Violett
Die Sonne stand tief am Nachmittagshimmel, als ich mich in meinem Zimmer zurückzog, um einen Moment der Ruhe zu finden. Die Ereignisse des Tages hatten mich zutiefst erschüttert, und ich sehnte mich nach einem Augenblick der Stille, um meine Gedanken zu sortieren. Als ich die Tür hinter mir schloss, spürte ich die Last der vergangenen Stunden auf meinen Schultern ruhen. Die Worte meiner Mutter hallten noch immer in meinem Kopf wider, und der Umschlag, den sie zurückgelassen hatte, lag schwer in meinem Herz. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und starrte gedankenverloren zur Decke, während ich versuchte, meinen aufgewühlten Gefühlen einen Moment lang zu entkommen. Die Stille um mich herum war erfrischend, und ich atmete tief durch, um meine Nerven zu beruhigen.
In den letzten Stunden hatten wir nochmal ausgiebig über die Punkte meiner Mutter diskutiert, wobei Blue die meiste Zeit gesprochen hatte. Noch immer konnte ich nicht glauben, dass Amelia diesen Schritt ging. Vor allem, weil es so plötzlich und unerwartet war. Sonst hatte sie kein Interesse an Tante Flora, ihrem Haus und Bakewell gehabt. Wieso also jetzt?
Plötzlich wurde die Tür zu meinem Zimmer leise geöffnet, und Gabriel trat vorsichtig herein. Sanft setzte er sich auf mein Bett.
„Ich kann nicht glauben, dass sie wirklich so eine Nummer abzieht, Gabriel", flüsterte ich, als ich mich langsam aufsetzte. Meinen Kopf lehnte ich an seiner kräftigen Schulter ab. Mein Bruder schnaufte kurz, bevor er mir sanft durch die Haare fuhr.
„Ich auch nicht, aber andererseits ist es unsere Mutter. Man weiß nie, zu was sie fähig ist."
„In solchen Momenten frage ich mich, wieso unser Vater sie geheiratet hatte. Er war viel zu gut für sie. Ich vermisse ihn." Unser Vater war lange Arbeiten, ebenfalls streng gewesen, doch dennoch hatte er diesen liebevollen Blick gehabt. Er hatte oft mit uns gelacht.
„Wer weiß, vielleicht war Amelia nicht ganz so, wie sie heute ist", meinte Gabriel. „So richtig streng wurde sie, als du auf der Welt warst. Davor hatte ich sie ab und zu auch mal entspannter erlebt, was aber auch selten war", erzählte er mir. Unser Vater hatte dies auch zu mir manchmal gesagt. Amelia war so streng, weil sie wollte, dass wir etwas erreichten. Dass ich als Frau etwas erreichte. Ihr Ziel war ja gut, nur der Weg war die reinste Katastrophe.
„Ich weiß nicht, was sie sich von diesem Schritt erhofft, aber wir schaffen das. Blue hat diesen Alexander erreicht und erklärte ihm die Sachlage", gab er zu, und als er meinen Blick sah, zuckte er mit den Schultern. „Mehr weiß ich nicht, da ich dann zu dir gegangen bin."
Ehe ich etwas antworten konnte, wurde meine Tür aufgerissen, und eine stolz grinsende Blue kam herein.
„Er kommt."
„Dieser Alexander?", fragte ich irritiert nach. Meine beste Freundin nickte.
„Ja, er hat zum Glück Zeit und befindet sich in Sheffield. Er ist in ca. 45 Minuten hier."
Mein Mund klappte auf. Das hatte ich nicht erwartet. Alexander kommt schon heute, besser gesagt, er stand gleich vor unserer Haustür.
„Das ging schnell", war das Einzige, was Gabriel sagte. „Dann sollten wir runtergehen. Blue, du solltest dich umziehen", fügte mein Bruder hinzu.
„Wieso? Ist doch ein ordentliches T-Shirt. Und geduscht habe ich auch bei dir", fragend neigte sie ihren Kopf, als sie meinen Bruder beobachtete, der sich langsam auf sie zubewegte. Doch wurden sie von Dexters Schrei unterbrochen, der von Connors Fluchen dicht verfolgt wurde, und im nächsten Moment hörte man etwas scheppern. Blue seufzte, Gabriels Blick wurde grimmig, und er lief runter, dicht gefolgt von Blue.
"Verdammt, Dexter, was hast du gemacht?!", hörte ich meinen Bruder.
"Ich habe nichts gemacht, es war dieses verfluchte Sofa! Es hat sich plötzlich bewegt!"
„Natürlich bewegt es sich, wenn du dich bewegst und aufstehst. Wie kamst du überhaupt auf die Idee, eine Tasse auf das weiche Sofa zu stellen?", schimpfte Blue, doch ich konnte mir deutlich vorstellen, dass sie leicht schmunzelte. Sie war mit Sicherheit amüsiert von der Dynamik zwischen Dexter und Gabriel. Da ich nichts verpassen wollte, flitzte ich die Treppen runter und sah das Spektakel. Auf der Couch prangte nun ein großer, dunkler Fleck, und eine unserer Merch-Tassen hatte ihr Leben gelassen.
„Und wo warst du mit deinem Gehirn, Connor?" Gabriels Blick huschte zu meinem Freund, der seine Hände unschuldig in die Luft hob.
„Du hast uns lieb, Gab. Vergiss das nicht."
Gabriel schnaufte genervt. „Das macht ihr sauber. Los! Und du Blue ziehst dich um. Du kannst nicht in einem Schlafshirt unseren Besuch empfangen."
„Ouuuh, wieso trägst du überhaupt ein T-Shirt von Gabriel? Müssen wir etwas wissen?", mischte sich Dexter ein, der sofort schwieg, als ihn Gabriel ansah. Genau diese Situation hatte ich gebraucht. Sie löste die Spannung, die in mir war, etwas auf. Und als Dexter mit einem Schmunzeln an mir vorbeilief, wusste ich, dass das sein Plan gewesen war. Er zwinkerte mir zu, was mich zum Lächeln brachte. Dexter war ein guter Freund. Ein verdammt guter. Und als Connor ihm hinterherkam, wusste ich, dass er Teil des kleinen Unfalls war. Kurz blieb er stehen, um mir einen schnellen Kuss auf die Lippen zu drücken. Automatisch wurde mein Lächeln breiter.
„Weniger flirten, mehr bewegen, Connor!", rief Gabriel.
Connor rollte mit seinen Augen, wobei er grinste. „Ich flirte nicht, Gab! Ich knutsche direkt ab!"
~ ~ ~
Unsere kleine Putzaktion wurde durch ein lautes dröhnendes Geräusch von draußen unterbrochen. Wir alle drehten uns gleichzeitig zum Fenster, um zu sehen, was los war. Als wir nichts richtig erkannten, lief Blue direkt zur Tür.
„Das hat er jetzt nicht wirklich gemacht", hörte ich sie leise murmeln. Sie riss die Tür auf, und als wir alle hinter ihr standen, wurden wir von einer heftigen Windböe erschrocken.
Ein schwarzer Helikopter landete sanft auf der freien Fläche neben unserem Haus, und die Rotorblätter verlangsamten ihre Drehungen, während der Motor ausgeschaltet wurde. Die Tür des Helikopters öffnete sich, und ein eleganter Mann in einem maßgeschneiderten Anzug stieg aus. Sein dunkelblondes Haar war perfekt gestylt, und seine Sonnenbrille verlieh ihm einen mysteriösen Touch.
„Ist das... Alexander Kingsley?", flüsterte Dexter fassungslos, während wir alle gebannt auf den Mann vor uns starrten.
„Scheint so", murmelte Gabriel, offensichtlich beeindruckt von der Ankunft des renommierten Anwalts.
Der Mann in dem Anzug blickte kurz um sich, bevor er auf uns zukam, mit einem selbstbewussten Lächeln auf den Lippen. Als er vor uns stand, hob er seine Sonnenbrille und steckte sie in die Tasche seines Anzugs.
„Guten Tag", begrüßte er uns mit einer tiefen, melodischen Stimme. „Ich bin Alexander Kingsley." Wahnsinn. Da stand der Anwalt, der mir helfen sollte. Und er war tatsächlich mit einem Helikopter gekommen.
„Wow", war das Einzige, was meinen Mund verließ, denn ehrlich gesagt, dieser Mann sah aus wie Poseidon höchstpersönlich. Seine dunkelblonden Haare hatte er klassisch-elegant nach hinten gestylt, an den Seiten waren sie etwas kürzer. Seine gletscherblauen Augen sahen direkt durch mich hindurch, als das kleine Wort meinen Mund verließ. Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Er wusste wirklich, welche Wirkung er auf andere hatte.
„Du bist wirklich mit einem Helikopter zu uns geflogen?", fragte Blue. Dabei zog sie ihre rechte Augenbraue in die Höhe.
Alexander sah lächelnd zu ihr. „Du hast gesagt, es sei ein Notfall. Ein Auto hätte länger gebraucht. Ohne Stau um die 45 Minuten. Mit dem Helikopter war es deutlich schneller. Und hier bin ich. Bereit, um zu helfen."
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Flirting With The Vet || Band 1
RomanceIn der malerischen Kleinstadt Bakewell kehrt Violett Craig nach Jahren der Abwesenheit gemeinsam mit ihrer besten Freundin zurück. Der Anblick von Connor, dem charmanten Tierarzt mit einem Lächeln, das jeden verzaubert, weckt in ihr Gefühle, die sie...