Ein letztes Mal blickte er zu Josie zurück und schloss die Tür hinter sich. Instinktiv hielt sich die Brünette die blutende Wunde zu und kroch auf Knien zu dem Dolch. Ihre zittrigen Finger tasteten nach dem Metall und stellten fest, dass es nur eine verchromte Klinge war. Schluchzend sank sie auf den kalten Boden, wo sie einige Zeit liegen blieb.
"Josie", drang Sams Stimme durch die Tür, aber die Vampirin schaffte es nicht zu antworten.
Ruckartig öffnete der Langhaarige die Tür und erblickte Josie in einer Blutlache, aber sie lebte.
"Dean sagte, er hat dich getötet, weil du es so wolltest", teilte Sam mit und wickelte eilig die Frau in ein Handtuch ein.
"Geh weg, Sam, ich könnte dich beißen", krächzte sie, als er versuchte, sie hochzuheben.
"Du kannst vielleicht Dean dazu bringen, dich gehen zu lassen, aber Benny und ich werden es nicht tun", wehrte der Winchester ab und trug sie in ihr Zimmer.
"Ich hole ein paar Blutbeutel aus dem Kofferraum", schlug Benny vor und tastete sich nach seinen Autoschlüsseln ab.
"Die Zeit haben wir nicht mehr", stellte Sam klar, der fürchtete, Josie könnte ausbluten.
Er griff nach dem Bilderrahmen auf ihrem Nachttisch und warf ihn auf den Boden. Das Glas über dem Foto von ihr und Dean zerbrach. Schnell hob er eine Scherbe auf und ritzte sich in den Unterarm. Sofort stieg Josie der Geruch in die Nase und ohne zu zögern rammte sie Sam ihre Zähne ins Fleisch. Wie ein gieriges Raubtier, sog sie das Blut heraus. Seine unverletzte Hand drückte er auf ihre Wunde, die sich langsam von selbst heilte. Erstaunt stoppte Benny im Türrahmen, als er Sams bereitwilligen Einsatz sah und hielt ihm zwei Blutkonserven hin.
"Man, ich hoffe Dean weiß zu schätzen, was du für ihn tust. Ich glaub niemand außer dir würde sich so opfern", sprach Benny respektvoll.
"Hier geht es nicht um Dean, ich tue das für Josie, ich schulde es ihr. Ohne sie wäre mein Bruder längst tot", entgegnete Sam kühl und versuchte, Josie seinen Arm wieder zu entreißen.
"Apropos er wäre tot, wo ist er hin?", erkundigte sich Benny.
Dean hatte sich eines der Motorräder genommen und war damit unbemerkt weggefahren. Er sah seine Chance, einen Unfall damit nicht zu überleben größer, als mit dem Impala. Aber zum Glück wachte ein himmlisches Wesen auf den leichtsinnigen Jäger. Er bretterte den Highway entlang und sah in der Ferne die Silhouette einer Person mitten auf der Straße stehen. Allmählich bremste er ab und kam vor dem Mann im Trenchcoat zum Stehen.
"Lass mich raten, Sam hat dich geschickt", pflaumte Dean, während der Motor der Maschine noch weiter brummte.
"Nein, ich habe gespürt, dass du Kummer hast und meine Brüder warnten mich, dass du außer dir bist und achtlos dein Leben aufs Spiel setzt"
"Und wenn schon", murrte Dean genervt.
"Es muss schmerzlich sein, die Liebe und den Glauben zu verlieren, aber Dean, glaub mir, es wird besser werden", tröstete Cas seinen Schützling und legte sachte eine Hand auf dessen Schulter.
"Achja? Und woher willst ausgerechnet du das wissen? Du bist nur ein scheiß Engel, du hast keine Ahnung, du warst ja noch nie verliebt"
"Möglicherweise war ich das noch nie, aber ich kenne das Gefühl von Liebe und ich weiß, wie es ist eine geliebte Person zu verlieren, auch mir wurden bereits nahestehende genommen"
Erstaunt sah Dean in die blauen Augen, die so aufrichtig wirkten.
"Ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll, sie wollte, dass ich sie gehen lasse und das habe ich"
"Etwas oder jemanden gehen zu lassen ermöglicht, aber auch die Chance, dass er oder sie eines Tages zurück kommt", meinte Cas ruhig, "Aber Josie hat diese Option nicht, wenn du es bist, der für immer geht"
Einsichtig schloss Dean die Augen und schluckte den Kloß hinunter.
"Wieso kann ich nicht einmal im Leben Glück haben?", seufzte er.
"Das wirst du eines Tages, Dean. Ich weiß es", lächelte Castiel aufmunternd.
"Woher? Kennst du etwa den Propheten? Ich würde demjenigen nämlich gerne mal meine Faust vorstellen"
"Ich weiß zwar über die Propheten des Herrn Bescheid, aber ich kann dir dahingehend nicht weiterhelfen, tut mir leid. Aber-"
"Cas, komm mir jetzt nicht mit 'Gottes Plan'!", maulte Dean erbost.
Stumm senkte der Engel den Kopf und blinzelte mit treuen blauen Augen den Winchester an.
"Ich sollte wohl nach Hause fahren, Sam macht sich sicher Sorgen", murmelte der Jäger vor sich hin und Castiel nickte zustimmend.
Als Dean in den Bunker zurückkehrte, war Sam gerade dabei die Blutspuren zu beseitigen. Josie hatte ihre Sachen gepackt und war mit Benny gegangen.
"Hallo", begrüßte Dean seinen Bruder knapp.
Dieser stürmte sofort auf den älteren zu und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht, ehe er ihn zu Boden riss und weiter den Frust aus ihm herausprügelte.
"Sam!", schrie Dean unter ihm und versuchte Sam davon abzuhalten, ihn zu erwürgen.
Einen Schlag nach dem anderen steckte Dean ein und hörte auf, sich zu wehren. Er ließ es einfach über sich ergehen. Mit gefletschten Zähnen kniete Sam auf ihm und hob die Faust für einen weiteren Hieb. Seine Brust hob und senkte sich vor Anstrengung, während Dean nur flach atmete und das Blut in seinem Mund hervorhustete. Mit flatternden Lidern schaute Dean auf, er erwartete weitere Schläge, aber Sam schien fertig zu sein, denn er senkte langsam seinen Arm und lockerte den Griff um Deans Kragen.
"Wie konntest du das tun?", kam es Sam verzweifelt über die Lippen, "Sie gehört zur Familie! Seit wann geben wir die auf?"
"Sie wollte gehen", murmelte Dean mit schmerzendem Gesicht.
"Und? Wie oft wollte ich abhauen und du hast mich jedes Mal davon abgehalten"
"Genau deswegen! Ich wollte einmal nicht egoistisch sein, aus Angst alleine zu sein"
Ungläubig blickte der jüngere auf seinen Bruder hinab und kroch von ihm runter. Mühsam rappelte sich Dean hoch und lehnte sich gegen die Wand, ebenso wie Sam. Schweigend saßen sie nebeneinander und brauchten den Moment, um zu realisieren, dass Josie gegangen war. Während Dean seine große Liebe ziehen ließ, musste Sam einsehen, dass er unschuldig dazu kam, die Jägerin nie wieder sehen zu können. Sie war auch ihm ans Herz gewachsen und er liebte sie wie seine Schwester. Aber diese brach mit der Familie.
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2 》Grund zum Leben - Zwischen Leben und Tod《
Paranormalder zweite Teil rund um das "Liebesspiel" zwischen Josie und Dean. Es erwarten die Jäger neue Fälle, neue Freunde und viel Chaos, aber es gibt immer einen Grund um weiter zu machen, nämlich den Grund zum Leben! dieses Buch knüpft an den ersten Teil...