Am nächsten Morgen packte Josie ihre Tasche für die Operation. Sie musste sich eingestehen, dass sie Angst davor hatte. Denn bisher hatte sie einfach geleugnet, dass ihr Baby tot war. Natürlich spürte sie was passiert war, aber die Brünette hatte sich eingeredet, dass alles in Ordnung war, da sie sich vor den Konsequenzen fürchtete. Und vor allem was Dean dazu sagen würde. Die halbe Nacht konnte sie nicht schlafen und als er nicht zu ihr ins Bett kam, machte sie erst recht kein Auge zu.
"Bist du soweit?", fragte Deans vertraute Stimme.
Erschrocken fuhr sie herum und blickte in sein Gesicht, das zur Tür herein lugte.
"Wofür?", erwiderte sie verwirrt.
"Um dich ins Krankenhaus zu fahren, hast du das etwa vergessen?"
"Nein, natürlich nicht", stammelte sie und schaute ihn verwirrt an, "Du willst mich fahren?"
"Denkst du wirklich, ich lasse dich alleine hinfahren? Selbstverständlich fahre ich dich hin, außerdem wirst du wohl kaum nach der OP im Stande sein nach Hause zu fahren, also müsste ich dich sowieso abholen, weil Sam nicht hier ist"
Aufgewühlt stand sie vor ihm und knüllte ein T-Shirt in ihren Händen.
"Ich hab's nicht so gemeint, wie ich es gestern gesagt hab", murmelte sie mit gesenktem Kopf und bebenden Lippen.
"Schon gut, es war ein harter Tag gestern, wir waren beide nicht gut drauf", beruhigte er sie und kam auf sie zu.
"Nein Dean, ich war einfach nur ein Miststück du hast rein gar nichts getan", wehrte sie ab und sah in seine Augen, "Ich hab dir die ganze Last übertragen, dabei war ich es, die alles verbockt hat"
"Du hast gar nichts verbockt, du warst so sehr damit beschäftigt es mir recht zu machen, dass du dich selbst ganz vergessen hast"
Tröstlich strich er über ihre Wange und küsste ihre Schläfe, "Ich weiß wie es ist, wenn das Fass überläuft, also mach dir keine Sorgen, ich bin nicht mehr wütend"
"Aber ich hab unser Baby verloren", schluchzte sie und schlang fest ihre Arme um ihn.
"Das ist aber nicht deine Schuld, du hast doch die Ärztin gehört, so etwas passiert häufig. Beim nächsten Mal klappt es vielleicht und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, denn weißt du was? Wir haben alle Zeit der Welt und wenn wir beide dafür bereit sind, dann wird es klappen!"
"Du hast mit Cas geredet, stimmt's?", krächzte sie und lachte kurz auf, "Das klingt so gar nicht nach dir"
"Hey, willst du damit sagen, ich könnte dich nicht trösten?", meckerte er, aber aus Spaß.
"Doch das kannst du", gestand sie und schloss die Augen, "Besser als jeder andere auf der Welt, abgesehen von Sam"
"Autsch", gab er getroffen von sich und Josie lachte erneut auf.
Einen Moment lang standen sie einfach nur da und hielten sich im Arm, bis Josie mit geröteten Augen zu ihm aufsah.
"Wirst du da sein, wenn ich aufwache?", wollte sie wissen.
"Klar, ich lass dich schon nicht alleine", versicherte er ihr und setzte an ihre Stirn zu küssen, aber sie reckte sich und schlang ihre Arme, so fest sie konnte, um seinen Hals.
"Ich hab Angst", säuselte sie, nachdem sie ihre Lippen von seinen gelöst hatte.
"Ich auch"
"Der große Dean Winchester hat Angst um ein Mädchen?"
"Nein der große Dean Winchester hat Angst um sein Mädchen", korrigierte er schmunzelnd, "Sofern sie das noch ist"
"Warum sollte ich das nicht mehr sein?"
"Ach schon gut", wehrte er ab und ließ sie los, da sie sich langsam auf den Weg machen sollten.
"Nichts da, wir müssen anfangen ehrlich zu sein, du siehst ja, wo es uns hinführt!"
"Ich will mir diesen Streit gern für später aufheben, denn dann hast du einen Grund um aufzuwachen"
Skeptisch kniff sie die Augen zusammen und überlegte. Aber er hatte wahrscheinlich recht, es war besser, sie würden das später ausdiskutieren und nicht vor der OP.
Im Krankenhaus wurde Josie schon auf ihren Routineeingriff vorbereitet. Ihre zitternde Hand wollte Dean nicht loslassen, aber er durfte nicht in den Operationssaal.
"Wir sehen uns später zum Streiten wieder, okay Kleine?"
Sie nickte und vor Aufregung kullerte eine Träne aus ihrem Augenwinkel.
"Ich liebe dich Dean", hauchte sie und zog ihn für einen Kuss an sich.
"Ich dich auch und jetzt hör auf zu weinen, es wird alles gut gehen. Ich warte hier und in nicht mal einer halben Stunde sehen wir uns wieder"
"Und dann mache ich dir die Hölle heiß", grinste sie und atmete tief durch.
"Oh ja, das wirst du", lächelte er und gab ihr zum Abschied noch einen liebevollen Kuss.
Sobald Josie und die Ärzte hinter der Tür verschwunden waren, zeigte sich auch bei Dean die Anspannung, er wollte ihr nur Mut zusprechen, aber jetzt saß er selbst auf Nadeln. Während er wartete, schlenderte er durch die Gynäkologie Station und betrachtete die Pinnwand der Geburtenstation. Überall hingen Fotos von den frisch Geborenen mit ihren erschöpften Müttern. Hier und da klemmte eine Zeichnung, die ein Geschwisterchen gemalt hatte. Eine davon stach Dean ins Auge. Man erkannte kaum etwas, aber in krakeliger Schrift stand ein riesiges 'EMMA' auf dem Bild und am Rand hatte jemand etwas hingeschrieben. Hallo Emma, dein großer Bruder Ben freut sich schon dich kennen zu lernen und mit dir spielen zu können. Dean erinnerte sich, dass er bei einen der Umzüge auch so ein Bild gefunden hatte, welches er für Sammy gemalt hatte. Die Krankenschwester, die währenddessen auf ihn aufgepasst hatte, schrieb auch so etwas auf sein Bild. Leicht wehmütig schaute er sich eine Weile lang die winzigen Menschen an, bis eine Schwester zu ihm kam.
"Mister Winchester?"
"Ja?", antwortete er und drehte sich erwartungsvoll um.
"Miss Hernandez wird gerade ins Aufwachzimmer gebracht, es ist alles wunderbar verlaufen, aber sie wird noch zur Beobachtung ein paar Stunden hier behalten"
"Kann ich zu ihr?"
"Aber natürlich", lächelte die Schwester warmherzig und brachte ihn zu dem Zimmer.
Josie schlief noch, das Mittel wirkte noch nicht, aber ihre Lider zuckten, als würde sie friedlich träumen. Sanft strich er ihr über die Haare und griff mit der anderen nach ihrer Hand.
"Ich bin hier, Kleine", flüsterte er ihr zu, "Wie versprochen bin ich hier bei dir"
Sie zog die Stirn kraus und blinzelte angestrengt.
"Hi", begrüßte er sie lächelnd, "Gut geschlafen?"
Benommen sah sie sich um und versuchte die Stimme zuzuordnen.
"Dean", hauchte sie müde und schloss beruhigt ihre Augen.
"Du hast es geschafft, es ist alles gut gegangen", erklärte er ihr und beugte sich für einen Kuss über sie.
"Ich hab Hunger", murmelte sie in ihrem Delirium und Dean lachte.
"Werd erstmal wach und ich versprech' dir, ich koche dir heute Abend was du willst"
"Ich will Enchiladas"
"Okay, vielleicht hole ich doch einfach etwas bei einem Restaurant"
Schmunzelnd nickte sie und breitete schwach ihre Arme aus. Sie wollte ihn einfach nur nahe bei sich haben und die einsame Nacht ohne Kuscheleinheiten nachholen.
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2 》Grund zum Leben - Zwischen Leben und Tod《
Paranormalder zweite Teil rund um das "Liebesspiel" zwischen Josie und Dean. Es erwarten die Jäger neue Fälle, neue Freunde und viel Chaos, aber es gibt immer einen Grund um weiter zu machen, nämlich den Grund zum Leben! dieses Buch knüpft an den ersten Teil...