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POV: Steven // Sudden

"Und immer wenn du durch mein' Kopf rennst will ich Scherben essen
Ich muss Scherben essen
Ich bin immer mehr besessen..."

In meinem Wagen, den ich über die Autobahn steuerte, hörte ich meinen eigenen Song und sang lautstark mit. Ob das die beste Therapie für mich sein würde, bezweifelte ich, aber es war mir egal in diesem Moment. - Wie konnte ich denn nicht merken, dass sie ihr Herz an Lukas verloren hatte? Es lag doch auf der Hand... Nach allem, was er für sie getan hatte... gerade die Aktion nach der Verhandlung... Was wäre gewesen, wenn ich doch Zeit gehabt hätte? Wäre sie dann neben mir aufgewacht? - Das letzte Mal hatte ich mich so fertig gemacht, nach der Trennung von meiner Ex-Freundin. So viel Zeit war vergangen, so viel war passiert. Sie war die letzte Frau, für die ich so gefühlt hatte, und dann trat Jessica in mein Leben. Es kam mir schlimmer vor, als es jemals war. Je mehr ich nachdachte, umso weniger achtete ich auf den Verkehr; erst als es neben mir hupte und ich fast vor der Ausfahrt nach Braunschweig einer mattschwarzen Mercedes-E-Klasse reingefahren wäre, war ich geistig wieder anwesend.

Zu Hause angekommen stand ich in meiner Küche, vor meinen Augen hatte ich das Bild, wie Jessica mich mit großen Augen ansah, als sie hinter Lukas im Flur stand.

POV: Jessica

Seit Steven vor mehr als vier Stunden die Wohnung von Lukas verlassen hatte, saß ich noch immer auf der gleichen Stelle des Sofas. Lukas versuchte mir mit aller Macht gut zuzureden, aber ich hatte ein ungutes Gefühl im Magen.
Frisch geduscht, kam er aus dem Badezimmer und blickte mich besorgt an.

"Jessie, Steven ist alt genug. Denkst du etwa nicht, dass er früher oder später damit umgehen wird.", mit dem grauen Handtuch rubbelte er sich die Haare trocken.
"Wie muss denn das für ihn ausgesehen haben? Er wollte mit dir über eure Situation sprechen und ich stehe plötzlich in deinem Flur und trage nur eines deiner Shirts und einen Tanga. Ich hoffe, er baut keine Scheiße...", besorgt sah ich Lukas an, der inzwischen neben mir saß und seinen Arm um mich gelegt hatte. Er zog mich an meiner Schulter an sich heran und hauchte mir einen Kuss auf die Schläfe. "Wie kannst du damit überhaupt so locker umgehen? Er ist immerhin dein Freund.", fragte ich Lukas.
"Weil ich weiß, wie Steven tickt. Klar, war das für ihn nicht schön mit anzusehen, aber gib ihm eine bis zwei Wochen und dann wird sich das wieder legen. Wie ich sagte, er ist alt genug und hat auch über die Zeit gelernt, auch dass nicht immer alles so läuft, wie man es sich vorstellt."

Mein Handy, das auf dem Couchtisch lag, vibrierte mehrfach; Ena rief mich an.
"Warum gehst du denn nicht ran?", Lukas hielt mir mein Handy hin, aber ich nahm es ihm nicht aus der Hand.
"Weil ich gerade keine Lust habe, die Informationen des Buschfunks zu bestätigen.", er legte mein Handy wieder zurück auf den Tisch.
"Sie ist deine beste Freundin, sie wird dich doch nicht deswegen...", als sein Handy zu klingeln begann, verstummte er.

"Ich wette mit dir um eine Einladung zum verspäteten Frühstück, dass das Tim ist.", sagte ich und presste meine Lippen zu einem Lächeln. Er stand auf, um sein Handy von der Kommode im Flur zu holen. "Dann mach dir schon mal Gedanken, wo wir frühstücken...", lachte Lukas, als er noch im Türrahmen des Wohnzimmers stand. "Jep... Ich zahle.", rief es aus dem Flur. Sein Handy klingelte wieder, als er im Türrahmen stand. Lukas nahm den Anruf von Tim an und stellte den Lautsprecher an.

"Hey, Tim.", begrüßte er ihn.
"Na Alter, ähm... Wie geht es dir denn?", dass Tim bereits über uns Bescheid wusste, konnte man an seinem Tonfall hören. Er wartete nur, dass Lukas ihm alles von allein erzählen würde.
"Gut...", Lukas zwinkerte mir mit einem Lachen zu, "Es ist alles im Lot, wie du immer so schön sagst.", er kratzte sich am Hinterkopf.
"Was... Ähm... Also hat Jessica mit dir gesprochen über die Sache?", fragte Tim, ich hörte, wie Ena sich im Hintergrund räusperte.
"Kann man so sagen, ja...", antwortete Lukas.
"Und... Also... Wie seid ihr jetzt verblieben?", hakte Tim nach.
"Steven und ich?", zwinkerte Lukas erneut. Sonst lässt er sich auch nicht alles aus der Nase ziehen. Ich muss ehrlich zugeben, dass er mich mit seiner Gestik und seinen wortkargen Antworten zum Schmunzeln brachte.
"Neee... Also... Du und Jessie?", fragte Tim.
"Was hat Steven denn schon erzählt?", platzte es aus mir heraus.
"Jessie?", sagten Ena und Tim gleichzeitig in das Telefon.
"Ja, warum seid ihr jetzt so verwundert?", fragte ich gehässig.
"Schon gut... Sud hat uns beziehungsweise mich angerufen, da hatte er gerade die Eingangstür zu deinem Wohnhaus geschlossen... Stimmt das? Also... Wie er begrüßt wurde..."
"Ja, Lukas hatte ihm die Tür in Boxershorts geöffnet und ich kam vom Wohnzimmer in den Flur. Ja, ich trug nur eines von Lukas Shirts und meinen Tanga. Nein, wir haben nicht miteinander geschlafen.", ich verdrehte meine Augen, stand vom Sofa auf und ging auf Lukas zu. Einfach ganz nah bei ihm sein, in seinem Arm, das wollte ich. Er legte seinen Arm um mich und gab mir einen zärtlichen Kuss, schnell wurde ich entspannter.
"Und... Ähm... Was läuft da jetzt bei euch?"
Lukas und ich sahen uns tief in die Augen, grinsten uns an und sagten "Wir schauen mal, was wir daraus machen." Lukas beendete einfach das Telefonat und zog mich in einen innigen Kuss.

"Also... Wo will die Gewinnerin gern frühstücken gehen?", Lukas verneigte sich und küsste meine Hand.
"Oh Mann... Du Spinner... Würde sich der Sieger der Herzen denn bei '21 gramm' satt essen können?", fragte ich und küsste seine Stirn. Zufrieden nickte er und ich zog meine Kleidung vom Vortag noch einmal an. "Ich will dich ja nicht beunruhigen, aber nach dem Frühstück muss ich wohl zurückfahren. Meine Kleidung müsste ich mal wechseln und ich war gestern nicht in der Werkstatt. Ich bin zwar die Inhaberin, aber kann nicht immer kommen, gehen oder gar fernbleiben, wie ich gerade lustig bin."
"Alles gut, das verstehe ich doch. Oh Mann, du wirst mir fehlen... Aber... Das mit dem zweiten Standort... Das...", Lukas' Augen wurden groß.
"Ja, das war ernst gemeint. Aber ich brauche wirklich noch das passende Gelände. Wer weiß, vielleicht gibt es ja auch jemanden, der für seine Werkstatt einen neuen Eigentümer sucht, das wäre natürlich super, gleich mit einem festen Kundenstamm und Arbeitnehmern starten zu können."

Lukas gab mir noch einen schnellen Kuss, zog sich im Schlafzimmer fertig an und wir machten uns auf den Weg in das kleine Café. - Ich hoffe, es ist einfach alles gut...

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt