13 | Die Mumie kehrt zurück

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Sams Blick fiel sofort auf die Waldgrenze, aber von den Lichtern fehlte weit und breit jede Spur. Kurz fragte er sich, ob er es sich vielleicht doch eingebildet hatte, aber ein unheimliches Röcheln lieferte ihm den Beweis. Er fuhr herum und zückte seine Waffe. Vor ihm stand eine lebendige Mumie, deren Augen unterhalb der zerfransten Bandagen grün hervorleuchteten. Sofort dachte er an die Deko-Mumie in der Rezeption und wollte schon drauf schießen, jedoch waren die anderen Mörder alle Menschen, die nur in dem Bann einer Hexe standen.

"DEAN!", brüllte er und trat jedes Mal einen Schritt zurück, wenn der Untote einen nach vorne machte.

Es dauerte ein paar quälend lange Sekunden, bis Dean die Tür aufmachte und den Kopf heraus steckte. Auch er hatte seine Pistole bereits in der Hand und hielt schützend die neugierige Josie hinter sich.

"Sieh nach, ob hier irgendwo Hexenbeutel sind!", wies er seine Freundin an, die wortlos gehorchte und hastig das Zimmer absuchte.

Der Winchester lenkte die Aufmerksamkeit auf sich und mit einem heiseren Kreischen taumelte die Mumie auf ihn zu.

"Komm mein Hübscher, es wird Zeit für einen Bandagenwechsel", sprach Dean und steckte die Waffe weg, bevor er mit ein paar gekonnten Bewegungen die vermeintliche Mumie in den Polizeigriff nahm.

Sam eilte zu ihm und riss dem Monster die Maske vom Gesicht, darunter verbarg sich ein pickeliger Teenager, der leicht verwirrt wirkte.

"Ich hab sie!", sagte Josie zeitgleich und warf die Knochen und Kräuter aus dem Beutel auf den Schotterparkplatz.

Während die drei Jäger noch mit dem Jungen beschäftigt waren, bemerkte Josie aus den Augenwinkeln, wie sich jemand davon stahl.

"Sie ist die Hexe!", meinte die Brünette und deutete auf die Blondine.

Die Rezeptionistin stieg in den alten Ford, der direkt vor dem Eingang parkte und legte hektisch den Rückwärtsgang ein. Auf dem Kiesboden hatten ihre Reifen keinen Halt und es dauerte, bis sie es schaffte zu wenden und mit Vollgas auf die Hauptstraße zu biegen. Sam versuchte verzweifelt, ihr hinterher zu schießen, aber er traf meistens nur die Karosserie. Indessen hatte sich Dean seine Schlüssel geschnappt und war zum Impala gestürmt. Auch er hatte in der Eile Probleme den Wagen auf dem Schotter zu wenden und weg zu kommen. 

Die Hexe hatte zwar einen guten Vorsprung, aber sie kam nach ein paar Metern nicht mehr weiter. Sam musste tatsächlich den Reifen erwischt haben, der nun zu einem Platten geworden war. Die Frau fuhr den Ford einfach an den Straßenrand und sprang förmlich aus dem Auto, um zu Fuß zu fliehen. Sie rannte geradewegs auf die Brücke zu, die vor ihr lag. Ihr Plan war es, in den darunter liegenden Fluss zu springen und sich ein paar hundert Meter flussabwärts ans Ufer treiben zu lassen. Von da aus hätten die Jäger keine Chance, sie je wieder zu finden. 

Aber so weit kam sie gar nicht. Dean hatte ihre Silhouette erkannt und hielt geradewegs darauf zu. Kurz bevor er die Hexe erreichte, schloss er die Augen, ohne den Fuß vom Pedal zu nehmen. Er hörte den dumpfen Aufschlag und das Rumpeln, als sie auf der Motorhaube aufklatschte. Dean wollte seine Lider am liebsten geschlossen halten, aber mit 80 km/h blind eine dunkle Straße entlang zu brettern, war nicht die klügste Idee. Vorsichtig lugte er mit einem Auge durch die blutverschmierte Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer zogen rote Schlieren und hatten Mühe, die Fleischreste wegzuwischen. Schlitternd hielt er den Wagen an und blickte durch den Rückspiegel. Im Dunkeln war kaum etwas zu erkennen, aber das Mondlicht war gerade ausreichend, um ihm das grausige Schlachtfeld zu offenbaren, welches er gerade verursacht hatte.

"Ich hasse Hexen", murmelte er und blickte wieder nach vorne, wo er die Delle in der Motorhaube schon erkennen konnte.

Er wollte lieber gar nicht aussteigen, um zu sehen, wie schlimm es vorne an der Stoßstange war. Allerdings hatte er dafür ohnehin keine Zeit, er musste zusehen, dass er die Einzelteile der Hexe schnellstmöglich einsammelte und sich vom Acker machte. Der aufziehende Regen sollte den Rest erledigen. Dann hätten die Jäger aber schon längst den Bundesstaat verlassen. Viel war von der Magierin nicht mehr übrig, die nicht identifizierbaren Fleischklumpen ließ er liegen, die würden sich die Tiere holen und der Rest füllte die grüne Kühlbox bis oben voll. Würgend schloss er den Deckel und stellte sie in den hinteren Fußraum, so musste er sie wenigstens vorübergehend nicht mehr sehen, während er die anderen beiden Jäger einsammelte. Josie nahm zwischen den Brüdern auf dem Vordersitz Platz, denn der Anblick der verschmierten Kiste und das Wissen, was sich darin befand, verursachte auch bei ihr Brechreiz.

"Ich hab in den letzten Monaten wirklich sehr viel gesehen, aber das hier toppt mal wieder alles", nuschelte sie angewidert.

"Ist auch für uns neu", erwiderte Sam und blickte kurz hinter sich.

Auch er wollte den Inhalt so schnell es ging loswerden. Sobald sie wieder beim Bunker angekommen wären, würden sie die Überreste verbrennen und die Box erst einmal einer Hochdruckwäsche unterziehen. Josie nahm sich zudem noch vor, sie zu desinfizieren, nicht dass sie beim nächsten Picknick irgendeinen Hexenvirus davon tragen würde.

Die Sonne ließ ihre ersten Strahlen hinter dem Horizont hervorblitzen, als das Trio am Bunker ankam, gerade rechtzeitig, bevor jemand das Blut und die verbeulte Front sehen würde. Der Regen hatte auf halber Strecke eingesetzt und wusch zumindest das Gröbste weg. Aber mit Sicherheit würde Dean beim Zerlegen der Schürze noch ein paar unappetitliche Fetzen finden.

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