25. Die Nyosa

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25. Die Nyosa

Mir wird schlecht. Der Geruch, der aus dem Rachen dieses Monsters kommt, lässt meinen Magen rumoren. Ich merke wie mir schummrig wird. Ich habe vergessen zu atmen. Aber vielleicht ist das besser so. Wenn ich sowieso gleich sterbe, ist es bestimmt angenehmer, wenn ich es nicht mitbekomme. Doch ich falle nicht in Ohnmacht. Stattdessen starre ich weiterhin mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen auf die zischelnde Zunge und den sperrangelweit geöffneten Mund. Er kommt immer näher. Der Geruch wird penetranter. Mein Herz klopft so schnell, dass ich Angst habe, dass es durch die Brust springt. Ich halte vollständig die Luft an und warte, die Augen nun fest zusammengekniffen, auf den Tod. Doch bevor die Schlange noch näherkommen kann und mich auffrisst, ertönt ein unheimlicher Zischlaut. Auf der Stelle halten alle Inne. Finja und Annabelle hören auf, vor Panik zu schreien, ich öffne verwirrt meine Augen und auch die beiden Riesenschlangen bewegen sich nicht mehr.

Neugierig und auch ein wenig perplex schaue ich mich um. Da stehen Lily, Linus und Emily. Lily und Linus sehen ebenfalls geschockt und panisch aus, aber Emily wirkt eher gelassen. Hallo? Ich wäre beinahe gefressen worden und die ist gelassen? Sie kommt nun einen Schritt näher, langsam und nicht hastig und sagt:

„Tom, streichel sie an der Unterseite des Kopfes.“

„Was? Wieso?“, frage ich entsetzt. Ich will dieses Monster nicht streicheln! Es soll gefälligst verschwinden.

„Weil sie das mag! Dann wird sie dich in Ruhe lassen.“, antwortet Emily ruhig.

Skeptisch werfe ich ihr einen Blick zu. Das soll wirklich helfen? Aber ich fasse mir ein Herz und nähere mich der Unterseite des Kopfes dieses Monsters. Wenn sie mich dann in Ruhe lässt, lohnt es sich!

Es fühlt sich seltsam an. Nicht glitschig und schleimig, wie ich es erwartet hätte, sondern eher fein und weich. Wie die Nüstern eines Pferdes. So samten. Ich streichle die Kreatur und auf einmal werden deren Züge anders. Die Haltung wirkt nicht mehr so aggressiv, sie senkt ihren riesigen Kopf und schaut mich beinahe friedlich an. Aber das ist doch nicht möglich! Wahrscheinlich habe ich mich getäuscht. Doch nun ist sie tatsächlich ruhig und ich kann mich problemlos aus der Schlinge befreien.

Sofort fällt mir Annabelle um den Hals.

„Ich bin so froh, dass sie dir nichts getan hat!“, ruft sie.

„Glaubt mir, sie hätte ihm nicht wirklich was gemacht!“, meint nun Emily, die gelassen die andere Riesenschlange streichelt.

„Und woher willst du das wissen?“, fragt Annabelle beinahe ein bisschen eingeschnappt. Sie ist immer noch ein bisschen unter Schock, da sagt man sowas lieber nicht.

„Ich weiss es nun mal. Meine Cousins können sich auch in Nyosa verwandeln und deshalb kann ich gut mit ihnen umgehen.“

Erstaunt fragt Lily: „Das sind Nyosa? Ich dachte die wären selten!“

„Das sind sie auch!“, antwortet Emily lächelnd.

Schweigend betrachte ich die Riesenschlangen, die auf einmal ganz friedlich sind. Da fällt mir auf, dass ich sie unter dem ganzen Schock noch gar nicht richtig betrachtet habe. Erst jetzt merke ich, dass sich diese Nyosa nicht einfach schlängelnd fortbewegen, sondern dass sie in Wirklichkeit fliegen. So sieht es sehr elegant aus, wenn eine der Beiden mit s-förmigen Bewegungen um die Bäume schwebt und dabei das hohe, blaue Gras nicht mal ansatzweise berührt. Dabei fallen gelegentlich ein paar der seltenen Sonnenstrahlen, die es durch das Blätterdach schaffen, auf die speziellen Schuppen dieser aussergewöhnlichen Tiere. Sie sind grün und ebenfalls riesig, aber das macht sie nicht so faszinierend wie sie sind, sondern Ihre Form. Sie sehen aus, als wären sie Blätter. Ja, es sieht wirklich täuschend echt aus, aber es sind bestimmt keine echten, da bin ich mir sicher.

Feenland- Die Heimreise der verbannten Fee *Wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt