More Than Friends | Pierre Gasly x Arthur Leclerc

239 17 2
                                    

More Than Friends


Monaco
10. Mai 2020



Pierre



„Hat dein Bruder was gegen mich?", wollte er wissen, nachdem Arthur zwar kurz den Kopf zu ihnen in die Küche reingestreckt hatte, aber irgendwie nur Charles begrüßte und ihn nicht.
Das war ihm vollkommen neu. Er war schließlich nicht das erste Mal bei ihnen in Monaco. Charles und er sahen sich regelmäßig und er kannte seine ganze Familie. Es hatte nie Ärger oder sonst etwas gegeben. Normalerweise sprach Arthur auch ganz normal mit ihm. Aber seit er hier war, bekam er allmählich das Gefühl, er würde ihm aus dem Weg gehen.
„Arthur? Wie kommst du darauf?", wollte Charles verwundert wissen, dem das Ganze wohl noch nicht aufgefallen war. Hätte ihn auch gewundert, wenn sein Freund davon etwas mitbekommen hätte. Charles war in manchen Dingen ein wenig verpeilt, was er durchaus liebevoll meinte. Immerhin sorgte das auch immer wieder für viel Spaß.
„Naja, hast du das gerade nicht mitgekriegt? Dich begrüßt er, mich nicht", machte er Charles also mal auf das Offensichtliche aufmerksam. Nicht, dass er deswegen nun ernsthaft verletzt oder etwas in der Art wäre. Es wunderte ihn nur ein wenig.
Charles blickte zum Eingang der Küche, wo Arthur vor einer Minute so plötzlich verschwunden war, wie er aufgetauchte, dann wieder zu ihm und grinste in sich hinein. „Ich glaub, da musst du dir nichts bei denken. Kleine Brüder sind manchmal ziemlich daneben. Müsstest du ja aus Erfahrung wissen", spielte Charles darauf an, dass er ja selbst der Jüngste in seiner Familie war.
„Ey!" Er stieß Charles in die Rippen, der einen halben Meter zur Seite wankte, weil er fast das Gleichgewicht verlor, jedoch weiterhin nur darüber grinste.

„Nein, wirklich. Pierre, mach dir wegen ihm bloß keinen Kopf. Den versteht nicht mal unsere Mutter", behauptete Charles und das war ja irgendwie beruhigend. Auch, wenn es ihm immer noch merkwürdig erschien, aber er wollte da auch keine große Sache von machen. Arthur war neunzehn, da wusste man manchmal selbst nicht so genau, was los war.
„Wenn du das sagst...", zuckte er also mit den Schultern und wollte das Thema damit eigentlich auch fallen lassen.
„Ich kann auch mal mit ihm reden", bot Charles ihm da allerdings an und brachte ihn dazu, kurz etwas verdutzt drein zu blicken. Das klang schon im ersten Moment übertrieben und wurde auch nicht besser, je länger er sich ein entsprechendes Szenario durch den Kopf gehen ließ.
„Bloß nicht. Ich hab mich nur gewundert. Kein Grund jetzt mehr davon zu machen, als es ist", wiegelte er also ab. Das wäre ziemlich bescheuert. Sie hatten ja keinen Streit und Arthur hatte ihn ja nicht blöd angemacht oder sowas. Und selbst wenn, dann war er durchaus in der Lage, sowas selbst zu klären.
„Du grübelst aber", warf Charles ein, der ihn eben einfach viel zu gut kannte. Fast siebzehn Jahre Freundschaft flochten eben ein besonderes Band.
„Mach ich gar nicht. Also, willst du jetzt rumquatschen oder soll ich dir mit dem Geschenk für deine Mutter helfen", beharrte er aber darauf, dass sie das jetzt nicht mehr vertieften und erinnerte seinen Freund lieber mal daran, wofür er eigentlich hergekommen war.
„Du sollst mir definitiv helfen", entschied Charles ohne langes Zögern und stieß sich von der Arbeitsplatte ab.

Er musste schon ein wenig schmunzeln. Man sah Charles sofort an, dass er vollkommen überfordert war und trotzdem war da dieser Ehrgeiz in seinem Blick, es irgendwie hinzubekommen. Das war typisch für ihn.
Es war im Grunde egal, ob es um Motorsport ging oder etwas völlig anderes. Charles wollte es so gut wie möglich machen und gab alles. Aber Charles' Backkünste waren gewissermaßen nonexistent, wie er bestens wusste. Umso niedlicher, dass er seiner Mutter zum Muttertag ausgerechnet damit eine Freude machen wollte.
Seine eigene war ja aktuell mit seinem Vater verreist, da musste niemand ein schlechtes Gewissen haben, dass er bei Charles und nicht bei ihr war.
„Also gut, was soll's denn werden?", wollte er wissen, denn hier herrschte im Moment nichts als Chaos.
Charles hatte sich bereits an einem Rezept versucht und war augenscheinlich kläglich gescheitert. Zum Glück hatten sie viel Zeit, weil Charles' älterer Bruder Lorenzo ihre Mutter mit einem kleinen Ausflug ablenkte. Dennoch wollten sie natürlich versuchen, innerhalb des Zeitfensters fertig zu werden und bei Charles' „Talent" könnte das vielleicht knapp werden.
„Eigentlich Kirsch-Muffins, weil sie die echt gern mag, aber irgendwie wird das nichts. Das da sind meine bisherigen Versuche", verkündete Charles, zog eine Schale heran und nahm eins dieser verkohlten Dinger in die Hand. „Ich glaube, wenn du die wirfst, bleiben die in der Wand stecken."
„Du sollst die ja auch nicht bei zweihundert Grad ermorden!" Viel half eben nicht immer viel. Darin, Lebensmittel sinnlos zu verbrennen, war sein Freund echt spitze.
„Hab ich gar nicht! Ich hab alles so wie im Rezept gemacht", verteidigte Charles sich, wofür er nur diesen ‚Schon-klar-Blick' übrig hatte.

„Na, hoffentlich hat deine Mutter einen guten Zahnarzt", kommentierte er noch, wofür Charles ihm direkt gegen die Schulter boxte.
„Du bist nicht witzig. Kannst du mir jetzt endlich helfen?", kam es fast schon verzweifelt und da setzte Charles auch direkt diesen bittenden Blick auf, dem er niemals jemand anderem an der Rennstrecke freiwillig zeigen würde.
„Schon gut. Dann lass uns erstmal checken, ob von allem noch genug da ist. Sonst müssen wir noch einkaufen", versuchte er mal ein bisschen Ordnung in das Chaos zu bekommen. Die Küche sah aus, als hätte man versucht, für eine ganze Boxen-Crew zu kochen.
„Wenn was fehlt, schick ich Arthur los", entschied Charles, als wäre es das Normalste der Welt, was ihn eine Augenbraue heben ließ.
„Um Zutaten für dein Geschenk zu besorgen?", hakte er nach.
„Dann kann er wenigstens deine Gefühle nicht mehr seiner Ignoranz verletzten", meinte Charles leicht hin und brachte ihn dazu, ihn mit einer Hand voll Mehl zu bewerfen.
„Ha, ha."


Grid TalesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt