"Ich mag Garth", gestand sie lächelnd und dennoch wirkte sie wehmütig.
Dean kannte so viele Jäger und alle waren für ihn da, genauso umgekehrt. Wie Freunde es nun mal waren. Josie allerdings vermisste so etwas in ihrem Leben. Natürlich hatte sie Dean und Sam, die ihre Familie waren, aber das war der Punkt. Sie sah sie als ihre Familie. Gelegentlich wünschte sie sich einfach eine Freundin einladen zu können, um mal mit einem Gläschen Wein über die Marotten ihrer Männer zu lästern. Zu Amelia baute sie langsam eine Freundschaft auf, aber sie wusste, dass die Brünette nicht ihretwegen zu Besuch kam, und ihr war auch bewusst, dass sie sich höchstwahrscheinlich nicht kennengelernt hätten, wenn sie nicht mit Sam ausgegangen wäre. Alles, was sie wollte, war eine Freundin, die ihr gehörte. Die nicht an einem der Winchesters interessiert war und ihr Leben verstand.
"Ist alles in Ordnung? Du wirkst auf einmal so nachdenklich", bemerkte Dean und schielte immer wieder zu ihr hinüber und gleichzeitig auf die Straße.
"Ja. Ja, klar!", lächelte sie sofort, um den Jäger zu beruhigen.
Sie verdrängte den Wunsch wieder und rief sich in Erinnerung, dass sie ja Freunde hatte, und es lächerlich war eine Freundin zu haben, die ihr 'gehörte', immerhin war sie keine fünfzehn Jahre alt, wo es extrem wichtig zu sein schien, dass man ganz viele beste Freunde hatte. Nun wo sie erwachsen war, wusste sie die wenigen zu schätzen, die sie hatte. Und dennoch...
Die beiden checkten in einem Love-Motel ein, weil es das einzige war, das noch Zimmer frei hatte. Von überall hörte man Menschen, die den Freuden des Lebens lautstark frönten. Die einzige, die ruhig war, war Josie. Stumm trottete sie hinter Dean her, der gut gelaunt die Tür aufschloss.
"Willkommen im Casa Erotica", grinste er und betrat das puffähnlich dekorierte Zimmer.
"Wow", staunte Josie, aber nicht, weil es ihr gefiel.
"Wir bleiben nicht lange, versprochen", besänftigte sie der Winchester, als sie sich die Bilder an den Wänden ansah.
Eines zeigte eine Meerjungfrau, die in einem Netz hing und einen Fischer mit dem Mund befriedigte. Sie würde Arielle wohl nie wieder mit denselben Augen sehen können.
"Warum zum Teufel malt man sowas?", murmelte sie und wandte sich davon ab.
***
Am nächsten Morgen trafen sich Garth und Dean, um den letzten Tatort zu untersuchen. Josie fühlte sich nicht so gut und beschloss lieber einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Sie kam an einem Laden vorbei, der Antiquitäten verkaufte. Schnurstracks marschierte sie an den Statuen in der Auslage vorbei, die nur das eine verkörperten. Ein Bimmeln ertönte über ihr, als sie das Geschäft betrat. Es war düster und roch nach Dachboden, aber es gab scheinbar noch anderes Zeug, außer den sexuell angehauchten Figuren. Auf einem Regal reihten sich unzählige Kerzenleuchter auf, daneben hingen Spiegel mit pompösen Rahmen. Und natürlich, wenn man ganz genau hinsah, waren auch darauf nackte Körper. Diese Stadt lebte ihren Namen wirklich.
"Hallo", sprach plötzlich eine Frauenstimme, die Josie zusammenzucken ließ.
"Oh, hallo", erwiderte die Jägerin und blickte in das hübsche Gesicht der Blondine.
"Kann ich irgendwie behilflich sein?", erkundigte sie sich freundlich und kam auf Josie zu.
"Nein, nein, ich schau mich nur um", wehrte die Brünette ab und blickte wieder hoch zu den Kerzenständern.
"Gefällt Ihnen einer davon?"
Zögerlich nickte Josie und traute sich doch, nach einem zu greifen. Er war schlicht und der Bronzeguss war schon gräulich angelaufen. Das Tellerchen, das das Wachs auffangen sollte, fehlte, und die Nadel, auf die man die Kerze steckte, wirkte beinahe dolchartig.
"Der ist sehr schön!", pflichtete die Verkäuferin bei und erklärte, "Der stammt aus dem neunzehnten Jahrhundert und wurde in einem Schiffswrack gefunden"
"Klingt ja interessant", staunte Josie und sah sich die anderen an, vielleicht gab es ja noch einen, der vollständig war, "Wie viel würde der kosten?"
"Wie wäre es, wenn Sie sich noch umsehen und am Schluss machen wir einen guten Pauschalpreis?", schlug die Einheimische vor und lächelte warmherzig.
Josie sah sich noch eine Weile um, sie fand eine Taschenuhr, die sie an ihren Urgroßonkel erinnerte. Einen antiken Bierkrug, den sie Dean zum Geburtstag schenken könnte und ein Buch über Mythologie. Sie hatte kurz darin geblättert und eine Sage über Meerjungfrauen gefunden, wodurch sie direkt wieder an das Gemälde in ihrem Zimmer denken musste. Aber vielleicht war das Buch ja was für Sam zur Recherche.
"Ich glaub ich hab alles, wenn ich mehr kaufe, bringt mich mein Freund um, weil ich den unnützen Krempel anschleppe", lachte Josie schüchtern und legte alles auf den Tresen.
"Männer", seufzte die Antiquitätenhändlerin und erwiderte Josies Lächeln, "Die haben einfach kein Auge für schöne Dinge"
"Wem sagen Sie das", kicherte Josie, während ihr gegenüber die Artikel im Kopf zusammenrechnete.
Sie nannte Josie einen Preis und packte alles in einen Karton, mit dem Josie nach dem Bezahlen zurück zum Hotel stapfte. Entzückt guckte sie in die Schachtel und betrachtete ihre Errungenschaften.
"Wie ich sehe warst du shoppen?!", sprach sie jemand an.
"Casey, hi! Ja, ich konnte nicht widerstehen", gab die Brünette schuldbewusst zu.
Neugierig lugte Casey in die Box und erblickte das Buch, welches sie ungefragt herausnahm.
"Du interessierst dich für Meerjungfrauen?", zog Casey die Jägerin auf.
"Nein, eigentlich nicht, aber vielleicht Deans Bruder Sam", erklärte Josie und fragte sich, wie viel Casey wohl über Sam und Dean wusste.
"Achja, wo ist dieser heiße Nerd eigentlich?", erkundigte sich die Schwarzhaarige.
"Zu Hause, glaube ich", antwortete Josie und begann zu schmunzeln, "Der heiße Nerd also, ja?"
"Was denn? Du musst doch zugeben, er ist heiß!", schwärmte Casey und legte das Buch in die Schachtel zurück, "Aber ich versteh schon, du hast nur Augen für deinen Dean"
"Nein, nein, ich geb's schon zu, aber wehe du verrätst es Dean", grinste Josie verstohlen.
Casey deutete, dass ihre Lippen versiegelt sein würden und legte dann den Kopf schief.
"Wie wär's wenn wir Brunchen gehen? Ich hab noch bisschen Zeit bis meine Schicht anfängt"
Unschlüssig sah Josie auf ihre Kiste und stimmte zu.
"Aber lass mich das noch schnell ins Zimmer bringen, du kannst mich begleiten, wenn du willst"
Mit der Barfrau im Schlepptau brachte Josie ihren Einkauf ins Hotel und zog sich etwas feineres für den Brunch an.
"Ich frage mich wirklich, warum man sowas grausames malt", meinte die Schwarzhaarige und sah sich angewidert das Bild mit der Meerjungfrau an.
"Ja, das habe ich mich auch schon gefragt", pflichtete ihr die Brünette bei und zog sich ein frisches Shirt über den Kopf.
"Ich erlebe hier wirklich viel, aber so manchen Fetisch kann und will ich nicht nachvollziehen. Ich hoffe die kleine Nixe da hat ihn abgebissen", grinste Casey mit einem diabolischen Funkeln in den Augen.
"Ich denke nicht, dass das ein historisches Ereignis darstellt", merkte Josie an und stellte sich neben sie, "Also, können wir los?"
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2 》Grund zum Leben - Zwischen Leben und Tod《
Paranormalder zweite Teil rund um das "Liebesspiel" zwischen Josie und Dean. Es erwarten die Jäger neue Fälle, neue Freunde und viel Chaos, aber es gibt immer einen Grund um weiter zu machen, nämlich den Grund zum Leben! dieses Buch knüpft an den ersten Teil...