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POV: Jessica

Ich steckte mein Handy zurück in die Tasche meiner schwarzen Jeanshose, nachdem ich die Nachricht von Ena gelesen hatte. Es waren so viele Wochen vergangen, seitdem ich mit Steven geschlafen hatte. Lukas war immer für mich da und ich verheimlichte ihm, dass ich mit einem seiner besten Freunde im Bett war, weil ich wusste, was er für mich empfinden würde. Das ist doch keine Basis, aber wie sollte ich ihm das auch sagen. Noch immer stand ich in dem Badezimmer von Lukas und betrachtete mich im Spiegel; am liebsten hätte ich einfach zugeschlagen. Lukas klopfte an die Tür des Badezimmers, "Ist alles in Ordnung bei dir, Jessie?", fragte er durch die Tür. "Ja, ich... Ich habe nur meine Haare gerichtet, ich komme gleich wieder zu dir.", sagte ich und hörte, wie er den Flur wieder nach vorn lief. Ich blickte durch das Fenster des Badezimmers nach draußen, es regnete mittlerweile in Strömen, typisches Herbstwetter.

Zurück im Wohnzimmer saß Lukas auf seinem Sofa, klopfte auf den Platz neben sich und sah mich erwartungsvoll an.
"Ähm... Wo waren wir stehen geblieben?", fragte ich und kratzte mich am Hinterkopf.
"Du wolltest mir etwas erzählen.", sagte Lukas.

"Ach ja... Ähm...", meine Hände waren schweißnass, ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter und ich sah ihn an. "Ich... Also... Ich muss dir noch was erzählen... Ähm... Das hätte ich dir schon lange sagen müssen...", Lukas sah mich besorgt an, - Komm schon, du Miststück, jetzt sag es ihm endlich. Die Wahrheit ist jetzt schon seit Wochen überfällig. - "Ich habe... Also... Ich... Ich mache hier in Berlin noch einen Standort auf. Davi wird in Göttingen das Ruder übernehmen und ich werde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wieder nach Berlin ziehen." - Du mieses Stück Scheiße! -
"Jessie, das ist doch super, warum bist du denn da so nervös?", Lukas war anzusehen, dass er sich viel zu sehr über meine Aussage freute, allerdings war sein Blick auch besorgt.

"Ähm... Ach... Keine Ahnung, mir geht es heute nicht so gut..." - Na los... Raus mit der Sprache! - "Auch als ich das Gelände vorhin besichtigt habe... Da habe ich das schon gemerkt..." Ich verstand nicht, wie ich Lukas so ins Gesicht lügen konnte. Mein schlechtes Gewissen schnürte mir die Luft ab und trotzdem fand ich immer noch etwas Luft zum Atmen, um ihn damit so einen Schwachsinn aufzutischen.

Lukas nahm mich in den Arm und streichelte mir über den Rücken. "Dass es dir ja bald wieder besser geht.", sagte er, als ich ihm ins Gesicht sah. Wieder waren wir uns so nah wie im Dungeon, bevor er mich küsste. Der Kuss schwirrte mir plötzlich im Kopf herum; obwohl es sich damals so falsch angefühlt hatte, merkte ich, wie sich ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen breit machte. Ich sah ihm in die Augen, ein starkes wohles Kribbeln breitete sich in meinem Magen aus und ich verspürte das Verlangen, ihn küssen zu wollen. - Alter Jess.... Wo kommt das gerade her? Vergiss das mal ganz schnell wieder... - "Schlechten Menschen geht es immer gut.", sprach ich und presste meine Lippen zu einem gezwungenen Lächeln.

"Ach, du bist doch kein schlechter Mensch...", sagte Lukas wohlwollend.
"Du hast ja keine Ahnung...", sagte ich fast stumm, senkte meinen Kopf und atmete tief durch.
"Ach quatsch...", mit seinem Zeigefinger hob er mein Kinn, "Jetzt mach bitte nicht so ein langes Gesicht.", noch immer waren wir uns so nah, ich merkte, wie ich seinem Gesicht mit meinem Näher kam.
"Du hast leicht reden...", flüsterte ich, kurz bevor meine Lippen auf seine treffen würden. "Ach du Scheiße...", ich sprang vom Sofa auf und rannte wieder in das Badezimmer von Lukas. Vor der Toilette kniete ich auf dem Boden und meinen Kopf stützte ich auf meinen Armen, auf der Brille ab.

Mit leerem Magen kam ich zurück in das Wohnzimmer.
"Geht's?", Lukas erhob sich von seinem Sofa und kam auf mich zu.
"Es muss... Lukas, ich glaube, ich trete die Heimreise an."
"Willst du jetzt wirklich vier Stunden fahren?", wieder blickte er mich besorgt an.
"Ich werde das schon überleben.", sagte ich mit einem Schulterzucken.
"Ich kann auch gern mitfahren, wenn dir das lieb ist."
"Danke, ich will dir jetzt nicht zur Last fallen. Ich melde mich, sobald ich zu Hause im Bett liege.", wieder sah ich ihn mit aufeinander gepressten Lippen an. Widerwillig nickte er und umarmte mich zum Abschied.

~*~

"Sie würde wieder schneller weggezogen sein als eine Zigarette
Wieder würd ich wünschen, dass ich eine Zeitmaschine hätte
Ja, ich weiß, ich sollte Hitler töten
Oder beim Titanic-Bau das Schiff zerstören
Aber hätt ich eine Zeitmaschine, wär mein Reiseziel
In deinen Armen und da bleib ich liegen..."

Auf dem Heimweg machte ich noch Halt an der Drogerie und kaufte mir einen Schwangerschaftstest. Es war zwar auszuschließen, dass ich schwanger sein könnte, aber das war mir gerade nicht mehr geheuer.

An meine Badewanne gelehnt, hielt ich den Schwangerschaftstest in der Hand, blickte an die Decke meines Badezimmers und wartete, dass der gestellte Timer ertönen würde. Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. - Ey, wenn das Ding jetzt positiv ist... Was war das bitte vorhin bei Lukas... Was sage ich Steven... Wie konnte ich denn nur so eine Freundschaft zerstören... Wie soll das jetzt alles weitergehen... Was empfinde ich für Lukas? - Es ertönte die Melodie des Trauerfeierliedes, ich schaltete den Timer aus und blickte auf das Stück Plastik in meiner Hand.

"Gott sei Dank, wenigstens etwas Gutes!", sagte ich als ich das negative Ergebnis sah. - Da hätten wir es wieder, schlechten Menschen geht es immer gut. -

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt