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POV: Tim

Seit einer halben Stunde saßen wir bei Ena im Auto und unterhielten uns angeregt. Ena ist mir wirklich sehr sympathisch geworden, ich kann meine Augen auch einfach nicht mehr von ihr lassen. - Ist es das, was Lukas meint, dass er nicht weiß, was Jessie mit ihm gemacht hat? -

"Ena... Ähm... Hast du eigentlich... Also... Bist du... Ähm... Wie hast du eigentlich Jessie kennengelernt?" - Tim... Alter... Dein Ernst?! Kannst du sie nicht einfach fragen? Bist doch alt genug, Junge. -
"Das war in der Theater-AG in der Schule. An meinem ersten Tag in der fünften Klasse hatte ich davon am Schwarzen Brett gelesen, unsere AG's waren immer 'von Schülern für Schüler'. Jedenfalls bin ich dann zum ersten Treffen des Schuljahres erschienen und war schon ein ganzes Stück vor der Zeit da, Jessie saß mit Textbüchern in dem Sitzsack in der Ecke und starrte aus dem Dachfenster. Sie stellte sich mir vor, Jessie leitete die Theater-AG, und wir kamen auch sehr gut ins Gespräch. Wir haben uns öfter außerhalb der AG getroffen und viel unternommen. Als Jessie dann ihren Abschluss gemacht hatte, habe ich die Leitung der AG unter Abstimmung übernommen, aber der Kontakt wurde seit dem Tag immer intensiver und hält noch immer.", erzählte sie voller Freude. "Ich habe übrigens keinen festen Freund, wenn du das fragen wolltest.", erwähnte sie noch mit geröteten Wangen.
"Theater-AG? Gut... Erwartet hätte ich das...", ich verstummte, als eine mir bekannte Melodie begann.

"Ey, lass dich mal entführen an einen fremden Ort
Die Drohnen sind am Himmel, Uncle Sam kommt in dein Dorf
Sie bringen dich an einen Platz, der sehr gemütlich ist
An dem es Sonntagmorgen Waterboarding immer nach dem Frühstück gibt..."

"Ähm... Sagtest du nicht, dass du meine Musik nicht kennst oder auch Lukas noch nicht oft singen gehört hast, weil das nicht so dein Musikgeschmack ist?", ich blickte Ena mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Ja, wie kommst du jetzt darauf?"
"Das Lied ist gut, kannst du mir sagen, von wem das ist?"
Ena tippte auf den Bildschirm ihres Handys und blickte kurz darauf. "Das ist von Timi Hend... Oh... Ich bin Optikerin, wie hätte ich das denn an der Stimme bitte erkennen sollen?"
"Ich dachte, man liest wenigstens, welche Lieder in den Lieblingssongs landen."
"Ist ja gut, ich versuche jetzt gar nicht erst diese Peinlichkeit zu umgehen, da hat der 'Mix der Woche' vor einiger Zeit gute Arbeit geleistet." Ena lächelte mit dem Blick auf die Straße. "Da kommt gleich ein Rastplatz, magst du auch noch einen Kaffee?"
"Hast du nicht vor einer Stunde erst zwei Tassen getrunken?"
"Und?"
"Ja gut, einen kleinen Kaffee würde ich dann noch trinken."

Ena blinkte und fuhr von der Autobahn ab. Auf dem Rastplatz lehnte ich mich gegen ihren roten Ford Fiesta und zündete mir eine Zigarette an, während sie im Shop verschwand. Ich dachte über Ena nach, mit ihrer Art und ihrem Wesen hat sie mich vollkommen in ihren Bann gezogen; das uns sechzehn Jahre Altersunterschied trennten, war mir vollkommen egal. Den Stummel der Zigarette schnipste ich weg, setzte meine Brille ab und begann sie an meinem Shirt zu säubern.

"Die hatten leider nur noch große Becher.", ich zuckte vor Schreck, als Ena neben mir zu sprechen begann und ließ meine Brille fallen. Noch immer war ich in Gedanken gewesen und hatte nicht gemerkt, dass sie wieder bei mir stand. Sie stellte die Kaffeebecher auf das Dach ihres Wagens und bückte sich, um meine Brille aufzuheben. Ena sah meine Brille an, säuberte sie noch einmal und blickte mich an. "Du hast Glück gehabt, Tim, deine Brille hat nicht einen Kratzer abbekommen. Bei dem Gestell wundert mich das nicht, bei den Gläsern war es Glück." Ena machte einen Schritt auf mich zu und setzte mir meine Brille wieder auf. Sie blickte mir mit ihren grünen Augen direkt in meine. Aus dem Affekt heraus legte ich meine Hände an ihre Hüften, ich zog Ena an mich heran und so in einen innigen Kuss. Ich spürte, wie sie ihre rechte Hand an meine Wange legte. Als wir uns aus dem Kuss lösten, blickte ich ihr wieder in die Augen.

"Ich weiß jetzt, was Lukas meint, wenn er sagt, dass er nicht weiß, was Jessie mit ihm gemacht hat.", flüsterte ich in ihr Gesicht, strich mit dem Handrücken über ihre Wange und küsste sie erneut. Ich spürte, wie Ena in den Kuss lächelte und mein Herzschlag wurde schneller. - Ich muss ihr noch das Wichtigste sagen. - Wieder lösten sich unsere Lippen und wir sahen uns an.

"Ena, ich muss dir noch was sagen, wenn das hier wirklich zu etwas führt.", begann ich zu sprechen, sie blickte mich an und das Lachen auf ihrem Gesicht begann zu schwinden. "Ich... Also ich... Habe..."
"Oh nein... Du hast eine Freundin... Und ich soll jetzt die Affäre sein? Tim, sowas mache ich nicht!", panisch sprach Ena, schüttelte mit dem Kopf und löste sich aus meinen Armen.
"Um Gottes Willen, nein, das ist nicht meine Art. Aber ich habe bereits zwei Kinder."
"Achso, ja gut...", sagte sie schulterzuckend.
"Stört dich das nicht?"
"Seitdem ich dich gestern im Restaurant beim Essen gefragt habe, wie alt du bist, habe ich mich mit all den möglichen Szenarien auseinandergesetzt. Du warst mir von Anfang an so sympathisch, dass..." Ich zog sie vor Freude über diese Reaktion wieder in einen Kuss.

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt