Kapitel 3- mein achtzehnter Geburtstag:

78 11 2
                                    

~Gegenwart~

Abigail:

Heute ist der 15.02. also der Tag, vordem es mir seit Jahren graut, nähmlich mein achtzehnter Geburtstag, der Tag meiner Zwangshochzeit. Ich liege noch zusammengerollt in meinem staubigen Bett, als ich draußen laute Schritte höre, die Tür öffnet sich und die einzigste Person, die ich in den letzten 16 Jahren gesehen habe erscheint. In der Hand des kaltblütigen Entführers sehe ich einige Kleider für den heutigen Anlass, ich stehe langsam auf, um die Kleider genau betrachten zu können. Doch als ich den feinen Stoff anfassen will, durchfährt mich ein Art Stromschlag und eine Idee nimmt in meinem Kopf langsam Gestalt an, wie wäre es, wenn ich meinen Herzenswunsch endlich verwirkliche, sozusagen ein Hochzeitsgeschenk an mich selbst, nur ohne Hochzeit. Mein Gedankenfluss wird allerdings schnell beendet, als ich eine heftige Ohrfeige auf meiner linken Wange spüre. Das muss ein Ende haben, das lasse ich mir nicht mehr länger bieten, denke ich, bevor ich aufschaue.

Mittlerweile bin ich schon fast so groß wie mein Gegenüber, sodass die Chance auf ein Entkommen größer ist als vor knapp sechs Jahren an meinem zwölften Geburtstag oder vor zwei Jahren an meinem sechzehnten, seitdem ich noch knapp zwanzig Zentimeter gewachsen bin. Ich gebe es zu, ich bin nicht sonderlich schnell gewachsen, doch in den letzten zwei Jahren bin ich nur so in die Höhe geschossen, was ich natürlich nur mit Freude annahm. Ich strecke erneut meine Hand aus und fahre an den weichen Stoffen entlang doch dann sehe ich eine wunderschöne weiße Hose, ein passendes Spitzentop und eine weiße Jacke. Ich schnappe mir das Outfit und drehe mich um, um die Kleidung auf mein Bett zuwerfen und anzufangen mich umzuziehen, dass mein Entführer hinter mir steht bin ich mittlerweile gewohnt, da er mir immer öffter zuschaut, wenn ich ich mich fast komplett entkleide nur um wieder etwas anderes anzuziehen. Ich streife mein T-shirt ab, sodass ich nur noch im BH dastehe, doch bevor ich das Top mit Ausschnitt anziehen kann, spüre ich den kalten Atem des jungen Mannes und seine Arme, die mich von hinten umarmen. Ich denke an meine Vorsätze und schüttele ihn unsanft ab, was mir wiederrum eine weiter Ohrfeige einbringt, ich fasse mir an meine brennende Wange, während er mit tiefer unangenehmer Stimme sagt:" Heute Abend wirst du noch viel mehr ertragen müssen, aber wofür bist du auch sonst da? Außerdem hat dein Vater seine Zustimmung gegeben, dass du mein Eigentum wirst und meine Ehefrau."

Mein Vater? Von dem habe ich auch schon länger nichts mehr gehört, das letzte mal vielleicht bei meinem Geburtstag vor einem Jahr, als mir mein Kidnapper mir ein paar unschöne Sachen über ihn erzählt hat, doch sicher bin ich mir nicht mehr. Ich sitze nun schon seit einer halben Ewigkeit in diesem Drecksloch, sodass ich langsam den Überblick verliehre, da es immer das selbe ist, dieselben Tagesabläufe und das selbe Essen, das es nun schon seit meinem fünften Geburtstag gibt- Pizza, im Grunde ja echt lecker, nur dass es mir mittlerweile zum Hals raushängt.

Ich ziehe mir schnell mein Outfit an und betrachte mich im Spiegel, mir blickt ein ausgemergeltes blasses ich entgegen, doch das werde ich heute ändern, so wahr ich Abigail Brown heiße. Mit der Hose steht die Chance besser zu fliehen, als mit einem Kleid, was uch ein entscheidender Grund für die Auswahl dieser Kleidung war, mal abgesehen von der Schönheit natürlich. Als ich mich wieder umdrehe ist mein Entführer nicht mehr hier, weswegen ich mich auf mein Bett setze und mir meinen Fluchtplan überlege. Von meinen Klobesuchen und Unterrichtsstunden wusste ich, dass man von meinem Zimmer aus nur geradeaus und dann rechts musste, ehe man vor einer mehrfach verschlossenen Tür stand, wie ich nach draußen kommen würde war zwar eine andere Frage, aber so weiß ich zumindest wohin ich überhaupt muss um diesem Gefängnis zu entkommen. Ich nahm mir einen Stift und einvergilbtes Stück Papier und schrieb:

1. Die Schlüssel für die Schlösser klauen

2. Zur Tür gelangen

3. Die Tür ungesehen aufschliesen

4. Entkommen

5. Wegrennen und nie wieder zurückkehren

Tja, so einfach das jetzt auch klingen mag, die Umsetzung war ein weiteres Problem. Ich wurde aus meinen Grübeleien gerissen, indem die Tür aufschwang und ich den Zettel schnell in meinem Ausschnitt verschwinden ließ. Der Mann packte mich an meinem Handgelenk, sodass ich vor Schmerzen leise aufstöhnte, ehe er mich aus meinem Zimmer schleift. Ich falle einmal hin werde jedoch sofort wieder hochgezogen und weiter mit gerissen, ich werde in einen großen raum gebracht, der festlich Geschmückt ist und an dessem Ende ein kleiner Altar aufgebaut ist, hinter dem ein alter Mann steht. Ich schaue mich um und erkenne meinen zukünftigen Ehemann an seiner Statur, ich gehe schnellen Schrittes auf ihn zu und lehne mich an ihn. Okay, Schritt eins kann beginnen denke ich mir und lege mich richtig ins Zeug, ich lege meine linke Hand auf seinen Arsch, nur um mit der anderen in seine Hosentasche zugreifen und einen kleinen Schlüsselbund hervorzuziehen und ihn in meine Jackentasche gleiten zulassen.

Schritt 1- erledigt!

Nun zu Schritt zwei, der würde allerdings um einiges schwieriger werden. Ich hielt mir meinen Mund zu und tat so als würde ich mich gleich übergeben müssen und fragte:" Kann ich noch kurz auf die Toilette gehen? Ich glaube, ich muss spucken!" Als ich diese Worte gesagt hatte dachte ich an die letzten Jahre und würgte Galle hoch, welche ich 'ausversehen' auf den Boden vor dem jungen Mann spuckte, er erlaubte es mir und antwortete nur mit den Worten "Du weißt ja, wo du hin musst." Ich nickte und spurtete aus dem Raum direkt auf die Tür zur Freiheit zu, welche zum Glück nicht vom Altarraum ersichtlich war. Okay, lets go, sagte ich zu mir selbst.

Vor der Tür blieb ich stehen und drehte mich nochmal in alle Richtungen um, ob mich jemand beobachtete, als ich niemand sah, steckte ich den Schlüssel das erste Schloss und drehte ihn rum, danach in das zweite und das dritte, beim vierten hörte ich Schritte und jemanden, der meinen Namen rief. Ich bekam Schweißausbrüche und wollte mir gar nicht vorstellen, was man mit mir machen würde, wenn ich es nicht raus schaffe. Doch zum Glück machte es Klick und die Tür schwang auf, als ich in das helle Tageslicht schaute musste ich kurz blinseln, begann aber los zurennen, als ich die Stimme hörte, die nun nicht mehr weit entfernt war. Ich laufe so schnell ich  kann aus dem Gebäude und hörte aber schon bald Schritte hinter mir, weswegen ich noch mal beschleunigte, das Training zahlte sich aus, ich rannte und rannte, bis ich niemanden mehr sah, der mich verfolgen könnte. Okay, Schritt 3 und 4 geschafft dachte ich mir, blieb stehen und sah mich erstmal um, ich befand mich auf einem alten Industriegelände, dass verlassen dalag und nicht wirklich vertrauenserweckend wirkt. Doch mit solchen Gegenden hatte ich ja in den letzten Jahren Bekanntschaft gemacht. Also joggte ich wieder los und lief auf einen kleinen Wald zu, der am Rande des Geländes lag.



My first steps in freedomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt