Kapitel 29:

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~ Abigails Sicht ~

Es wurde immer wärmer und ich hatte wirklich Lust auf eine kleine Abkühlung.

„Hey, Noah, lass uns schwimmen gehen!" , forderte ich den jungen Mann neben mir auf und stand sogleich auf meinen Beinen.

Erst machte er keine Anstalten meiner Aufforderung zu folgen, doch schon bald raffte er sich auf und tat es mir gleich. Ich zog meine Hotpants und mein Top aus und stand nun im Bikini da, während Noah sein Shirt und seine kurze Hose ebenfalls auszog, steckte ich mir noch meine langen Haare hoch, damit sie mich nicht störten, auch wenn sie wahrscheinlich gleich wieder unten hängen würden. Gemeinsam rannten wir ins Meer und nach ein paar Schritten im Wasser verlor ich auch schon das Gleichgewicht und knallte ins Wasser. Prustend tauchte ich wieder auf und sah einen laut lachenden Noah, der sich wie jedes Mal, wenn mir das passierte, fast totlachte. Gespielt entrüstet watete ich auf ihn zu und sprang auf seinen Rücken, da er nicht damit gerechnet hatte, kippte er um, nur dass ich auch mitumflog und wir beide laut lachen mussten.

Und so begannen wir zu versuchen den jeweils anderen zutauchen und möglichst nass zu machen, mir gelang es drei Mal Noah zu tauchen, dagegen wurde ich ungefähr acht Mal getaucht. Nach Atem ringend tauchte ich nach dem neunten Mal wieder auf und hatte wirklich das Gefühl verarscht worden zu sein, ich mein ja, er war größer und stärker als ich, doch er hatte mich dreimal so oft getaucht wie ich ihn. Als sich mein Atem wieder normalisiert hatte, begann ich ihn mit beiden Händen voll zu spritzen und verwickelte ihn in eine Wasserschlacht, wenn wir davor nicht schon komplett nass gewesen wären, wären wir es spätestens jetzt gewesen.


Schwer atmend hielten wir nach knappen zehn Minuten inne und plötzlich war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, es schien als wäre die Luft dicker und würde sich wie ein warmer Schal um dich legen. Ich stand direkt gegenüber von Noah und uns trennten keine fünf Zentimeter, ich schaute ihm in die Augen und biss mir auf die Unterlippe, seine Blicke verfolgten jede meiner Bewegungen und es fühlte sich so an, als würde er genau das spüren, was ich spürte. Das mag jetzt ein wenig komisch klingen, doch in diesem Moment schien nichts zwischen uns zu stehen und ich fühlte eine gewisse Anziehung die mich zu ihm hinzog. Unser Blickkontakt vertiefte sich und ich trat ein wenig näher an ihn heran, so als hätte ich den ausschlaggebenden Knopf gedrückt, schloss er den letzten Abstand zwischen uns, legte seine eine Hand an meinen Hinterkopf und die andere an meine Wange und zog mich zu sich. Bevor ich reagieren konnte, spürte ich, wie sich seine weichen Lippen auf die meinen legten und ich war für einen Moment berauscht von dem Gefühlschaos, das sich sogleich in mir breit machte. Ohne irgendwelche Vorkenntnisse begann ich den Kuss zu erwidern und vergrub meine Hände in seinem weichen, blonden Haar. Ganz sanft küsste er mich und hielt mich fest an sich gepresst, doch ich genoss es und das war das wichtigste. Hätte man mir vor ein paar Wochen gesagt, dass ich freiwillig jemanden küssen würde, hätte ich ihm wahrscheinlich einen Vogel gezeigt und ihm gesagt, er solle sich verpissen.

Vorsichtig löste sich Noah ein wenig von mir und atmete tief ein und aus, auch ich nutzte die Verschnaufpause, um wieder zu Atem zu kommen. Doch ich hatte den drang ihn wieder zu küssen, zwar kämpfte ich für ein paar Sekunden mit meinen inneren Dämonen, doch dann entschied ich mich es einfach zu tun. Sanft begann ich ihn wieder zu küssen, erst wirkte er erstaunt, doch dann erwiderte er diesen zaghaften Kuss und ich schloss verträumt die Augen. Es fühlte sich einfach so unglaublich gut an, dass ich es immer wieder tun würde, wenn ich könnte. Der Kuss vertiefte sich und Noah begann mit seiner Zunge um Einlass in meinem Mund zu bitten, erst zögerte ich, doch dann gewährte ich ihm ihn und er fing an mit meiner Zunge zuspielen und zu tanzen, es war als wäre es ein friedlicher Kampf um den Sieg, das Kommando zu geben. Natürlich gewann er den Kampf und grinste zufrieden in den Kuss, der dann auch schon bald endete, da uns beiden der Sauerstoff ausging. Ich blickte ihn an und sah seine geschwollenen Lippen, die ein wenig gerötet waren und sein Lächeln, das sich auf seinem Gesicht festgesetzt hatte. Seine Haare standen unordentlich von seinem Kopf ab, was sich aber schnell beheben ließ, noch dazu wäre es der Ausgleich dafür, dass er mir damals am Stand Wasser drauf geschüttet hatte, als ich schlafen wollte.

( Ich hab mir das alles in etwa so wie im Bild oben vorgestellt... )


~ Noahs Sicht ~

Nachdem ich mich von ihr gelöst hatte, sah sie mich ehrfürchtig an und hatte ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen, das sich vertiefte, als sie sah, dass ich auch grinste. Mein Blick wanderte von ihren roten geschwollenen Lippen zu ihrem Zopf, der mittlerweile keiner mehr war. Ohne Vorwarnung drückte sie mich mit aller Kraft nach unten und tauchte mich einmal unter, als ich wieder auftauchte grinste sie mir fies zu.

„Deine Haare standen nur in alle Richtungen, da musste ich einfach etwas dagegen unternehmen." , sagte sie dann auch noch ganz unschuldig und klimperte mit ihren langen Wimpern.

Mit solchen Blicken war ich noch nie klargekommen, vor allem bei ihr machte es mich aber weich. Und scheinbar hatte sie das auch schon kapiert, da sie es immer öfters anwendete und mir Entscheidungen abnahm, die ich eigentlich ganz anders getroffen hätte, hätte ich unter keinerlei Einfluss gestanden. Doch ändern konnte ich es ja eh nicht, also sollte ich wohl das Beste daraus machen und mich mit diesen Entscheidungen zufriedengeben.

Unser Kuss vorhin war eines dieser Dinge, die ich früher nie gemacht hatte ohne irgendeinen Hintergedanken oder weil ich es wollte, ich hatte noch nie jemanden wirklich von ganzen Herzen küssen wollen, doch dann kam Abigail und meine Welt hat sich so verändert, als hätte ein Wirbelsturm alles davongetragen, was nicht fest verankert war und so war es wahrscheinlich auch mit meinem Willen passiert, die Leere hatte echten Gefühlen platzgemacht und sie hatte ihn gefüllt.

Wir planschten noch eine Weile in dem warmen Wasser und stiegen dann aus dem Meer, trockneten uns grob ab und setzten uns auf das Liegehandtuch, wo wir uns trocknen ließen und einfach die Ruhe genossen. Die Ruhe vor dem Sturm.



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Und habt ihr den Kuss erwartet? Ich hoffe ihr wart jetzt nicht enttäuscht, dass es nur ein Kuss war, da ich ja angekündigt hatte, dass ich mir für diesen Teil etwas überlegt habe...  Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen und ihr seid schon gespannt, wie es weitergeht.

Was könnte wohl mit " Die Ruhe vor dem Sturm. " gemeint sein?

~ 1160

My first steps in freedomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt