35. Ein freudiges Spektakel als Vorbote einer traurigen Zukunft?

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35. Ein freudiges Spektakel als Vorbote einer traurigen Zukunft? 

Lilys Sicht

Das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, lässt mich aus meinen Träumen erwachen. Irgendwann muss ich wohl eingenickt sein, denn ich liege immer noch neben Tom, meine Hand auf seinem Bauch. Ich fühle seinen Puls, da ich befürchte dass mit ihm etwas nicht stimmt, doch sein Herz schlägt regelmässig und schon ein wenig kräftiger als gestern. Ich streichle ihm über den Kopf und flüstere seinen Namen, in der Hoffnung dass er nun endlich zu sich kommt. Doch nichts dergleichen passiert. Er liegt immer noch da, die Augen geschlossen, seinen ausgetrockneten Mund leicht geöffnet und sich keinen Zentimeter bewegend.

Ich beschliesse bei dem Bach in der Nähe ein wenig Wasser für ihn zu holen und etwas zu essen wäre wohl auch nicht schlecht. Ich selbst habe einen riesen Hunger. Aber darum kümmere ich mich später. Jetzt ist erst einmal Tom dran.

Auf dem Weg zum Bach habe ich auf einmal das Gefühl, beobachtet zu werden. Angsterfüllt schaue ich mich um, doch ich kann nichts und niemanden entdecken. Also bilde ich mit meiner eisblauen Magie eine Schale, die ich mit Wasser fülle. Ich spüre, wie sich meine Kraft in den Händen sammelt und sich zu dem verwandelt, was ich will. Ich liebe es, meine Magie zu nutzen. Dann habe ich immer das Gefühl, ich selbst und endlich vollkommen zu sein. Eine Fee ohne Magie, das wäre undenkbar.

Wieder zurück, lehne ich Toms Körper sanft an einen Baum und flösse ihm das gebrachte Wasser ein. Ich bin so versunken in meine Arbeit, dass ich einen erschrockenen Schrei von mit gebe, als mich auf einmal jemand grob von hinten packt und dabei leicht meine rechten Flügel zerquetscht.

„Mach keinen Scheiss, Schwester und dir wird nichts geschehen.“

Die tiefe männliche Stimme lässt mich erstarren. Was geht hier vor? Angst überkommt mich. War nun trotzdem alles umsonst? Er dreht mich um, bleibt aber weiterhin hinter mir und so kann ich sehen, wie ca. ein Dutzend Soldaten uns umzingeln und einige davon bereits dran sind, meine Freunde mit Perniren zu versehen.

Pernire, das sind magische Fesseln, die dem Lebewesen welchem sie umgelegt werden, seine Magie entziehen. Ich weiss nicht woraus sie bestehen oder wie sie hergestellt werden, aber sie sind grundsätzlich durchsichtige Fäden, die nur durch das bunte Funkeln der zuvor gesammelten Magie zu sehen sind. Eigentlich wirken sie wunderschön, doch wenn man sie zu lange trägt, kann dies durchaus lebensgefährlich sein. Vor allem wir Feen sind erfüllt von Magie, das ist etwas das wir brauchen wie die Luft zum atmen.

Als sie mir ebenfalls welche anlegen, fühle ich mich als träfe mich ein Schlag. Auf einmal wird mir schlecht und Kälte durchdringt mich. Ich spüre wie diese noch so ungefährlich aussehenden Fäden, meine Magie förmlich zu sich saugen und nun hellblau leuchten. Kurz flimmert es mir schwarz vor Augen und mein Körper fühlt sich wie ausgelaugt, doch langsam beginnt er sich an den Kräfte- und Magieverlust zu gewöhnen. Aber eines weiss ich – Wenn ich den Pernir noch lange tragen muss, wird das unaushaltbar. 

Da wir alle nun gefesselt sind, selbst Tom der sich immer noch nicht regt, und sie uns auch den Elfenstaub genommen haben, sind wir vollkommen unfähig uns zu wehren. Doch etwas anderes bereitet mir mehr Sorgen. Was ist nun mit Tom? Er kann nicht laufen und wenn wir ihn hier lassen, stirbt er. Das scheinen die Soldaten auch schon bemerkt zu haben, weshalb sie sich in einer hitzigen Diskussion befinden.

„Entschuldigung!“, versuche ich meine Aufmerksamkeit zu kriegen. Einer scheint mich gehört zu haben, denn er macht die Anderen auf mich aufmerksam.

„Was willst du, Schwester?“

Den Kommentar darüber, dass ich es überaus hasse, Schwester genannt zu werden, verkneife ich mir in diesem Fall lieber. Schliesslich will ich sie um einen Gefallen bitten…

Feenland- Die Heimreise der verbannten Fee *Wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt