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POV: Lukas//Alligatoah

Das Meeting stand an und lief eigentlich ruhig und strukturiert ab. Was mich persönlich störte, dass Steven seinem Handy viel mehr Aufmerksamkeit schenkte als der Arbeit.

"Neues Match auf Tinder oder warum hast du dich kaum an der Runde beteiligt?", lachte Tim, da Steven anscheinend noch nicht mitbekommen hatte, dass wir bereits fertig waren.
"Nee... Die Kennlernphase ist da eh schon durch... War aber echt 'ne geile Nummer, das muss ich schon sagen. War auch nicht anders zu erwarten, bei dieser Frau... Uff...", lachte er nur. Ich sah zu Tim, aber dessen Blick lag augenscheinlich nervös auf Steven.
"Oh... Hat denn die 'geile Nummer' auch einen Namen, Steven?", fragte ich nach.
"Ist die Frage gerade ernst gemeint? Du kennst sie doch auch?", Steven sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Wie bitte?"
"Jessie.", sagte Steven geradeheraus.
- Nein... Er hat jetzt nicht Ihren Namen genannt... - "Bitte?! Steven... Du... Das ist doch...", ich war total durcheinander und ratlos. Mein Blick ging zu Tim über, der mich stumm mit großen Augen ansah. "Tim... Den Blick kenne ich... Hast du es gewusst?", sein Blick senkte sich, er fuhr sich mit der linken Hand über den Kopf und atmete tief durch.
"Ja... Ena hat es mir letzte Woche nach unserem Telefonat erzählt. Sie selbst hat Jessie eigentlich gesagt, dass sie es dir erzählen soll."
"Wollt ihr mich eigentlich verarschen?!", ich sah Steven mit einem bösen Blick an, stand auf und lief auf die Tür zu. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Jessicas Verhalten, als sie das letzte mal bei mir war und was ich bei einem Telefonat von uns aufgeschnappt hatte. Bevor ich das Studio verließ, drehte ich mich nochmal zu Steven um. "Ich hätte es wissen müssen."

In meinem Wagen nahm ich mein Handy in die Hand und sah auf dem Sperrbildschirm, dass ich zwei neue Nachrichten von Jessica hatte. - Lass es einfach, Lukas... Als gelesen markiert und tschüss... -

POV: Timi

"Muss der denn gleich so abgehen? Daran sind immer zwei beteiligt, Jess hätte bei dem Kuss auch einfach abblocken können... Hat sie es getan? Nein!", sagte Steven genervt und verdrehte die Augen, nachdem Lukas das Studio verlassen hatte.
"Sud, das war echt nicht cool gerade.", sagte Basti. - Wenn sogar Basti etwas dazu sagt... -
Ich stand auf und ging auf die Tür zu, durch die Lukas ein paar Minuten zuvor den Raum verlassen hatte.
"Verabschiedest du dich nicht mal von uns, Tim?", fragte Igor hinter meinem Rücken.
"Sorry Leute, Tschüss."

~*~

Meinen Wagen parkte ich vor der Werkstatt von Jessica, nachdem ich mich durch den Verkehr auf der A2 gekämpft hatte. Sie stand vor der Werkstatt, den Rücken zu meinem Wagen gewandt, eine Zigarette in der rechten Hand und hielt mit der anderen ihr Handy am Ohr. Ich stieg aus dem Wagen aus, zündete mir ebenfalls eine Zigarette an und ging auf sie zu. Jessica steckte ihr Handy in die Tasche ihrer blauen Latzhose, trat die Zigarette aus und fuhr sich durch die Haare. Sie drehte sich zu mir und hatte einen besorgten Blick in ihrem Gesicht.

"Oh mein Gott, Tim, du kommst wie gerufen. Hast du heute schon was von Lukas gehört? Seit heute Mittag hat er sich nicht mehr gemeldet, ihr hattet doch heute euer 'Meeting', oder? Er liest meine Nachrichten, aber antwortet nicht und geht auch nicht auf meine Anrufe ein."
"Deswegen bin ich hier, ich denke, wir müssen mal reden."
"Ist was passiert?"
"Jess... Können wir das in deinem Büro besprechen? Ich denke, es ist besser, wenn du dich setzen würdest."
"Ich wollte eigentlich gerade schließen für heute, aber egal. Komm, lass uns hineingehen."
Jessica war sichtlich nervös, sie wusste nicht, was auf sie zukommen würde. Wir gingen die Treppen zu ihrem Büro hoch und setzten uns.
"Tim... Sag mir bitte was los ist.", sprach sie besorgt.
"Steven hat dir eine große Last abgenommen, du musst Lukas nicht mehr sagen, dass ihr Sex hattet.", sie wurde ganz weiß und brachte keinen Ton heraus. "Jessie, Ena hat nicht umsonst gesagt, dass du es ihm selber sagen sollst, hier zerbricht gerade eine jahrelange Freundschaft, wegen einer Frau. Nachdem Lukas es erfahren hat, ist er aus dem Studio gestürmt und hoffentlich heimgefahren."
"Ich... Ich wollte doch nicht, dass es so weit kommt...", sagte sie aufgelöst, in ihren Augen sammelten sich Tränen.
"Jess, ich denke, das hat keiner gewollt, aber es ist passiert und ich kann dir nichts anderes sagen, außer dass du das wieder geradebiegen musst. Wenn das für Steven laut deiner Aussage 'Okay' ist, dass es eine einmalige Sache war, ist das die eine Seite, aber du hast Lukas damit das Herz gebrochen. Und wenn wir ehrlich sind, hast du dich damit noch mehr verletzt, sonst würdest du nicht so reagieren.", Jessica weinte und stützte ihr Gesicht in die Hände.
"Fuck alter... Was soll ich denn... Ich fahr' jetzt nach Berlin... Zu Lukas."
"Und dann? Was erwartest du?"
"Meine Fresse... Ich... Wie du sagtest, ich muss das grade biegen."
"Jess..."
"Was Jess? Was hat Ena dir noch erzählt? Dass ich den zweiten Standort in Berlin wegen meiner Familie will? Glaubst du das wirklich? Nein Mann, ich sehe meine Eltern vielleicht einmal im Monat, da könnte ich auch einfach mal die dreihundertfünfzig Kilometer rüberfahren übers Wochenende... Kommst du bitte, ich muss wirklich los.", ich habe Jessica noch nie so ungehalten gesehen. Sie nahm ihre Jacke vom Kleiderständer und scheuchte mich regelrecht aus der Werkstatt. Nachdem sie abgeschlossen hatte, verabschiedete sie sich von mir und stieg in ihren Wagen. 

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt