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POV: Lukas // Alligatoah

Jessica hatte sich vor mehr als zwei Stunden mit einer großen Tüte voller Zutaten in die Küche verabschiedet, um den Kuchen für die Geburtstagsfeier zu backen. Das einzige Lebenszeichen, was ich von ihr in der Zeit bekam, war, wenn ich durch die geschlossene Schiebetür hören konnte, dass sie die laufenden Lieder mitsang.

"Die ganze Nacht, alles rein, heute ist Auflauf-Tag
Ich hab' bequem ein'n im Tee drin
Schon eine Woche lang diesen einen Traum gehabt
Das Leben ist ein Heben und Nehmen..."

"Mäuschen?", ich klopfte an die geschlossene Küchentür. "Dürfte ich an deinen PC?" Ich wartete auf eine Antwort, doch von Jessica kam keine Reaktion. Langsam schob ich die Tür auf, es duftete stark nach Kakao und Vanille. "Jessie?", fragte ich und sie zuckte zusammen.

"Oh mein Gott... Lukas... Raus! Das soll eine Überraschung werden!", schnell schloss ich meine Augen und fragte sie noch einmal, ob ich mich an ihren PC setzten dürfte. "Ja... Er ist nur gesperrt, das Passwort könntest du kennen.", sagte sie hämisch.
"Ey... Was soll das denn jetzt?"
"Das war für den halben Herzinfarkt und das Stückchen vom Käsekuchen, welches es vorgestern deinetwegen nicht in meinen Magen geschafft hat.", lachte sie, ich hörte Schritte auf mich zukommen und konnte Jessicas Lippen auf meinen spüren. "Und jetzt ab mit Ihnen, mein werter Herr Strobel. Ich denke, in einhundertundacht Minuten bin ich dann auch hier fertig.", sagte sie und gab mir noch einen schnellen Kuss. Ich öffnete schnell meine Augen, packte Jessica an ihrer Hüfte und zog sie fest an mich; wieder küssten wir uns. "Wofür war der denn?", fragte sie mit großen Augen.
"Kleine Bestechung...", grinste ich sie frech an.
"Es sind nur Ziffern... Wenn du den Code knackst, kommst du an jeden Müll von mir ran, das ist wie ein Lottogewinn...", lachte sie und zog die Tür vor meiner Nase zu.

Ich atmete tief durch, grinste leicht und lief den Flur hinter zu dem Arbeitszimmer von Jessica. Nachdem ich mich hingesetzt und die Maus bewegt hatte, saß ich vor dem Sperrbildschirm. - Ach, wie niedlich. - Der Sperrbildschirm ihres Computers, war das letzte Bild, welches wir als Trailerpark auf Instagram gepostet hatten. - Gut, dann probieren wir mal etwas rum... 29072022? Okay, das war es schon mal nicht... Ich bin ihr Lieblingssänger... Vielleicht... 28091989? Ey... Wie jetzt? Ich glaube, ich muss mit ihr Mal ein ernsthaftes Wörtchen... Hinweis?... 'Moralische Pflicht', was hat das denn mit einer Zahlenfolge zu tun... Sekunde... ungefähr einhundertundacht Minuten... Lottogewinn... 4815162342? - "Jawoll!" - Gab dir immer alle Codes... -

Eigentlich wollte ich online nach einem neuen Stimmgerät und weiterem Zubehör schauen, aber ihre Tabs des Internetbrowsers waren noch offen. Sie hatte sich mehrere Gelände im Berlin angesehen, sogar zwei Anzeigen von Inhabern, die einen Nachfolger suchten, sie waren in den verschiedensten Stadtteilen Berlins. Ebenfalls hatte sie nach einer neuen Wohnung in Neukölln geschaut. - Sekunde... das ist doch mein Nachbarhaus... Na ja egal jetzt, ich habe doch ein Ziel vor Augen. -

Nach einiger Zeit stand Jessica im Türrahmen gelehnt und sah mich an.
"Wie lange hast du denn gebraucht, um reinzukommen?", sie betrat den Raum, kam auf mich zu und stellte sich hinter den Stuhl, auf dem ich saß. Jessica legte von hinten ihre Arme über meine Schultern und gab mir einen Kuss auf den Hinterkopf.
"Aller guten Dinge sind drei, oder?", lachte ich. "Ich bin übrigens schwer enttäuscht von dir, meine Liebe."
"Warum?", fragte sie erschrocken. "Ist es doch zu einfach?"
"So viel zum Thema Alligatoah-Fan seit zwölf Jahren... Ich hatte wirklich geglaubt, dass es mein Geburtsdatum ist.", lachte ich und verschränkte meine Arme. - Bin ich denn für dich nur eine Seltenheit?... -
"Das hast du wirklich versucht? Was denn noch? Das Datum vom Abschlusskonzert?", ich drehte mich zu ihr um und sah sie mit großen Augen an.
"Nicht dein Ernst, Lukas?"
"Wo ist die versteckte Kamera?", fragte ich ängstlich gespielt.
"Im Schlafzimmer, muss sich doch auch lohnen, oder?", lachte sie. "Also der Kuchen ist fertig, du kannst ihn dir jetzt ansehen, wenn du magst."

In der Küche fiel ich fast vom Glauben ab. "Das hast du nicht wirklich gemacht?" - Was kann diese Frau eigentlich nicht? - "Was ist denn los? Es ist zu übertrieben, oder?", fragte sie enttäuscht.
"Übertrieben?! Ich... Find's... Klasse! Das ist echt unglaublich."
Auf einer einen Meter mal einen Meter dreißig großen Platte, lachte mich ein großer Marmorkuchen an, welcher in die Form des Trailerpark-Logos gebracht wurde. Der Kuchen war überzogen mit weißem Fondant und schwarzen Fondant, für die Einzelheiten.
"Jessie, das ist einfach unglaublich. Basti wird sich riesig freuen."
"Das will ich hoffen.", sagte sie und strich sich über ihre Stirn.
"Was kannst du eigentlich nicht?", fragte ich und kratzte mich am Hinterkopf.
"Wie meinst du das?"
"Ähm... Du bist siebenundzwanzig, leitest deine eigene Werkstatt, die anscheinend verdammt gut läuft. Lebst in einer großen Wohnung, du kannst singen und Gitarre spielen, und jetzt setzt du mir hier so ein Meisterwerk vor die Nase." Jessica wurde rot und lächelte mich an. "Und dazu hast du noch mein Herz im Sturm erobert.", sagte ich, hob Jessica auf die Arbeitsplatte und zog sie in einen intensiven und leidenschaftlichen Kuss.
"Danke, Lukas.", sagte sie, als wir uns aus dem Kuss lösten; ihre Arme hatte sie in meinem Nacken verschränkt und sie blickte mir direkt in meine Augen.
"Wofür?"
"Für alles, ich kann mich nicht erinnern, wann mich ein Mensch so glücklich gemacht hat. Ich habe immer noch Gewissensbisse, wenn ich daran denke, dass ich dich so verletzt habe und du nimmst mich so, mit offenen Armen in Empfang.", sagte sie.
"Psst... Ich habe dir gesagt, dass wir darüber nicht mehr reden und ich habe mich damit abgefunden. Ich bin einfach froh, dich an meiner Seite zu haben.", sagte ich, strich ihr über die Wange und küsste sie erneut.
"Komm'... Ich will dir noch etwas zeigen.", sie schob mich ein Stück von der Küchenzeile weg, rutschte von der Arbeitsplatte und ging in den Flur. "Na los, anziehen. Ich fahre."

Wie zuhause - 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt