POV: Jessica
"Hey, Tim ich würde gern los. Bleibt es dabei, dass du mich begleitest?"
"Wir hatten einen Deal, das habe ich nicht vergessen.", Tim nickte.
"Musst du denn wirklich schon los, Jessie?", Steven wirkte ebenfalls etwas gekränkt.
"Ich bin langsam wirklich müde, tut mir leid."
"Schade... Aber da kann man nichts machen. Mach's gut, vielleicht sieht man sich ja mal wieder, Braunschweig ist ja auch nicht so weit von Göttingen entfernt.", zwinkerte er mir zu und nahm mich in den Arm.
"Können wir los?", ich antwortete mit einem Nicken und atmete tief durch. Wir wandten uns von Steven ab.
"Warte...", mir stockte kurz der Atem, als er mich an meiner Schulter festhielt, "Hier... Jetzt könnt ihr los.", Steven steckte mir einen Zettel zu und ging rein. Seinen Zettel schob ich in die Tasche des Hoodies und wir machten uns auf den Weg zu meinem Hotel.POV: Timi
"Hat dir der Abend gefallen, Jessica?", fragte ich.
"Ja hat er auf jeden Fall, ich danke euch sehr."
"Das ist schön...", mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich sie an.
Sie seufzte. "Ich komme da anscheinend nicht drumherum, oder?", fragte sie mich etwas enttäuscht.
"Naja, ich dachte, wir hatten einen Deal, ich kann dich auch nicht einfach stehen lassen und das Thema vergessen. Bei sympathischen Menschen bringe ich das echt nicht übers Herz, wer mich länger kennt, weiß dass ich ein Misanthrop durch und durch bin. Also..."
"Ist schon gut Herr Kaiser, ich fange ja an...", genervt sah sie mich an. Ein leichtes Lachen, wegen ihrer Aussage konnte ich mir nicht verkneifen. "Gegen Ende Mai habe ich mich nach acht Jahren Beziehung von meinem Verlobten getrennt. Er machte mir damals 2019 im Urlaub den Antrag. Wir waren glücklich, ab und an mal eine kleine Meinungsverschiedenheit, aber das ist ja normal. 2020 hat er seinen Job verloren, da sein Arbeitgeber aufgrund der Pandemie keine Aufträge mehr an Land ziehen konnte. Bereits vor der Pandemie stand die Firma nicht mehr so gut da, demzufolge fehlten jegliche Gelder und sein Arbeitgeber musste Insolvenz anmelden. Bei mir lief alles super, die Werkstatt lief von Anfang an gut, das war unsere finanzielle Absicherung. Je besser es bei mir lief, umso tiefer fiel er in eine Depression..." Ich blickte Jessica an, sie stand neben mir und hatte Tränen in den Augen stehen. - Wenn sie jetzt schon anfängt zu weinen... ich glaube, dass ich das noch bereuen werde, diesen Deal geschlossen zu haben. -
"Er fing an, ab und an mal zu trinken. Vor bald eineinhalb Jahren habe ich meinen mittlerweile besten Freund Davi mit ins Boot geholt. Ich hatte einen Teilhaber gesucht und er hatte die besten Konditionen vorzuweisen. An dem Tag, als Davi offiziell bei uns angefangen hatte, wurde es sehr spät, als ich nach Hause kam. Ich öffnete die Tür unserer Wohnung, ging in das Wohnzimmer und Niklas stand wutentbrannt vor mir. Der Bierkasten, den er erst geholt hatte, war leer. Sein Blick war hasserfüllt und als ich an ihm vorbei auf die Couch sah...", Jessica atmete tief durch, griff in ihre Tasche und nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel. "Auf unserer Couch lag der Spiegel meines Schminktisches, er war total befleckt und seine Kreditkarte lag darauf. Ich versuchte, mit ihm zu reden, doch er schrie mich nur an, dass ich daran schuld wäre, wenn ich mich doch mit anderen Männern vergnüge. Als ich ihn ebenfalls anschrie, erhob er das erste Mal die Hand gegen mich."
"Verzeih bitte die Frage, aber du hattest nie was mit deinem Teilhaber oder einem anderen, während eurer Beziehung?", ich kratzte mich am Hinterkopf, aber für meine Nachfrage hatte sie Verständnis. "Du sagtest, das war... Wo bleibst du denn?", ich drehte mich um, da Jessica einfach stehen blieb.
Es sah von Weitem so aus, als würde sie kurz lachen. "Ich weiß ja nicht, wohin du willst, aber das ist mein Hotel. Oder willst du noch eine Runde mit meinem Auto drehen, ich denke allerdings, dass keiner von uns beiden dazu noch fähig ist!", sie verwies auf die schwarze Limousine neben mir.Lachend ging ich zu ihr zurück. "Du sagtest eben, dass es das 'erste' Mal war, wie...".
"Frag nicht wie oft, ich will mich daran nicht erinnern und kann es glücklicherweise auch nicht. Er fing an, öfter Drogen zu konsumieren. Als ich den Kleiderschrank ausräumte, fand ich bei meinem Umzug eine Box in der sich Koks, Pappen und Speed befanden. Jedenfalls hatte ich anfangs das Ganze runtergespült... Bis April... Ich kam Samstagmorgen mit einem positiven Schwangerschaftstest in das Schlafzimmer und war überglücklich, er wirkte nicht froh, aber auch nicht enttäuscht. Als ich mich umziehen wollte...", Tränen rollten über ihre Wangen.POV: Jessica
"Jessie... Tut mir leid, ich wollte das nicht alles aufwirbeln..."
"Tim, ist schon in Ordnung, irgendwann muss ich ja mal mit jemandem darüber sprechen."
"Du hast noch mit keinem darüber gesprochen?"
"Es wissen alle nur, dass wir öfter aneinandergeraten sind und er mich einmal geschlagen hat. Aber... Nicht, dass...", ich schluckte und sah Tim in die Augen, "Als ich fertig angezogen war, kam er auf mich zu, er legte seine Hände von hinten um mich und küsste meinen Nacken. Niklas drehte mich zu sich, küsste mich und flüsterte, dass es ihm leidtun würde. Als ich fragen wollte, wofür er sich entschuldigen wollte, spürte ich seine Faust in meinem Bauch..." Fassungslos stand mir Tim gegenüber, ich konnte nicht mehr weinen, mein Blick war leer. "Als er von mir abließ, verließ er die Wohnung. Nachdem ich mich wieder gesammelt hatte, fuhr ich selbst in die Notaufnahme, erzählte ich sei gestürzt und von der Schwangerschaft. Natürlich hatte ich das Kind verloren. Ein paar Tage später, als ich wieder zu Hause war, verhielt er sich als wäre nichts gewesen. Kurz darauf fuhr er mit seinen Jungs in den lang geplanten Urlaub. Bereits im Krankenhaus hatte ich einen Besichtigungstermin für eine Wohnung ausgemacht und in den zwei Wochen, in denen er nicht da war, Möbel gekauft und aufbauen lassen. Meine Sachen hatte ich nach und nach mit viel Hilfe aus der gemeinsamen Wohnung geräumt. Bevor er wieder kam, schrieb ich ihm einen Brief, legte diesen zusammen mit dem Schlüsselbund und dem Ring auf den Esstisch und kehrte nicht mehr zurück."Tim griff wortlos in seine Jackentasche und begann den fertigen Joint zu rauchen. Sein Blick war auf den Boden gerichtet; wieder zog er an seinem Joint und blickte mich an.

DU LIEST GERADE
Wie zuhause - 1
FanfictionDie Crackstreet-Boys waren gerade auf dem Weg nach Berlin, um ihr letztes Konzert zu spielen. Als sie von dem Rasthof an der A2 wieder starten wollten, sprang ihr Bus nicht mehr an. Sie trafen auf Jessica, eine Mechatronikerin aus Göttingen, die das...