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POV: Lukas // Alligatoah

Als ich gegen Mittag die Augen aufschlug, drehte ich mich zu der anderen Seite des Bettes, sie war leer. Der Vorfall mit der Tänzerin der vergangenen Nacht war anscheinend kein Albtraum gewesen. Ich richtete mich auf und fasste mir schmerzerfüllt an den Kopf; seit langem hatte ich nicht mehr so viel getrunken. Mein verschwommener Blick flog durch den Raum, bis ich mich auf etwas fokussiert hatte. Neben der Kommode stand mein Rucksack; er sah ziemlich geleert aus; anscheinend hatte Jessica ihre Kleidung herausgenommen. Es klopfte an der Tür. "Herein.", ein starkes Kratzen schmerzte in meinem trockenen Hals und meine Stimme war rau.

Steven öffnete die Tür, trat in das Zimmer und schloss hinter sich die Tür. "Aspirin?", fragte er mit einem kühlen Ton und hielt mir einen Blister mit Tabletten vor die Augen. Ich nickte, griff nach der Wasserflasche auf dem Nachttisch und Steven drückte mir eine Tablette in die Hand. Er öffnete die dunkelgrauen Vorhänge am Fenster, das Zimmer war hell erleuchtet, schnell hielt ich meine Augen zu. Am Fenster blieb er stehen und blickte nach draußen. Nachdem sich meine Augen langsam an die Helligkeit gewöhnt hatten, trank ich noch einen kräftigen Schluck aus der Flasche.

"Wo ist sie?", fragte ich leise.
"Im Veranstaltungsraum... Wir haben ihn wieder komplett hergerichtet und sauber gemacht; die Vermieter sind gerade dabei, das 'Frühstücksbuffet' für uns dort aufzubauen. Du bist der Einzige, der noch fehlt.", Steven blickte noch immer nach draußen, wieder trank ich einen Schluck.
"Warum habt ihr mich denn nicht geweckt? Ich hätte doch mitgemacht?", ich atmete tief durch. "Jess hat gesagt, dass wir dich schlafen lassen sollen. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie heute Morgen ihre Kleidung aus deinem Rucksack genommen hat und dich hier liegen sah.", erzählte mir Steven.
"Wie geht es ihr?", fragte ich bedrückt.
"Lukas... Dein Ernst? Du kannst froh sein, dass diese Frau so eine gute Schauspielerin ist. Keiner der anderen Gäste hat auch nur die leiseste Ahnung, was sich heute Nacht auf dieser Etage abgespielt hat. Basti hat so tief und fest gepennt, dass er nicht mal gemerkt hat, dass Tim heute Nacht neben ihm geschlafen hat. Der denkt wirklich, dass die Alte heute Nacht noch heimgefahren ist.", ich hielt mir die Stirn. "Wir erwarten dich beim Frühstück.", so kühl kannte ich ihn gar nicht. Nachvollziehbar war es, die Frau, die er liebte, musste zuhören, wie sie von ihrem Partner betrogen wurde. - Wie soll ich das nur retten? -

Langsam stand ich aus dem Bett auf, mein Kopf dröhnte, den Rest der Wasserflasche trank ich schnell aus. Ich zog mir meine schwarze Jeans vom Vortag an und einen olivgrünen Sweater. Im Waschraum machte ich mich schnell frisch und holte meinen Rucksack aus dem Zimmer.

Bevor ich den Veranstaltungsraum betrat, packte ich den Rucksack wieder in den Fußraum von Jessicas Wagen, den Schlüssel hatte sie auf der Kommode des Zimmers liegen gelassen. Der weiße Polo, mit dem Tamara gestern hergefahren war, stand nicht mehr vor der Pension.

Ich öffnete die Tür, die Blicke von Jessica und mir trafen sich. Sie wirkte enttäuscht und traurig, aber nicht wütend. Vor ihr stand nur eine weiße Tasse. Der Raum war gefüllt mit Tischen, an denen maximal vier Personen sitzen konnten. Bei ihr saßen Ena und Tim; Dana steuerte, mit ihrem Teller in der Hand, den noch freien Stuhl an. - Verdammt... - Tim erhob sich von seinem Stuhl und kam auf mich zu. Er sagte mir, dass er Jessica heute Nacht noch erzählt hätte, wie es mir ging und wie es zu dieser unbeschreiblichen Verwechselung kam..

Jessica stand auf und lief auf mich zu. Mit aufeinander gepressten Lippen lief sie an mir vorbei und verließ den Raum.
"Es tut mir leid... Ich war sternhagelvoll und habe dich verwechselt... Ich weiß, das klingt banal, aber es ist die Wahrheit...", rief ich von der Tür aus. Steven hatte mir gesagt, dass es keiner weiter mitbekommen hatte, aber das war mir egal. Sie blieb stehen, wandte mir immer noch den Rücken zu. Alle hatten aufgehört zu essen und sahen mich an. "Jessica... Ich liebe dich..."
"Ich weiß, Lukas... Ich bin einfach enttäuscht und traurig... Was ich gehört habe... Das hat mich verletzt...", sagte sie, als sie sich umdrehte. Jessica lief weiter und ging in die Pension. Tim legte mir seine Hand auf die Schulter. "Soll ich mal zu ihr gehen?", mit einem Kopfschütteln antwortete ich auf seine Frage.

"Was ist denn passiert?", fragte Dag durch den Raum. In drei Sätzen erzählte ich von meinem Ausrutscher, atmete wieder tief durch und blickte auf den Boden. - Du konntest nichts dafür... - Ein 'Geistesblitz' ließ mich meinen Kopf heben.
"Siehe da, den Blick kenn' ich doch, Alter. Der hat dich damals wochenlang in den Charts gehalten.", lachte Basti. Zielstrebig ging ich auf den Wagen von Jessica zu, öffnete ihn und nahm die Gitarre von der Rückbank. Ein paar Gäste folgten mir, als ich hinter die Pension lief. Wie im Film warf ich kleine Kiesel an das Fenster von unserem Zimmer und Jessica öffnete es langsam. Mit glasigen Augen sah sie zu mir runter, wischte sich eine Träne aus dem Auge und wartete.
"Ich weiß... Musik ist keine Lösung, aber ein Versuch ist es wert!", rief ich zu ihr hoch und begann auf den Saiten der Gitarre zu spielen.

"Unbemerkt hast du dich rein gesneakt
In den toten Winkel in meinem Herzen, den keiner sieht
Eigentlich sind Freunde mir ein Warnsystem
Doch dein Lächeln macht, dass wieder kein Alarm los geht

Bin ich denn für dich nur eine Seltenheit?
An deiner Wand bei Hirschgeweih und Elfenbein?
Sie wissen еs schon in der Kita, Diebstahl ist illegal
Doch du raubst mir dеn Verstand und ich stand hilflos da

Das die Nacht mir dir so schön war
Nur ein Ablenkungsmanöver
Doch du nimmst und nimmst und nimmst und nimmst
Als ob ich dir gehört hab

Kein Funken Charme, nur ein dreckiges Lächeln
So hast du mein Herz gestohlen, das perfekte Verbrechen
In meiner Brust, kann man Schätze entdecken
Du konntest nichts dafür, das perfekte Verbrechen

Kein böser Mensch, nur 'ne schwäche für Schwächen
Gab dir immer alle Codes, das perfekte Verbrechen
Ist wenn du glaubst, dass sie im Recht sind
Inception, Du nimmst und nimmst und nimmst"

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt