit ich von ihrem Hotel wieder in meiner Wohnung angekommen war, hatte ich mich in meine Gedanken zurückgezogen und auch nicht mehr auf mein Handy geschaut. Gedankenversunken stand ich von meinem Sofa auf, ging an meine Garderobenleiste im Flur und holte aus meiner Jackentasche die Schachtel mit den Zigaretten und mein Handy heraus.

Auf meiner Terrasse saß ich im Schneidersitz auf dem Platz, an dem Jessica zwei Tage zuvor gesessen hatte, und zündete mir eine Zigarette an. Durch das Fensterglas konnte ich gedämpft die Musik aus meinem Wohnzimmer hören. Ich öffnete WhatsApp, alle ungelesenen Nachrichten ließ ich markiert und öffnete den Chat von Jessica. * Zuletzt online gestern um 09:14 Uhr * Einige Minuten vergingen, in denen ich einfach auf den Bildschirm meines Handys starrte. Ich öffnete meine Kontakte und wählte die Nummer von Tim, mit irgendjemandem musste ich darüber sprechen, bevor mir noch der Kopf platzt.

"Hey Lukas, na ist alles klar bei dir?"
"Hey... Ähm... Naja..."
"Oh nein, das klingt nicht gut. Was hast du denn auf dem Herzen, mein Bester?", besorgt fragte er nach.
Ich erzählte Tim von der gemeinsamen Zeit mit Jessica, die wir in Berlin verbrachten, worüber wir gesprochen hatten und auch von dem Kuss im Dungeon. Mein Gefühlshaushalt fuhr Achterbahn, es war schön über die Momente nachzudenken, meine Stimme und Laune senkte sich, als ich begann über die aktuelle Situation zu sprechen.
"Als ich sie bei ihrer Abreise am Hotel verabschiedete, habe ich ihr gesagt, dass der Kuss aus dem Affekt heraus passiert ist. Zum Teil stimmt das ja, aber... Ich habe mir ehrlich gesagt eine andere Reaktion erhofft. Vielleicht habe ich nach der kurzen Zeit, auch einfach zu viel erwartet... Sie sagte auch, dass sie mir wohl falsche Signale gesendet hat und mir momentan keine großen Hoffnungen machen will. Jetzt ist sie auf Usedom und vorübergehend nicht erreichbar."
"Scheiße... Also, dass sie Zeit braucht, kann ich vollkommen verstehen nach dem Vorfall mit ihrem Ex, aber dass es zwischen euch nun so angespannt ist, finde ich sehr... Schade... Tut mir leid, dass ich dir jetzt dazu nichts anderes sagen kann. Gib ihr jetzt einfach die Zeit an der See und wer weiß, vielleicht sind es wirklich die paar Tage, die ihr guttun und der Befreiung von der Belastung beitragen."
"Ich hoffe es... Ach Mensch, Tim... Was hat diese Frau denn bitte mit mir gemacht?", mit der rechten Hand fuhr ich mir durch meine Haare und blickte in den Himmel.
"Lukas, ich würde mal sagen, das ist die sogenannte 'Liebe auf den ersten Blick'. Ich habe das zwar nie erleben dürfen, aber es hört sich auf jeden Fall so an."
"Klasse, anscheinend sehr einseitig."
"Lass dich doch jetzt deswegen nicht unterkriegen und warte einfach ab.", Tim versuchte mir gut zuzureden.
"Ich würde auch gern abschalten, sie geistert die ganze Zeit in meinem Kopf herum."
"Willst du ein paar Tage nach Bielefeld kommen?"
"Ich habe am Freitag meinen Act auf dem Wacken, ich würde es mir überlegen."
"Ohhh, dein lang ersehnter Traum. Komm einfach vorbei, wenn du willst, ich bin in den nächsten Wochen zu Hause."
"Danke dir, Alter. Ich melde mich bei dir, danke nochmal. Tschau."

Ich beendete das Telefonat mit Tim, starrte wieder in den Himmel und zog mir noch eine Zigarette aus der Schachtel. - Nach dem Wacken kann ich auch erst ein paar Tage in mein Haus am Wald fahren... Obwohl, wenn für mich der Festivalsommer eh erstmal vorbei ist, kann ich nach dem Wacken auch direkt noch ein paar Tage zu meinen Eltern fahren, wenn ich einmal in der Ecke bin. Danach könnte ich noch immer zu Tim, wenn mir danach ist. - In meinem Schlafzimmer begann ich Sachen für ein paar Tage in meinen dunklen Hartschalenkoffer zu packen und sang zur Musik, die mittlerweile über meine Echo-Dots durch die gesamte Wohnung hallte.

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt