20: Ein Grund, aber kein Hindernis

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Violett

Das Schlimmste, was man haben konnte, war ein zu großes Herz für Tiere. Schon damals im Tierheim war es mir schwergefallen, in die Augen der süßen Tiere zu schauen. Am liebsten hätte ich sie alle adoptiert, da sie mir unendlich leid taten. Da war die Arbeit hier in der Praxis doch einfacher, da alle Tiere einen Besitzer hatten. Bei einigen unserer Patienten war der Drang hoch, sie einfach mitzunehmen, aber ich konnte mich zügeln. Doch jetzt fiel es mir gerade schwer.

„Violett, schaue sie nicht so an. Das macht es nur noch schlimmer"

"Aber Gabriel! Schau doch nur, wie verdammt süß sie sind!"

„Dann rede sie dir hässlich"

„Gabriel!"

Aufgebracht sah ich meinen Bruder an. Dieser war jedoch ziemlich unbeeindruckt von mir und meinem Bettelblick. Doch ich würde nicht aufgeben. Ganz tief in meinem Inneren wusste ich, dass er ihnen nicht widerstehen konnte. Im schlimmsten Fall holte ich die Geheimwaffe raus. Er würde mit Sicherheit einknicken.

Erneut sah ich in die kleine Box, wo sich insgesamt fünf Kätzchen befanden. Zwischen den grau getigerten mischten sich ein orange, sowie ein schwarzes Kätzchen. Himmel, ich würde sie gerne alle haben, aber ich wusste, dass ich für so kleine Wesen keine Zeit hatte. Ich konnte immer noch nicht glauben, als Blue und mein Bruder mit fünf weiteren Katzen in die Praxis gekommen waren, wobei Gabriel eine erwachsene Katze in seinen Armen gehalten hatte. Natürlich war es die Mutter, doch sie war schwer verletzt und wurde von Connor operiert. Da Frederick sich weiter um die Patienten kümmern musste – nun auch Connors – hatte Dexter die kleinen Streuner untersucht und sie erst versorgt.  Er hatte keine Verletzungen entdeckt, worüber ich sehr glücklich war. Mein Herz hätte es nicht verkraftet, wenn nur eines sich am Rande des Todes befand. Danach war er sofort zu Connor geeilt, um ihm bei der Operation zu helfen.

„Komm schon, Gabriel!"

„Schluss jetzt, Violett. Du weißt ganz genau, dass du gerade viel zu tun hast. Mit diesem Job genauso wie mit deinem Buch. Und eine kleine Katze ist bereits große Arbeit, wie willst du dich um sechs kümmern? Mein Bruder hatte seine tätowierten Arme verschränkt. Sein Blick blieb stahlhart, was mir zeigte, dass sich seine Meinung nicht ändern würde. Mir war durchaus bewusst, dass mir die Zeit fehlen würde, mich um diese süßen Wesen zu kümmern, doch bevor sie in irgendeinem Tierheim landen würden, nahm ich sie zu mir.

„Du weißt schon, dass ich mit Blue zusammenlebe und nicht mit dir," sagte ich stur. Doch sein Blick blieb gleich.

„Du weißt, dass ich recht habe"

War das Einzige, was er sagte. Leise grummelte ich. Natürlich wusste ich es. Blue pendelte oft zwischen Bakewell und Sheffield und ich hatte sowieso hier genügend zu tun.

„Ich werde die Orange nehmen"

Wie aus dem Nichts stand Blue neben Gabriel und blickte verträumt zu dem Wurf. „Und nein, du hast hier kein Mitspracherecht, mein lieber Gabriel. Wir sind erwachsene Frauen und können sehr wohl auf eine Katze aufpassen. Immerhin sind die pflegeleichter als Hunde"

„Sprichst du gerade gegen Sparkles?"

„Nein, ich sage nur die Wahrheit"

Meine beste Freundin ignorierte meinen beleidigten Blick und widmete sich lieber den kleinen Tierchen in der Kiste zu. Vorsichtig streichelte sie über die Köpfe, dabei entwich ihr ein seltsam hoher Ton aus dem Mund.

„Wenn du dir schon eine Katze aussuchst, dann nimm doch lieber die Schwarze", mischte sich Gabriel ein. Ungläubig sah ich meinen Bruder an, der nun selbst auf die Tiere herabblickte. Selbst mein Mund klappte unkontrolliert weit auf, als mein Gehirn verstand, dass er Blue eine Zusage erteilte. Das war doch ein Witz. Blue hingegen zuckte freudig mit dem Mundwinkel nach oben, doch gleichzeitig bildete sich ein Fragezeichen in ihren Augen. Mein Bruder bemerkte dies sofort und zuckte mit seinen Schultern.

Flirting With The Vet || Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt