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POV: Timi

Ena klingelte bei Jessica und wir hörten die Stimme von Lukas an der Gegensprechanlage, das Summen an der Tür erklang und wir liefen die Treppen in die erste Etage hinauf. Lukas begrüßte uns nickend mit einem besorgten Blick, er presste seine Lippen zu einem Lächeln.

"Hey, Alter!", wir begrüßten uns mit einem Handschlag. Ich sah mich um, aber Jessica war nicht zu sehen. "Wo ist sie?", Er verwies auf das linke Zimmer am Ende des Flures.
"Wir kamen hier an und sie meinte, dass sie noch schnell etwas zu erledigen hätte. Ich sollte mich setzen, dann lief sie nach hinten und die Musik begann zu spielen. Wir sind seit einer Stunde bei ihr und ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen; als ich klopfte, sagte sie durch die Tür, dass sie gleich wieder kommen würde. Ich wusste nicht, was ich noch tun sollte, deswegen habe ich dir geschrieben.", Lukas atmete tief durch, entschuldigte sich und ging auf den Balkon.

"Gehst du nach ihr sehen? Ich gehe auf den Balkon und rede mit Lukas?", mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich Ena an.

POV: Ena

"Doch das Akku ist leer,
alles läuft heute scheiße
Außer du, also lauf einfach weiter
Hab Mut, Mädchen, auch wenn du scheiterst..."

Ich vernahm die Musik aus dem Arbeitszimmer meiner besten Freundin, fasste mir ein Herz und klopfte an die Tür. Jessica zeigte keine Reaktion und ich betrat den Raum. Gedankenversunken saß sie bei geöffnetem Fenster auf dem tiefen Fensterbrett und rauchte mit ihrem IQOS.
"Hey... Was machst du denn hier?", blickte sie mich fragwürdig an.
"Lukas hat Tim eine Nachricht geschickt, wir sind nach dem Essen hergekommen. Was ist los?", an meiner Stimme war zu erkennen, wie besorgt ich war.
"Bei der Polizei wurde alles wieder aufgewirbelt, ich dachte eigentlich alles verarbeitet zu haben. Aber warum muss Lukas das immer abbekommen? Ich will ihn damit nicht belasten... Was ist, wenn ich ihn verliere?", Jessica fing an zu weinen, ich ging auf sie zu und nahm sie in den Arm.
"Jessie... Maus... Glaub mir, der Mann brennt für dich... Lukas wird dich nicht hängen lassen."
"Woher willst du das wissen?"
"Wow... Du kannst ja nicht mal mehr Signale deuten... Jess, dieser Mann liebt dich, das liegt auf der Hand.", sie verlor die Farbe aus ihrem Gesicht und blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an.
"Was... Lukas... Liebt mich... Ena ich bin so dumm... Aber ich... Ich kann momentan keinen Menschen lieben... Er bedeutet mir so viel, ob das von meiner Seite aus Liebe ist, weiß ich nicht... Und... Oh Mann... Der Kuss...", Jessica vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Ich stand neben ihr, meine Hand lag auf ihrem Knie, aber beruhigen ließ sie sich nicht.

"Ist bei euch alles in Ordnung?", die ruhige Stimme von Lukas erklang aus Richtung der Tür. Er betrat den Raum, zog Jessica an sich heran und gab ihr einen Kuss auf die Haare. "Jessie, was würdest du davon halten, wenn wir jetzt Pizza bestellen und uns alle zusammen deinen Lieblingsfilm ansehen? Wir drei sind für dich da.", schlug Lukas vor, Jessica nickte stumm und stieg von ihrem Fensterbrett ab. Sie blickte ihn an und begann zu lächeln. - Oh Jess... Und wie du doch verliebt bist... -

Eine Dreiviertelstunde später saßen wir vier, mit Pizzakartons auf dem Schoß und Bier in der Hand, auf der Wohnlandschaft und sahen uns 'das Haus am See' an.
Nach dem Essen machte ich es mir auf dem Sofa etwas gemütlicher und merkte, dass Tim seinen Arm hinter mich gelegt hatte und begann mich am Hinterkopf zu kraulen. Jessica war gegen mich gelehnt, so wie wir eigentlich immer bei ihr lümmelten. Entspannt neigte sich der Abend dem Ende.

~*~

Ich schlug die Augen auf und fand mich neben Jessica zugedeckt auf ihrer Wohnlandschaft wieder, auf meinem Handy konnte ich die Uhrzeit und das Datum erkennen – 08:14 Uhr, Dienstag, 23. August 2022 -.

"Guten Morgen", grummelte es neben mir, "Alexa, wie spät ist es?"
"Es ist acht-Uhr-fünfzehn, hab einen schönen Tag.", gab der kleine Echo von sich.
"Was?! Fuck ich muss um neun...", begann sie panisch, im Flur hörte man schnelle Schritte.
"Jessie beruhig dich jetzt erstmal, ruf Davi an und trink' 'nen Kaffee."

"Habe ich gerade Kaffee gehört?", ich vernahm die für mich unverkennbare Stimme von Tim. Als ich ihn sah, stockte mir der Atem. Nur in seinen Boxershorts stand er vor uns; für mich war es wirklich ein schöner Anblick.
"Ja, aber du musst dafür nicht strippen.", lachte Jessie ihn an.
"Oh... Ja... Ich bin hochgeschreckt, als ich den...", ein Gähnen unterbrach ihn.
"Guten Morgen, die Damen und natürlich auch guten Morgen, Tim.", Lukas kam angezogen um die Ecke aus dem Flur heraus.
"Gut ich zieh mich dann auch mal an und...", er starrte mich erwartungsvoll mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Ja, dann gibt es Kaffee!", Tim ging zurück in das Gästezimmer.
Total verschlafen streckte sich Jessica, stand vom Sofa auf und ging in die Küche, um vier Tassen Kaffee vorzubereiten. "Für mich bitte einen Tee, wenn es geht.", merkte Lukas an und Jessica nickte. Sie holte ihr Handy, als die Kanne in der Maschine stand, um Davi anzurufen.

"Lukas, wann genau sind Jessie und ich gestern eingeschlafen?", fragte ich ihn lachend.
"Als der Film zu Ende war, lagst du bei Tim schlafend im Arm und Jessie an dich gelehnt. Da wir etwas getrunken hatten und es ziemlich spät war, wollte ich auch nicht mehr zurück nach Bielefeld fahren. Also haben wir euch mit der großen Decke vom Sofa zugedeckt und uns in die Betten im Gästezimmer gelegt."
"Ihr seid ja wirklich süß, danke.", ich rutschte ein Stück an Lukas heran, "Hab Geduld mit Jessie, ihr findet schon noch zueinander."
"Woher...?", fragte mich Lukas erschrocken.
"Lukas, das sieht sogar ein Blinder. Gib ihr einfach Zeit, sie kommt auch immerhin aus einer sehr langen Beziehung, die sie durch die ganzen Vorfälle auch nicht schnell loslässt. Ich weiß auch, was du ihr bedeutest.", sein Blick wirkte zufrieden und er nickte.

"Ich konnte alles klären, wir machen hier jetzt alles in Ruhe fertig und dann laufe ich zur Werkstatt.", sagte Jessie, die mit einem Tablett aus der Küche kam.
"Du musst nicht laufen.", Lukas ging auf sie zu und nahm ihr das Tablett ab. "Ich muss nur noch vorher mit Tim reden, da ich ihn heimfahren muss."
"Ich kann ihn auch mitnehmen...", sprach ich, bevor ich über den Satz wirklich nachgedacht hatte.
"Wirklich?", Tim stand schon in der Tür zum Wohnzimmer. Mit Röte im Gesicht lächelte ich ihn an und nickte.

Nachdem Jessica sich fertig gemacht hatte und wir uns beim exzessiven Frühstück 'à la Jess' den Bauch voll gehauen hatten, verabschiedeten wir uns vor der Haustür von Lukas und ihr. 

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt