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POV: Basti

Leicht angepisst saß ich im Auto von Hardy, er hatte mich vor dem Haus von Tim abgefangen und mir nur gesagt, dass ich einsteigen soll. Mein Gepäck hatte er mir aus der Hand genommen, in den Kofferraum gepackt und mir mit einer Verbeugung die Tür der Beifahrerseite aufgehalten. Seit einer halben Stunde saßen wir im Auto, ich wusste nicht, wo er mich hinbringen wollte und aus Bielefeld waren wir auch schon herausgefahren.

"Alter Hardy, was wird das? Ich hatte doch gesagt, dass ich bei Timinem feiern will.", sagte ich genervt und verdrehte die Augen.
"Beruhigen Sie sich, Herr Krug, wir haben unser Reiseziel in ein paar Minuten erreicht.", lachte er, sein Blick lag fokussiert auf der Straße. Über das Multifunktionslenkrad erhöhte er die Lautstärke der Musik.

"Wir bieten ein normales Umfeld, um Aufzuwachsen
Frauen klatschen, lautes Schnackseln, Rauschgiftkapseln
Sauf den Schnaps und mach dein Zimmer sauber..."

Nach weiteren zwanzig Minuten Fahrt kamen wir kurz vor viertel acht an einer Pension an. Fast alle weiteren parkenden Autos kamen mir bekannt vor und mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. "Ihr habt se doch net mehr alle!", sagte ich und stieg auf der Beifahrerseite aus.

Wir gingen auf den Anbau zu, Hardy öffnete mir die Tür und ich ging herein. Schätzungsweise dreißig Leute lachten mich an, aus den Boxen hallte Musik. Gegenüber vom Eingang erblickte ich ein großes Buffet und links davon war eine Bar aufgebaut.

"Da bin ich, ihr Nutten!", rief ich und lachte laut. "Ihr seid doch verrückt."

Tim kam auf mich zu, drückte mir eine Flasche Bier in die Hand und prostete mir zu. Steven packte mich am Arm und setzte mich auf einen Stuhl, der mitten im Raum stand. Noch nie hatte ich erlebt, dass jeder Angehörige versuchte, mir einen persönlichen Gruß mitzuteilen. Jessica beendete die Runde mit sehr lieben Worten, die Gäste öffneten den gebildeten Halbkreis und der von ihr gebackene Kuchen kam zum Vorschein.

Ich stand mit großen Augen vor dem Buffet und blickte auf die Platte, auf der der Kuchen lag.
"Wie geil ist das denn bitte?!", sagte ich kopfschüttelnd und umarmte Jessica fest.

"She's my cherry pie
Cool drink of water, such a sweet surprise
Tastes so good, makes a grown man cry
Sweet Cherry Pie, yeah..."

Lautstark begann der wohl bekannteste Song von 'Warrant' zu spielen. Eine Frau in leichter schwarz-roter Bekleidung griff mich an der Schulter und drehte mich zu ihr. Lasziv blickte sie mich an, glitt an mir herunter und kam in einer schnellen Bewegung wieder auf meine Augenhöhe zurück. Meine Augen wurden größer, stumm blickte ich sie an. Sie drehte sich, lief schwungvoll auf den Stuhl in der Mitte des Raumes zu und winkte mich mit ihrem Zeigefinger zu mir. Die aufreizende Frau umkreiste mich tänzerisch und nahm auf meinem Schoß Platz; meine Hände legte sie auf ihren Allerwertesten. - Die haben mir nicht ernsthaft 'ne Stripperin angeschleppt. -

~*~

POV: Ena

"Babe? Kommt nur mir das so vor oder sucht diese Tamara die ganze Zeit Augenkontakt zu Lukas?", ich kam von der Bar zurück, übergab Tim seinen Gin Tonic und nahm genüsslich einen Schluck von meinem Tequila Sunrise. Der Blick von Tim ging langsam durch den ganzen Raum, dass er sich einen Überblick verschaffen konnte. Tamara hatte sich nach ihrer Showeinlage umgezogen, sie trug ein langärmliges rotes Croptop, eine schwarze Lederleggins und rote Air Max. Basti hing sich die ganze Zeit an sie ran, sein Arm lag über ihrer Schulter, in seiner freien Hand hielt er eine Flasche Bier. Während sich Basti mit Marcel und Stefan unterhielt, spielte die Tänzerin an dem Strohhalm ihres Mai Tais und checkte Lukas wieder ab, dieser war gerade mit Felix im Gespräch, und eben darauf fokussiert. Meine Augen suchten Jessica, diese unterhielt sich unweit von Lukas mit Dana und Vince. Sie griff in die Tasche ihrer Strickjacke, zog sich eine Zigarette heraus und nickte in die Richtung der Tür. Jessica ging zu Lukas, wahrscheinlich, um ihm zu sagen, dass sie hinausgehen würde; er gab ihr einen flüchtigen Kuss und sprach weiter mit Felix. Jessica ging mit Dana nach draußen. Tamara schluckte, sie lächelte Basti deutlich gespielt an und ging zielstrebig auf Lukas zu.
"Fuck, du hast wahrscheinlich recht.", Tim knaubelte nervös an seiner Unterlippe. "Jess hätte bestimmt nicht gedacht, dass sowas kommen wird, als sie den Vorschlag brachte."
"Was?! Den Vorschlag hat sie gebracht?", total erschrocken über diese Aussage sah ich meinen Freund mit großen Augen an. Tim holte seinen vorgedrehten Joint aus der Tasche seiner schwarz-weißen White Rabbit Trainingsjacke, atmete tief durch und nickte mit einem bedrückten Gesichtsausdruck.

"Alter, danke für diesen Abend.", Basti kam angeheitert zu uns und klopfte Tim auf die Schulter. "Ihr habt euch bei weitem selbst übertroffen. Ich kann es gar nicht erwarten, in nicht mal mehr einer halben Stunde das Baby da drüben anzuschneiden. Bei wem darf ich mich eigentlich für diese heiße Schnecke bedanken?", Basti leerte sein halbes Bier in einem Zug und sah uns fragend an.
"Jessie hatte die Idee, der Barkeeper...", Tim zeigte quer durch den Raum, auf die improvisiert aufgebaute Bar, "...ist ein Bekannter von ihr, der auch Kontakte zu Besitzern von Stripclubs hat.", erklärte Tim.
"Ernsthaft?! Unsere Prinzessin hat sowas in der Rückhand. Unser Alli soll sie bloß gut festhalten, wer weiß, was die uns noch alles einbringen kann.", händereibend stand Basti uns gegenüber. "Ich geh' mich dann mal für die hoffentlich beste Nacht meines Lebens bedanken.", zwinkerte er. Basti klatschte Steven ab, der direkt zu uns kam.

"Ich würde dem Barkeeper sagen, dass er schon mal ein Tablett mit Shots fertig machen soll, bis Mitternacht ist es nicht mehr lange hin.", rief er über die Musik hinweg.
"Mach das, Stevi. Aber ist bei dir alles gut? Du verhältst dich heute so komisch.", fragte ich ihn.
"Das mit Jess nimmt mich halt noch ein bisschen mit, ich will eigentlich gar nicht so distanziert sein. Ich weiß halt heute nicht so richtig damit umzugehen, bisher ist der Alkohol auch nur in Maßen geflossen und ich habe ein bisschen Angst etwas Falsches zu tun.", ich strich ihm über die Schulter und Steven verabschiedete sich an die Bar.

Tim und ich fokussierten wieder Tamara, Lukas schien auf ihr forderndes Verhalten gar nicht einzugehen. Er sah aber auch nicht nervös aus, als könnte Jessica jede Minute wieder hereinkommen. Merkte er gar nicht, worauf diese Frau aus war?

"A little party never killed nobody
So we gon' dance until we drop, mm
A little party never killed nobody
Right here, right now's all we got..."

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt