Kapitel 56:

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~ Abigails Sicht ~

Okay, damit hatte ich echt nicht gerechnet, dass sie den Nagel auf den Kopf treffen würde, doch sie hatte es geschafft, denn nun fühlte ich mich wieder schlechter als davor. Die Vorwürfe an mich selbst entflammten erneut, nur dass es dieses Mal kein Feuer im Ofen war, sondern eher ein riesiger Waldbrand, der mich regelrecht einnahm. Der Hass übermannte mich und die Wut in meinen Adern stieg ins Unermessliche. Mein ganzer Körper spannte sich an, wie ein Bogen und meine Nerven lagen blank.

„Ich habe also ins Schwarze getroffen... Du bist echt eine dumme Bitch. Wieso hast du ihn umgebracht? Du hast Noah getötet und das nur, um dich an uns beiden zu rächen, da wir eine echte Bindung hatten! Du bist eine eiskalte Mörderin!" , schrie mich Janette an, die meine Reaktion anscheinend richtig gedeutet hatte.

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schrie meinen ganzen Frust raus.

„ICH HABE NOAH NICHT UMGEBRACHT! ES WAR EIN VERSEHEN! ICH LIEBE IHN DOCH!!! ..."

„MÖRDERIN! SCHEIß MÖRDERIN!!!" , unterbrach mich Janette in einer enormen Lautstärke, die ich wahrscheinlich nicht mal erreichen würde.

„Du sagst mir nicht, was ich bin. Denn du bist nun eh tot!" , knurrte ich, als ich meine Fassung wieder hatte.

Mit neuem Ehrgeiz unterdrückte ich meine Wut und packte den Revolver, der hinten in meinem Hosenbund steckte. Meine Knöchel traten weiß hervor und meine Lippen presste ich fest aufeinander, sodass ihnen kein Laut mehr entfliehen konnte. Ich schüttete alle Patronen, außer einer aus der Trommel und schaute zu Janette, die mich ängstlich musterte, denn anscheinend hatte sie jetzt endlich gemerkt, dass ich keine halben Dinge machte.

„So meine Liebe, wir spielen jetzt ein kleines Spiel. Du kennst wahrscheinlich Russisch Roulette, denn genau das meine ich. Lass uns also anfangen, oder hast du noch irgendwelche Abschlussworte?!?" , erinnerte ich sie an den eigentlichen Grund unseres Treffens.

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Ein Schuss ertönte, Blut spritzte in alle Richtungen, bespritzte mein Shirt und Janette sackte in sich zusammen. Die rote Flüssigkeit rann an der Schusswunde zwischen ihren Augen runter und der Aufprall ihres Körpers auf dem Boden erzeugte ein leises Rumpeln im Raum. Mit einem Nicken deutete ich dem Muskelmann, der noch immer mit unveränderter Miene vor der Tür stand, dass er alles wieder sauber machen und die Leiche entsorgen sollte.

Da ich eh schon hier unten im Kellertrakt des Gebäudes war, konnte ich gleich mal nach Luke schauen, dem ich schon länger keinen Besuch abgestattet hatte. Gesagt, getan.

„Na, lässt sich das Fräulein auch mal wieder blicken?!? Hast du mich nicht vermisst? Ich dachte ich bin dein Vater..." , sprach mich dieser an, als ich den Raum betreten hatte.

„Seit wann hast du wieder so eine große Klappe? Sonst hast du dir immer halb in die Hosen gemacht und jetzt... Was ist anders? Ist irgendwas passiert?" , fragte ich ihn und war sogleich wieder angepisst.

„Nichts, nur dass ich keine Lust habe, die Zeit, die mir noch bleibt eine Memme zu sein... Verständlich oder? Ich meine, du hast es ja auch irgendwann eingesehen, dass es keinen Sinn hat rumzuheulen, oder hat mir das dein leider verstorbener Verlobte falsch gesagt?!?", antwortete er mir frech.

Die Wut kochte wieder hoch und meine Augen wurden zu Schlitzen.

„Du wagst es über meine Vergangenheit zu urteilen? Ganz dünnes Eis, mein Freund, ganz dünn!" , sagte ich und in meiner Stimme schwang ein gefährlicher Unterton mit.

Mit neuer Wut, die im Moment sowas wie mein Treibstoff war, zog ich ein Feuerzeug aus meiner Tasche und ließ es aufschnappen.

Seine Augen öffneten sich und ich leckte mir vor Vorfreude über die Lippen. Der Spaß konnte beginnen! Hahah

Da er immer noch von der Decke hing, bat ich den Typen vor der Tür, mir Luke ausgestreckt auf einen Tisch zu fesseln. Als das erledigt war, entflammte ich das kleine Feuerzeug und lief einmal um meinen Erzeuger rum, die Flamme hielt ich dabei nah an seinen Körper und Gänsehaut überzog seinen Körper. Bei seinen blau angelaufenen Fingern angekommen, hielt ich es an seine Haut und er zischte schmerzerfüllt auf, also fühlte er tatsächlich noch etwas, was mich eh wunderte, da seine Hände schon längst verreckt sein mussten, wenn man bedachte, wie lange er da schon hing. Doch Wunder kamen vor...

„Weißt du, was sie mir immer eingetrichtert haben, seit ich fünf Jahre alt war?" , fragte ich ihn und schaute ihn gespannt an.

„Ich solle tapfer sein und den Leuten treu sein, die mir voranstehen. Aber das wichtigste war immer, dass ich meinem Gegenüber Ehre erweisen soll, egal wie sauer ich auf ihn bin, denn gewissermaßen, kann es einem helfen. Doch eins sage ich dir, es hat nie etwas gebracht, doch um mich gut zu fühlen, will ich, dass du es tust. Sag zu mir, dass ich gewonnen habe und du selber ein Scheiße fressender Mistkerl bist. Und wirst du es nicht tun, bringe ich dich selbstverständlich dazu. Nur so zur Info, ich höre erst auf, wenn du es sagst!" , setzte ich meine kleine Rede fort.

Dann begann ich auch schon die Flamme direkt an seine Haut seiner Hand zu halten, es zischte und seine Haut begann sich erst rot und danach bräunlich zu färben. Es bildeten sich Blasen und langsam sah seine Hand ein wenig verkohlt aus, doch genau das war der Plan.

„Willst du es nicht sagen?" , reizte ich ihn ein wenig.

Als er den Kopf schüttelte, nahm ich mir seine zweite Hand vor und auch diese veränderte sich von einem tiefen Rot ins dunkle Braun.

„Immer noch nicht?" , fragte ich ihn danach.

Als er immer noch nichts sagte, erweiterte ich die Größe und fuhr mit der Flamme an seinem Arm nach oben, sodass sein Gesichtsausdruck noch verbissener wurde. Sein Gesicht lief rot an und er unterdrückte einen Schmerzensschrei, doch man sah ihm an, dass er es nicht mehr lange aushalten würde. Schweißperlen standen auf seiner Stirn und sein Körper verkrampfte, seine Schläfe begann zu pochen und letztendlich erniedrigte er sich doch selber.

„Man, du hast gewonnen und ich bin ein Scheiße fressender Mistkerl!" , presste er zwischen den Zähnen hervor.

Es gefiel ihm nicht, denn er verlor dabei seinen Stolz, das Einzige, was er noch hatte. Aber das war wahrscheinlich auch das einzige, worauf ich nicht wütend war, es von ihm geerbt zu haben.

„Geht doch! Bis bald." , verabschiedete ich mich von ihm und verließ zufrieden den Keller.

Eilig lief ich nach oben und sprintete wieder in das Krankenabteil, vor Noahs Zimmer legte ich eine Vollbremsung hin und schlitterte noch einen guten halben Meter weiter. Als ich seine Tür öffnen wollte, hielt mich eine große Hand am Handgelenk fest. Zornig drehte ich mich um und erkannte eine Person, die ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte.

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Wer könnte es wohl sein?

~ 1109

My first steps in freedomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt