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POV: Lukas // Alligatoah

"I'll keep you my dirty little secret (dirty little secret)
Don′t tell anyone or you′ll be just another regret
(Just another regret, hope that you can keep it)
My dirty little secret..."

Mit einem Lächeln hinter dem Lenkrad geklemmt, steuerte Jessica ihren Wagen quer durch die Straßen von Göttingen. Ich hatte keine Ahnung, wo sie mit mir hinfahren wollte, wenn ich fragte, wurde mir gesagt, dass ich mich überraschen lassen sollte. Sie hätte mich an der nächsten Ecke aussetzen können und ich wüsste nicht, wie ich zurückkommen würde. In Göttingen kannte ich nur die Adresse von Jessicas Wohnung sowie die ihrer Werkstatt. Jessica bog rechts ab und fuhr kurz darauf einen Berg hinauf. Sie parkte ihren Wagen auf dem staubigen Weg, stellte den Motor ab und sah mich zufrieden an.

"Wir sind da.", sagte sie, drehte ihren Kopf wieder von mir weg und sah durch die Windschutzscheibe. "Das ist der Aussichtspunkt Bratental. Vor sieben Jahren bin ich nach Göttingen gezogen und nach dem ersten größeren Streit mit meinem Ex-Freund einfach durch die Straßen gefahren; letztendlich bin ich durch Zufall hier gelandet. Seitdem war das hier immer mein Zufluchtsort gewesen. Wenn ich einen schlechten Tag hatte, nicht wusste, wo mir der Kopf stehen würde oder wenn ich das Gefühl hatte, dass mir zu Hause die Decke auf den Kopf fallen würde, bin ich immer mit meiner Gitarre hier rausgefahren und habe einfach für mich gespielt. Ich war mindestens einmal in der Woche hier und jetzt, sehe ich das erste Mal seit langem wieder diese Aussicht.", sagte sie, während sie die ganze Zeit durch ihre Windschutzscheibe blickte.
"Es sieht wirklich schön aus, danke, dass du mir deinen Rückzugsort zeigst, das bedeutet mir viel. Warum warst du denn lange nicht mehr hier, wenn du anscheinend doch so viel mit dem Ort verbindest?", fragte ich, gebannt auf ihr Profil blickend. Jessica sah wieder zu mir, ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen und sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
"Deinetwegen.", im schwachen Licht konnte ich ihre geröteten Wangen sehen und sie legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel. "Bei dir bin ich angekommen, du bist zu meinem Rückzugsort geworden. Du beruhigst mich, sobald du in meiner Nähe bist. Du bist meine Definition für Glück geworden. Du hast es geschafft, dich in einem unerforschten Bereich meines Herzens zu etablieren, ohne dass ich es bemerkt habe, und dort möchte ich auch niemanden sonst hinlassen."
"Jessica, das sind mit Abstand die schönsten Worte, die ich jemals von einer Frau gehört habe.", ich war sehr geschmeichelt, so eine Definition von Liebe zu hören, ohne das Wort zu nennen. Ich strich ihr über ihre Wange, "Wollen wir vielleicht aussteigen?"

Eng umschlungen standen wir vor ihrem Wagen und sahen uns die Aussicht an. Ich drehte meinen Kopf zu ihr, hob ihr Kinn mit meinem Zeigefinger und küsste sie intensiv. - Doch du raubst mir dеn Verstand und ich stand hilflos da... -

"Hast du deine Gitarre dabei?", fragte ich Jessica.
"Die ist immer mit dabei, wenn ich hier herfahre.", lachte sie.
"Ich dachte, du warst schon etwas länger nicht hier und du hast sie vorhin auch nicht mitgenommen.", mit einem fragenden Blick sah ich sie an.
"Vielleicht fahre ich sie auch seit geraumer Zeit mit mir rum... Vielleicht hatte ich geplant, dir heute diesen Ort zu zeigen und sie liegt seit gestern früh in meinem Kofferraum.", sie blinzelte schnell mit den Augen. "Als ich gestern zur Arbeit gegangen bin, habe ich sie gekonnt am Schlafzimmer vorbeigeschmuggelt.", frech grinste Jessica mich an. - Kein Funken Charme, Nur ein dreckiges Lächeln... - "Warum fragst du? Willst du wieder mit mir singen?", ihre Augen strahlten regelrecht, als sie fragte.
"Kann man so sagen... Wie gut kennst du mein Coveralbum?", ich kratzte mich am Hinterkopf.
"Wenn ich ehrlich bin, ich habe davon nur 'Duality' und 'That Lucky old sun' gehört, aber warum?"
"Weil ich wissen will, ob du genau so einen stumpfen Humor teilst.", lachte ich, öffnete zielstrebig die Heckklappe ihres Wagens und begann zu spielen.

"Brian the babe they called Brian
He grew, grew grew and grew
Grew up to be, yes he grew up to be
A boy called Brian, a boy called Brian..."

Erwartungsvoll blickte ich Jessica an und zwinkerte, ich sang weiter.

"He had arms and legs and hands and feet..."

Jessica lächelte und stieg in den Song ein.

"This boy whose name was Brian
And he grew, he grew and grew
Grew up to be, yes he grew up to be..."

Ich begann zu lächeln und wir sangen den Titelsong gemeinsam. Jessica sah mich freudig an, als die Seiten der Gitarre stumm wurden. "Das war jetzt ein Scherz, mein werter Herr, oder?", fragte sie lachend.
"So wie 'Doofius Sackus?", zwinkerte ich zurück.
"Oder 'Schwanzus Longus'?, lachte Jessica.
Ich lehnte die Gitarre gegen ihren Wagen und zog sie an mich heran. "Wo warst du bitte die ganze Zeit gewesen?", flüsterte ich in ihr Gesicht. Ich strich Jessica über ihre Wange und küsste sie leidenschaftlich. - In meiner Brust, kann man Schätze entdecken... -

"Lukas, ich wollte dich noch etwas fragen.", sie blickte mir tief in meine Augen.
"Ja, was denn?"
"Ich schaue mir am Donnerstag eine Werkstatt in Berlin an, willst du mich begleiten? Ich habe auch schon mal grob nach Wohnungen geschaut... Würde es dich stören, wenn ich in deine Nähe ziehe? Ich meine, ich habe auch bei dir im Nachbarhaus eine Wohnung gesehen, das soll jetzt auch nicht aufdringlich wirken, aber...", ich küsste sie.
"Psst... Hol' bitte Luft beim Reden.", lachte ich. "Wenn du willst, komme ich am Donnerstag gerne mit. Ich habe auch kein Problem, wenn du in der Nähe wohnst, ganz im Gegenteil, aber finde erstmal eine Werkstatt oder ein Gelände und mache dir danach erst Gedanken, wegen einer Wohnung."
"Du hast ja recht, danke."
"Nicht dafür, wollen wir wieder zu dir fahren? Morgen wird ein langer Tag und es wird langsam wirklich etwas frisch.", lachte ich. Jessica nickte, wir gaben uns noch einen Kuss und stiegen wieder in ihren Wagen.

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt