Kapitel 4- die Flucht:

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Als ich das kleine Wäldchen erreichte, wurde ich langsamer, sodass ich schließlich nur noch ging. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und ließ meinen Blick wieder schweifen, um mich herum gab es nichts als Bäume, Sträucher und Büsche, naja vielleicht auch ab und zu ein paar kleine Felsen. Dabei hatte das Gelände von draußen gar nicht so groß ausgesehen, doch wenn man mal mittendrin stand, dann war es überweltigend, zumindestens für mich, da ich soetwas ja noch nie in Natura gesehen hatte. Ich ging weiter, denn stehen bleiben konnte ich nicht, da meine Angst gefunden und wieder eingesperrt zu werden einfach zu groß war.

Die Dämmerung legte sich über das Wäldchen und ließ die Bäume wie gruselige Riesen aussehen, die ihre Arme und Finger nach einem ausstrecken. Brrr, ich begann zu frieren, da die Temperatur um einige Grade gesunken war. Da ich müde von dem ganzen Tag war, blieb ich stehen und lehnte mich an einen Baum, ich ließ mich an dessen Stamm herunter gleiten bis ich mit eng angezogenen Beinen dasaß und schloss die Augen.

~ 8 Stunden später ~

Ich hatte lange geschlafen, das wusste ich, als ich geweckt von einem Räuspern stöhnend ein Auge aufschlug. Die Sonne schien warm auf mich herab und wärmte meine kalten Muskeln. Ich fühlte mich zum ersten mal in meinem Leben wirklich erholt und freute mich auf den ersten Morgen in Freiheit.

Als ich jedoch mein zweites Auge auf machte, schrie ich erschrocken auf und rappelte mich, so schnell es meine eingeschlafenen Beine zuließen, auf, denn vor mir stand der Grund, warum ich frühzeitig aufgewacht war. Ein großer dicker Mann, der mit kleinen grauen Augen auf mich herabschaute. In seiner Hand hielt er ein großen Gewehr, dessen Mündung zwar auf den Himmel gerichtet war, welches mir aber trotzdem große Angst einjagte. Ich sprang fluchtartig zur Seite und spornte mich selber an, als ich mit großen Schritten davon hechtete und mir wieder eine Menge Adrenalin durch den Körper gepumpt wurde. Wie sich ein Leben ohne Adrenalin anfühlte konnte ich mir im Leben nicht vorstellen, denn bei mir war es sozusagen Dauergast in meinem Körper. 

"Warte mal, ich tu dir doch nichts." , hörte ich ihn noch schreien, doch ich war schon zu weit weg, um irgendwas zu erwidern.

Was war mit meinem Leben los? Was hatte ich falsch gemacht, um das zu verdienen?

Ich rannte, wie schon am Tag zuvor, so schnell ich konnte, als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter mir her. Zu meinem Erstaunen erreichte ich nach einer Weile den Waldrand, ein Stück weiter erkannte ich einen kleinen Unterstand auf den ich nun im Stechschritt zu maschierte, dort angekommen setzte ich mich auf die kleine Bank und starrte auf ein paar Plakate, die zerfleddert an den Wänden hingen. Nach einiger Zeit sah ich einen kleinen Bus auf mich zukommen, er hielt vor mir an und die Türen öffneten sich.

Ich stieg schnell hinten ein, mit dem Hintergedanken endlich aus diesem Albtraum rauszukommen. Der Busfahrer, ein netter älterer Mann, kam auf mich zu.

" Na, junges Fräulein, man muss eigentlich bezahlen, wenn man in einen öffentlichen Bus einsteigt."

"Oh, ich habe heute leider mein Geld vergessen."

"Wo musst du den hin?"

Ähmmmm, keine Ahnung, wo wollte ich eigentlich hin? Ich wusste ja nicht einmal wo ich gerade war. Der Mann schaute mich fragend an.

"Ähm, zum ..... Bahnhof?"

"Okay, dann bring aber nächstes mal das Geld mit!"

"Okay, vielen lieben Dank, Sir!"

Puh, Glück gehabt.

Ich ließ mich langsam auf einen der vorderen Plätze sinken und atmete ein paar mal ein und aus, nur um dann für ein paar Sekunden meine Augen zu schließen und mir die Sonne auf meine Nase scheinen zu lassen. Als ich sie wieder öffnete schaute ich verträumt aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft, die langsam an mir vorbei zog. Erst waren es nur Felder und Wälder, doch je länger ich in dem Bus saß, desto mehr Häuser waren zu sehen. Mit einem lauten Quitschen hielt der Busfahrer an und gab mir ein Zeichen, dass ich nun aussteigen musste. Ich bedankte mich noch einmal, ehe ich aus dem Fahrzeug trat und mich aufmerksam umschaute. Ich stand auf einem kleinen Platz, auf dessen einer Seite ein Bahngleis lag, davor war ein fast nicht mehr erkennbarer dicker weißer Strich hinter dem ein paar alte Bänke standen.

Ich ließ mich auf eine der Bänke nieder und überlegte was ich nun machen sollte, als ein kleiner Zug in den Bahnhof einfuhr und meine Aufmerksamkeit erregte. Ich sprang auf und lief auf die sich nun öffnenden Türen zu, als ich eintrat schlug mir stickige Luft entgegen, weswegen ich für einen Moment den Atem anhielt, bevor ich mich in den engen Gang stellte, der von einigen Menschen blockiert wurde. Ich stellte mich neben eine alte Frau, die mich von oben bis unten abscannte und mich danach in ein angeregtes Gespräch verwickelte. Als jedoch ein Schaffner unser Abteil betrat schaute ich mich fluchtartig um, doch wir waren mitten im Nirgendwo, wenn ich jetzt ausstieg, hätte ich nichts gewonnen, da ich mich gnadenlos verlaufen würde. Also blieb ich ruhig stehen und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, dass ich kein Ticket hatte. Der Ticketkontrolleur blieb bei uns stehen und fragte nach unseren Fahrscheinen, die alte Frau hatte meine Sorgen anscheinend erraten, denn sie zeigte ihren vor und sagte mit zuckersüßer Stimme:

"Meine Enkelin hier und ich wollen in die nächste Großstadt, ich hab dieses Ticket für uns beide gekauft, reicht das?"

"Nein, Miss. Das ist ein Einzelticket, sie bräuchten entweder zwei oder einen Familienfahrschein."

"Oh, das wusste ich nicht."

"Wollen sie ein weiteres lösen?"

"Das ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber ich habe nicht genügend Geld mehr dabei."

"Wie alt ist den die junge Dame?"

"Meine Enkelin wurde diesen Monat siebzehn."

"Nagut, dann kaufen sie eine Kinderkarte, die kosten nur halb so viel."

"Vielen Dank!"

Die alte Dame kramte ihren Geldbeutel aus ihrer Handtasche und gab dem Mann das nötige Geld. Als dieser gegangen war, bedankte ich mich stürmisch bei meiner Lebensretterin und nahm sie kurz in den Arm. Als ich aus den verschmierten Fensterscheiben schaute konnte ich große Häuser, Wohnblocks und Hochhäuser sehen, die in den Himmel ragten, okay das war mal cool, hier bestand die Chance nicht gefunden zu werden. Der Zug hielt ruckelnd an und die Türen öffneten sich, ich verabschiedete mich von der älteren Frau und trat auf den überfüllten Bahnsteig.

Das richtige Leben konnte beginnen.


____________________________________________________________In welcher Großstadt in den USA soll die Geschichte spielen? Ideen und Verbesserungsvorschläge bitte unten in die Kommentare. Danke fürs lesen ;)



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