Kapitel 10Oben Payton / Nevertel „Everything in my Mind"
Die Tage verschwommen ineinander und ich verlor jegliches Zeitgefühl. Ben besuchte mich sobald er frei war und vertrieb mir die einsamen Stunden. Wenn er arbeiten musste versuchte ich zu schlafen und träumte von ihm. Die Träume waren so lebendig und intensiv. Ich wünschte ich könnte für immer in diese farbenfrohen Fantasiewelt fliehen. Bei ihm sein, erneut seinen Körper spüren, seine Lippen schmecken, seine tiefe Whiskystimme hören. Die süßen Nichtigkeiten die er mir in der Nacht ins Ohr flüsterte in Endlosschleife abspielen. Wie konnte ich nur nach so wenigen Tagen eine solche Sehnsucht nach dem gut aussehenden Mann entwickeln?
Erschöpft saß ich, in Nikolais dunkelblauen Sweater gehüllt, auf dem Bett. Der Discovery Channel lief leise im Hintergrund mit einer Dokumentation über die Mondlandung und versteckten Hinweisen in Stanley Kubricks Filmen, das diese nie statt gefunden hatte. Eigentlich würde mich dieses Thema für Stunden fesseln. Doch meine Gedanken drehten sich unablässig um die kleine schwarze Karte in meinen kalten Fingern. Immer wieder lass ich seinen Namen und murmelte ihn leise vor mich hin. Ich würde alles dafür geben um seine Stimme wieder zu hören.
Aber wollte er mich wirklich wiedersehen? Ich dachte an unseren Abschied zurück. Er klang ehrlich besorgt um mich, doch war er das immer noch nach einer Woche Abstand? Oder kam nach verlassen des luxuriösen Anwesens die Ernüchterung? Das kalte Erwachen nach einem Wochenende voller Extase.Frustriert fuhr ich mir durch meine wilden Locken. Unbewusst drehte ich die Karte unablässig zwischen meinen Fingern. Mittlerweile waren die Ecken abgestoßen und ausgefranst. Der Drang war stark einfach zum Telefon zu greifen und die Handynummer auf der Rückseite zu wählen. Aber die Angst vor einer Zurückweisung hielt mich in ihren eiskalten Klauen gefangen. Davon abgesehen das es gefährlich war in Susannas Haus zu telefonieren. Sie wusste nicht das ich unter einer losen Diele in dem kleinen begehbaren Kleiderschrank, ein altes abgegriffenes Smartphone mit gesprungenen Display und schwachen Akku versteckte. Sie war völlig paranoid und unterstellte uns ständig wir würden Geschäfte hinter ihrem Rücken machen. Als ob ich freiwillig ohne Schutz auf eigene Faust arbeiten würde.
Unschlüssig stand ich auf und blickte zu der weißen unscheinbaren Tür des Kleiderschrankes. Wenn ich ihn nicht anrief würde ich nie wissen ob er mich Wiedersehen wollte. Aber warum zitterten meine Hände so sehr bei den bloßen Gedanken daran. Was würde ich überhaupt zu Nikolai sagen? He lange nicht mehr gesehen. Ich kann dich nicht vergessen. Hast du Bock mich zu vögeln? Ich schüttelte entsetzt den Kopf über meine Wortwahl. Höchstwahrscheinlich würde ich kein einziges Wort heraus bekommen wenn ich seine Stimme mit dem sexy Akzent hörte. Tief durchatmend griff ich nach dem Türgriff um den Schrank zu öffnen.
Im selben Moment öffnete sich die Zimmertür und Susanna betrat den Raum. Mein Herz versuchte die Schallmauer zu durchbrechen. Alarmiert schaute ich auf mein Bett, wo die pechschwarze Visitenkarte auf den blütenweißen Laken lag. Nein das durfte nicht sein, die Karte war meine einzige Chance Nikolai zu erreichen. Meine Gedanken rasten, wie konnte ich sie von meinem Bett ablenken?
Ich ging so entspannt wie möglich zurück zu meinem Bett und setzte mich auf die Bettkante, um die Karte von ihrem Blick abzuschirmen. „Hey Susanna." Grüßte ich sie mit einem kleinen Lächeln.
Sie hob fragend eine perfekt gezupfte Braue. „Wie geht es dir?"
„Besser." erwiderte ich schüchtern.
Ihre Hand berührte kurz meine Stirn. „Gut, dann kannst du heute Abend arbeiten. Ich habe bereits zwei Anfragen für dich."
Besiegt ließ ich die Schultern sinken. Natürlich musste ich wieder arbeiten. Ich wohnte nicht unter ihrem Dach weil sie es liebte Streuner aufzunehmen. Sondern um mit uns eine Menge Geld zu verdienen.
„Mach dich frisch und zieh dir etwas anderes an, in diesem xxl Look erweckst du keine Begierde." wies sie mich zurecht. Sie beugte sich langsam zu mir herab und nahm mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. „Und gib dir Mühe Tommy, unsere Kunden sind erstklassigen Service gewöhnt." fügte sie spitz hinzu. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich schluckte mühsam.
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Payton
RomanceWie lange werde ich das noch tun? Meinen Körper verkaufen, meine Seele verkaufen das letzte bisschen Selbstbewusstsein das ich versuche mit aller Macht zu bewahren. Wer auch immer glaubte es wäre einfach sich zu prostituieren, ist verrückt. Tagtägl...