27. Ich werde auf sie warten, ansonsten habe ich sie nicht verdient

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27. Ich werde auf sie warten, ansonsten habe ich sie nicht verdient

Nachdenklich blicke ich in das Feuer. Es flackert so anmutig, wild und sanft zugleich. Es beruhigt mich, lässt mich nachdenken während die anderen sich flüsternd unterhalten. Erneut sind drei Tage vergangen. Drei Tage, in denen nicht wirklich viel mehr geschah, als dass wir auf unseren Nyosa geritten sind, gegessen und geschlafen haben. Drei Tage, in denen sich Miras Zustand weiterhin verschlechtert hat. Ich mache mir Sorgen. Sie isst nur wenig und ansonsten schläft sie. Sprechen fällt ihr immer schwerer und während der Reise liegt sie mir meistens schlaff in meinen Armen. Ich bin schon ganz verkrampft, weil ich immer Angst habe, dass sie runterfällt. Drei weitere Tage sind vergangen, nun sind wir bereits 8 Tage unterwegs. Zwei mehr als üblich und weitere zwei werden wir haben. Zwei Tage, die Mira das Leben kosten können. Zwei unglaublich lange Tage, voller Angst und Hoffnung.

Morgen werden wir voraussichtlich auf Emilys Cousins treffen. Ich bin gespannt, wie die so sind. Man sieht Emily an, wie sehr sie sich auf das Wiedersehen freut. Sie wirkt fröhlicher, fast aufgedreht. Das Gegenteil von Mira. Ein lauter Seufzer entfährt mir, was mir besorgte Blicke beschert. Doch das will ich jetzt am wenigsten, sowas habe ich noch nie gemocht. Im Mittelpunkt stehen. Dann fühle ich mich immer unbehaglich.

„Ehm, ich geh mir kurz die Beine vertreten.“, murmle ich.

Was ich jetzt brauche ist Ruhe, ein wenig Zeit für mich, ohne die besorgten Blicke der anderen. Ich laufe durch das Gebüsch, das jetzt während der Dämmerung voll am blühen ist. Am nächsten Morgen wird bereits alles wieder weg sein, nur um während des Tages wieder aufblühen zu können. Refla ist doch schon eine Sache für sich. Langsam streife ich durch das blaue Gras, lasse meinen Blick schweifen und atme die Luft tief ein. So gehe ich immer weiter, bis ich zu einem sanft plätschernden Bach komme. Auf einen Felsen direkt nebenan lasse ich mich fallen und strecke meine Füsse in das erfrischende Nass. Das Wasser ist angenehm, weder zu kalt noch zu heiss, einfach gerade richtig. Das habe ich jetzt gebraucht.

Nach einer Weile beschliesse ich, mein Hemd auszuziehen und mal wieder so richtig zu waschen. Es ist nicht mehr das frischeste, schliesslich habe ich nur dieses. Ich säubere es in dem klaren Wasser und lege es anschliessend zum trocknen auf einen immer noch warmen Stein. Dann verliere ich mich im Anblick des anmutig fliessenden Wassers und denke nach.

Was ist mit Mira, wird sie sterben? Oder kann sie es schaffen? Und auch wenn wir dort rechtzeitig ankommen, kann man ihr überhaupt helfen? Was passiert in Sasan, werden sie uns akzeptieren, Annabelle und mich? Werden wir überhaupt heile dort ankommen, dort herrscht ja Krieg! Sind wir dort überhaupt genügend sicher? Langsam packt mich die Angst. Am besten, ich denke gar nicht darüber nach! Meine Gedanken schweifen weiter. Annabelle und ich. Werden wir jemals in unsere Welt zurückkehren? Wollen wir das überhaupt?  Ich weiss es nicht. Beide Welten sind schön, haben ihre Vor- und Nachteile. Nur, hier lebt Lily… Das ist doch ein guter Grund zum bleiben! Aber will sie jetzt eigentlich auch was von mir oder nicht? Ich hasse das, nicht zu wissen was Sache ist! Ich liebe sie, da bin ich mir sicher. Aber sie…? Mag sie vielleicht Linus mehr? Linus, der Verräter? Was hat er nur getan, dass Mira so wütend auf ihn ist? Es scheint ja ernst zu sein, aber was könnte er so schlimmes angestellt haben? Ich seufze. Das alles nimmt mich einfach mit, es ist mir zu viel! Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände und so hingekauert schaue ich in die Ferne. Was ist überhaupt unser Ziel? Mein Ziel? Nicht einmal auf das kenne ich eine Antwort! Das ist wirklich deprimierend!

Plötzlich überkommt mich eine Wärme. Ich sitze da, in der Dämmerung Oben ohne auf einem Stein direkt an einem Bach und ein warmer Schauer durchläuft meinen Rücken. Ich spüre die Anwesenheit einer Person, deren Blick auf meinem Rücken. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Langsam erhebe ich mich und drehe mich zu ihr um. Ihr Anblick raubt mir sofort den Atem. Ich verspüre diesen Drang, das Verlangen sie zu berühren. Wie hypnotisiert gehe ich auf sie zu, bleibe aber einige Schritte vor ihr stehen. Ich spüre immer noch, wie ihr Blick über meinen Körper schweift, bei meinen Nackten Oberkörper haften bleibt. Die Situation ist mir ein wenig unangenehm und doch so schön zugleich. Mein Herz spielt total verrückt, ich atme vor Aufregung ein wenig schneller und ich bin mir sicher, dass mein Gesicht eine rosa Färbung hat. Ruhig Tom, ganz ruhig!, rede ich mir selbst gut zu. Ich versuche, mir möglichst nichts anmerken zu lassen. 

Feenland- Die Heimreise der verbannten Fee *Wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt