30 | Telefonsex

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"Hey, ich bin endlich angekommen", erzählte sie ihm und öffnete nebenbei das Fenster, von dem aus man in den verwahrlosten Garten sah.

Irritiert runzelte sie die Stirn, denn sie wusste, dass Tante Rose ihre Rosen über alles liebte, und sie deshalb schließlich den Namen trug. Sie tat es aber mit der Begründung ab, dass Rose keine Zeit hatte, da sie sich um ihren kranken Mann kümmern musste.

"Na endlich ich dachte schon, ich muss mir den Impala schnappen und dir nachfahren", scherzte Dean und war froh, endlich von ihr zu hören, somit konnte er später beruhigt schlafen gehen.

"Nein, ich musste dank dutzenden Baustellen immer wieder Umwege nehmen und das Haus von Tante Rose ist wirklich am Arsch der Welt, hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, oder sollte ich eher sagen: Alligator und Fisch?"

"Lass dich nicht von einem fressen", witzelte Dean und strich die Falten von Josies Kissen glatt, das er neben sich liegen hatte.

"Eher werde ich von meiner Tante gefressen", lachte Josie und schielte zur Tür, nicht dass Rose es hören würde, "Du hättest ihre Begrüßung sehen sollen. Sie hat mir die Tür aufgemacht, mich von oben bis unten angesehen und einfach nur guten Tag gesagt. Ich hatte fast das Gefühl, sie hätte vergessen, wer ich bin. Aber gut, die gute Frau ist nicht mehr die jüngste, vielleicht wusste sie wirklich nicht wer ich bin"

"Sie hört sich wirklich sympathisch an", meinte Dean ironisch und bettete sein Gesicht auf dem Kissen.

"Mhm, ich bin froh, wenn mein Cousin bald kommt, immerhin bin ich mit ihm aufgewachsen. Als ich klein war, war er meine erste große Liebe, könnte man so sagen, und nur fürs Protokoll wir sind nicht blutsverwandt!"

"Puh, ich hatte ganz kurz Bedenken"

"Naja, ich werde mich dann erstmal frisch machen und dann sehen, ob ich Tante Rose in der Küche behilflich sein kann. Ich melde mich später wieder, falls du noch wach bist"

"Klar bin ich noch wach, so spät ist es noch nicht"

"Schon, aber du bist alt", spottete sie und biss sich frech auf die Zunge.

"Warte nur, wenn du wieder hier bist", drohte er bemüht ernst, aber konnte sein Lächeln nicht verbergen.

"Ich freu mich drauf", gestand Josie anzüglich.

"Ich werde mir bis dahin eine Bestrafung ausdenken"

"Dean! Hör auf", schimpfte sie und biss sich auf die Lippe, "Ich bin wegen einer Beerdigung hier, ich kann hier nicht Telefonsex haben"

"Wieso nicht? Deinen Onkel wird es kaum stören"

"Du bist unmöglich", kicherte sie kopfschüttelnd.

"Jemand hat mal gesagt, dass sie mich genau deshalb liebt"

"Schön, wenn dieser Jemand das tut, meine Wenigkeit geht jetzt Duschen"

"Na gut, dann hören wir uns später", lenkte Dean ein, der nur versuchte Zeit zu schinden, um länger mit ihr reden zu können.

"Bis dann, bye"

Grinsend sah sie auf ihr Handy, nachdem sie aufgelegt hatte und suchte ihre Waschsachen aus der Tasche, mit denen sie ins angrenzende Bad stapfte. Leise summte sie ein Lied von Metallica während das warme Wasser auf sie herabprasselte und als sie fertig war, zog sie den Duschvorhang auf. Ein schriller Schrei drang aus ihrer Kehle, als sie in das Gesicht ihrer Tante blickte.

"Tante Rose!", schrie sie empört, "Wieso schleichst du dich hier rein?"

"Ich habe geklopft, aber du hast nicht geantwortet", erwiderte sie monoton und hörte nicht auf Josie in die Augen zu sehen, dafür reichte sie Josie stumm ein Handtuch.

"Ähm, danke", murmelte die Jägerin und wickelte es sich um den nackten Leib.

"Es gibt essen", teilte Rose ihr mit und drehte sich endlich um, sodass Josie Platz hatte, aus der Duschwanne zu steigen.

"Ich komme gleich", entgegnete die Brünette unsicher.

Nachdem sie sich angezogen hatte, ging sie hinunter in die Küche, wo Rose einen Topf auf den Tisch stellte. Es sollte wohl eine Art Suppe sein, aber es glich eher wie einem Püree. Rose war noch eine gute Köchin, dafür konnte ihr Mann es umso besser. Josie liebte den Eintopf ihres Onkels, aber das hier konnte man kaum damit vergleichen. Erwartungsvoll blickte Rose ihre Nichte an, als diese keine Anstalten machte, sich etwas zu nehmen.

"Wollen wir nicht noch auf Greg warten? Er müsste doch auch bald hier sein?!", redete sich Josie raus, da sie sich immer mehr vor der Suppe ekelte, je länger sie das zähe Blubbern beobachtete.

Wie aufs Stichwort fuhr ein SUV vor dem Haus vor. Erleichtert sprang Josie auf und rannte zur Tür. Durch das kleine Fensterchen konnte sie Gregory bereits sehen. Freudig quiekend stürmte sie auf ihren Cousin zu und fiel dem Schwarzhaarigen um den Hals.

"Hola querida", begrüßte er sie und umfing sie genauso herzlich.

Greg sah und hörte man seine Wurzeln an. Er hatte einen deutlichen Akzent, der schlimmer wurde, als er mit seiner Frau nach New Mexiko gezogen war.

"Es ist so schön dich wieder zu sehen!", strahlte sie und ließ ihn nur widerwillig los.

"Ich hab das von Andy erfahren, es tut mir wirklich leid", sagte er mitfühlend.

"Danke", murmelte sie knapp.

"Wie geht's Tía Rose?", erkundigte er sich und blickte zum Haus.

"Sie spinnt noch mehr als sonst", meinte Josie und folgte seinem Blick, "Aber es ist fast unheimlich"

"Unheimlich?", wiederholte Greg stutzig.

"Irgendwas stimmt mit ihr nicht, aber ich kann nicht sagen ob es einfach nur daran liegt, dass Onkel Bill tot ist oder-"

"Oder was?", bohrte er nach.

"Ach nichts", wehrte Josie ab und nahm seine Hand, an der sie ihn mit sich zog, "Du kommst gerade rechtzeitig zum Essen"

Angewidert verzog er das Gesicht, er wusste schon, was ihn erwarten würde.

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