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POV: Jessica

Einige Tage vergingen, der ganze Ballast der letzten Wochen war von mir gefallen und ich konnte behaupten, zufrieden zu sein. Mit Steven pflegte ich freundschaftlichen, guten Kontakt und Ena und Tim schwebten auf Wolke sieben, was mich unglaublich glücklich machte. Die 'Beziehung' von mir und Lukas entwickelte sich ebenfalls positiv. Wir genossen die Zeit, wenn wir uns trafen und jedes Mal wurde mir wieder bewusst, welches Glück ich in diesem Mann gefunden hatte. Dennoch hatten wir es noch nicht offiziell als Beziehung deklariert. Was die ganze Gruppe beschäftigte, war die finale Planung von Bastis Geburtstagsfeier.

In der Woche, bevor Basti Geburtstag hatte, begann Sören, ein Oberschüler, sein vierwöchiges Schülerpraktikum bei uns. "So... Wenn kein Öl mehr abfließt, wird die Schraube wieder fest verschlossen und die Unterseite der Ölwanne wird mit einem trockenen Tuch gereinigt. Der Filter kann jetzt auch getauscht werden. Aber achte bitte darauf, dass sich die Auffangwanne unter dem Filter befindet.", sagte ich, als wir zusammen einen Ölwechsel an einem Opel Insignia durchführten.
Aufmerksam hörte er mir zu und notierte sich für ihn relevante Informationen. "Okay und warum ist der Ölwechsel so wichtig? Ich habe halt wirklich noch gar keine Ahnung, aber der Beruf interessiert mich.", fragte er und kratzte sich mit seinem Bleistift am Kopf.
"Ach alles gut Sören, dafür bist du doch hier.", winkte ich ab, "Man kann das Öl als das 'Lebenselixier' eines des Motors betrachten. Ein Verbrennungsmotor besteht aus vielen beweglichen Teilen, die miteinander arbeiten, damit die Leistung erbracht werden kann, die das Auto benötigt, um vorwärtszukommen. Das Öl dient dabei als Schmiere...", Davi, der vom vorderen Tor durch die Halle rief, unterbrach mich.
"Jess? Ähm... Hast du mal kurz..."
"Ich mach' das hier erst noch fertig.", ich stand mit dem Rücken zu ihm und drehte nur leicht meinen Kopf, um ihn zurufen zu können.
"Was sag' ich da jetzt der Reisegruppe?", sagte er.
- Reisegruppe? - Ich drehte mich zum Tor und sah Lukas, Steven und Tim winken. Davi kam mit den Worten 'Ich übernehme dann mal' auf mich zu. Mit einem breiten Grinsen ging ich auf die Jungs zu "Ich würde euch ja umarmen, aber ich will nicht eure Kleidung versauen.", sagte ich lachend.

Auf meine Nachfrage hin, was die drei in die Werkstatt verschlagen hatte, sagten sie mir, dass es ein Problem mit der Location für die Geburtstagsfeier gäbe. Tim hatte auf seiner Couch im Wohnzimmer eine Zigarette geraucht und war dabei eingeschlafen. Es gab glücklicherweise keinen größeren Schaden, aber dennoch für eine Party eher nicht der beste Veranstaltungsort.
Mir fiel ein, dass es in Paderborn einen guten Partyraum gab, den Ena vor ein paar Jahren kurzfristig für ihren zwanzigsten Geburtstag gemietet hatte. Ich teilte den Jungs mit, dass wir uns in eineinhalb Stunden nach meinem Feierabend, im naheliegenden Café treffen würden. Tim sollte sich mit Ena wegen des Partyraums in Verbindung setzen. Wir verabschiedeten uns und ich lief zurück durch die Halle zu Sören, Davi nickte und ging wieder ins Lager zu Phil.

"Freunde von dir?", fragte er.
"Ja, sehr gute Freunde, wenn ich das behaupten darf.", grinste ich breit.
"Irgendwie kommen die mir bekannt vor...", es klang, als würde er rätseln und ich zuckte lachend mit meinen Schultern.

Kurz vor Feierabend ging Sören in den Personalbereich, um sich umzuziehen und ich hoch in mein Büro. Ich packte meine Sachen zusammen, nahm meine Kaffeetasse vom Tisch, schaltete das Licht aus und schloss ab. Meine Tasse stellte ich in den Geschirrspüler, ich drehte mich um und Sören stand mit großen Augen vor mir.

"Du kennst Timi Hendrix und den Rest von Trailerpark?"
"Du hast sie also erkannt?"
"Äh, kacken Bären in den Wald? Ist der Papst pädophil?", zitierte Sören lachend, bevor ich mich von ihm verabschiedete.

~*~

Vor dem Café angekommen parkte ich meinen Wagen, nahm meine Handtasche vom Beifahrersitz und ging herein. Die Jungs saßen in der hintersten Ecke der Lokalität. Steven saß mit dem Blick in Richtung des Eingangs gegenüber von Lukas und winkte mir zu. Ich setzte mich zu ihnen, bestellte mir einen Latte Macchiato und ein Stück Käsekuchen. Aus meiner Tasche zog ich einen Block und einen Stift und sah die Jungs gespannt an.

"Also... Ena konnte den Raum schon klarmachen. Das Gute ist, die Vermieter haben auch eine kleine Pension gleich gegenüber oder so und zurzeit sind nur zwei Reservierungen vorhanden, wir haben die acht freien Zimmer dazu gemietet und werden die Schlüssel mit in den Veranstaltungsraum nehmen. Es sind Doppelzimmer, zur Not haben wir uns überlegt, Schlafsäcke mitzunehmen, falls nicht alle einen Unterschlupf bekommen sollten, dass entweder im Partyraum oder mit auf dem Boden in einem der Zimmer geschlafen werden kann. Allerdings sind die zehn Zimmer auf drei Etagen verteilt und pro Etage gibt es ein Gemeinschaftsbad und drei Toiletten.", sagte mir Tim.
"Das klingt doch nicht schlecht, aber wie viele wollen denn bitte kommen?"
"Wir haben mit mindestens fünfundzwanzig bis dreißig Leuten geplant... Und für dich wird es einen Überraschungsgast geben.", Lukas grinste frech. Die fragenden Blicke von Steven und Tim entgingen mir dabei.
"Für mich an Bastis Geburtstag? Was soll das denn?"
"Sollen wir Alexander Marcus absagen?", mir fiel glatt der Kuchen von der Gabel und ich sah Lukas entsetzt mit großen Augen an.
"Kleiner Scherz, Herzchen.", lachte Lukas und strich mir über die Wange. "Jedenfalls fallen von den acht Doppelzimmern schon vier weg, für uns natürlich. Das Buffet haben wir auch schon an die neue Adresse bestellt, wegen eines Kuchens sind wir uns noch unschlüssig."
"Ein Kuchen muss sein, lass mich das nur machen. Aber was könnte Basti noch... Habt ihr schon über eine Stripperin nachgedacht?"
"Das ist sein Geburtstag und nicht sein Junggesellenabschied.", lachte Steven.
"Ja und? Er wird fünfunddreißig, besser kann man die Midlife-Crisis doch gar nicht überstehen. Ein Bekannter von mir ist selbstständiger Barkeeper und hat schon als Aushilfe in manchen Stripclubs gearbeitet, ich wette, er kann uns da bestimmt helfen.", sechs große Augen blickten mich an.
"Sag mal, welche Kontakte hast du eigentlich nicht? Hast du jetzt auch noch eine Konditorei am Start, die den Kuchen backen wird?" Tim sah mich unglaubwürdig an.
"Nein, doch nicht in allen Bereichen... Mit der Mafia habe ich leider noch nichts zu tun...", sagte ich trocken und setzte einen traurigen Gesichtsausdruck auf. "Und um den Kuchen kümmere ich mich persönlich, damit meine ich, dass ich mich selbst am Samstag in die Küche stelle."

Es vergingen zwei weitere Stunden in dem Café, in denen wir den kompletten Abend durchplanten, die Jungs bei den Gästen nochmal nachfragten, ob sie zur Feier erscheinen würden und für jeden eine Einkaufsliste erstellten.

Nachdem wir zum Ladenschluss die Lokalität verlassen hatten, verabschiedete ich mich von Steven und Tim, welche sich zu ihren Fahrzeugen begaben. Ich ging auf Lukas zu, legte meine Arme um seine Hüfte und sah zu ihm hoch. "Wann musst du denn wieder zurück?", fragte ich mit großen Augen. Er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und zog mich in einen Kuss. "Gute Frage...", Lukas grinste verschmitzt, "Ich habe einen Rucksack im Kofferraum mit Kleidung, die bis Mittwoch ausreicht. Ich dachte, wir fahren dann einfach zusammen nach Berlin." 

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt