Good In Bad | Pedro de la Rosa x Giancarlo Fisichella

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Good In Bad


Monte Carlo, Monaco
27. Mai 2001



Giancarlo



Wieder nichts.
Ein weiteres Rennen in einer langen Liste, die echt etwas hätten werden können und am Ende mit einem Ausfall endeten. Das half wie üblich nicht unbedingt dabei, sich selbst ins beste Licht zu rücken. Er hasste diese ganzen dummen Fehler, die ihm immer wieder unterliefen. Er wusste, dass er es viel besser konnte und dass er es besser machen musste.
Ihm ging die italienische Presse ohnehin schon furchtbar auf die Nerven, besonders die »La Gazzetta dello Sport«, die ihm dauernd irgendwelche Dinge in den Mund legte, die er überhaupt nicht gesagt hatte. Als wäre er so wahnsinnig, irgendwelches Gift gegen seinen Arbeitgeber zu versprühen. Dafür war er nicht in der richtigen Position. Wenn er hier eins gelernt hatte, dass kleine Unachtsamkeiten einen schneller ins Aus befördern konnten, als man »La Gazzetta dello Sport« sagen konnte.
Er mochte Button gegenüber im Team zwar die Nase vorn haben, aber das lag schlicht und ergreifend daran, dass er ein einziges Mal in die Punkte gekommen war. Dieser eine lächerliche Punkt konnte aber auf gar keinen Fall ausreichen. Das hier war sein vierter Ausfall in sieben Rennen, während Button nur einen einzigen hatte. Er brauchte also nur ebenfalls einmal in die Punkte fahren, dann konnte er schnell hinter ihm liegen.

Da er ihm mit einem Ausfall heute sogar eine Position geschenkt hatte, war das nicht einmal unrealistisch. Gerade hier in Monaco und in diesem Rennen war viel passiert. Das könnte sein Teamkollege sich zunutze machen. Es war eine große Chance gewesen, als Coulthard durch einen weiteren Systemfehler seines McLaren statt von der Pole-Position vom letzten Platz aus ins Rennen gehen musste und da Bernoldi ausnahmsweise keine Fahrfehler machte, schaffte DC es auf dieser engen Strecke auch nicht, an dem Arrows vorbeizugehen.
All die Positionen, die der McLaren gewann, gewann er nur durch Ausfälle anderer und als Häkkinen dann ebenfalls Probleme bekam, war eine Platzierung in den Punkterängen gar nicht mehr soweit weg gewesen. Selbst sein eigener Fehler noch zu Beginn des Rennens, hatte er ausbügeln können. Er war nicht eingeschlagen und hatte weiterfahren können. Nur um am Ende an derselben Stelle eben doch in die Streckenbegrenzung zu krachen. Wie konnte man nur so dämlich sein? Heute hätte er nur zu Ende fahren müssen, um am Ende Punkte mitzunehmen. Leichter konnte es die Konkurrenz einem nicht machen.
Damit stand zumindest fest, dass er in den nächsten Tagen keine einzige Zeitung aufschlagen würde. Auf Hohn und Spott konnte er bestens verzichten. Er hasste diesen Gedanken, aber möglicherweise war das doch eine Art Strafe für seinen unchristlichen Lebensstil. Er wusste, wie dämlich das wohl für die meisten Menschen auf der Welt klingen musste und deswegen dachte er es auch nur, aber wenn man in Italien aufwuchs, dann kam man nur schwer drumherum, sich damit zu beschäftigen.
Gerade, wenn man in Rom lebte, wo diese alten, strenggläubigen Herrschaften allgegenwärtig waren. Das beschäftigte ihn sehr viel mehr, als er bereit war zuzugeben. Er hatte schließlich Luna. Luna, die all die unangenehmen Fragen seines Vaters endlich beiseite gewischt hatte. Luna, von der seine Mutter so begeistert gewesen war, dass sie sofort in die Familie integriert worden war. Luna, die er irgendwie sogar geschwängert hatte, obwohl er sich an die Nacht nur noch wenig erinnerte.

Das klang in seinem Kopf wirklich furchtbar. Es würde er sie nur ausnutzen wollen und als sei ihm nicht an seiner Familie gelegen. Sein Vater hatte mit seiner Karosseriewerkstatt nicht die Welt verdient und trotzdem immer alles dafür getan, dass er seinen Traum vom Rennfahren ausleben konnte. Es wäre undankbar, ihm nicht wenigstens Respekt und ein wenig Demut dafür entgegenzubringen, obwohl er sich mit einigen seiner Ansichten manchmal sehr schwertat.
Seine Mutter war da ähnlich. Seine ganze Familie war eben sehr italienisch und damit außerordentlich traditionell. In ihren Köpfen verliebte man sich, wenn man jung war, verlobte sich, sobald es gut lief und heiratete, wenn man eine Hand voll Jahre zusammen war. Natürlich durfte man dann auch so bald wie möglich Nachwuchs bekommen und die Eltern zu stolzen Großeltern machen. Abweichungen von dieser Vorstellung kamen in italienischen Köpfen äußerst selten vor, denn niemand konnte sich so recht vorstellen, dass jemand etwas anderes wollen könnte. Familie symbolisierte eben den größten Reichtum und Segen, den man im Leben erreichen konnte.
Und weil diese Ansichten nun einmal sehr festgefahren waren und es hier nur wenige Stimmen gab, die das bemängelten, hatte er sich auch früh dazu entschlossen, ein paar für ihn wichtige Dinge lieber zu verschweigen. Der Ausgang eines klärenden Gesprächs war leichter vorherzusagen, als die Schlagzeilen einer gewissen, italienischen Zeitung. Trotzdem war es kein besonders schönes Gefühl, Menschen die einem wichtig waren, etwas vorzumachen.
Die einzige, wirkliche Erleichterung war, dass er mit Luna über all diese Dinge hatte reden können. Wenigstens zu ihr hatte er schließlich irgendwann ehrlich sein müssen. Spätestens als ihm aufgefallen war, dass diese ganze Romantik, zu der er sich hatte zwingen wollen, überhaupt nicht funktionierte. Natürlich war das eine selten dämliche Idee gewesen, aber zu seiner Verteidigung konnte er zumindest sagen, dass er erst zwanzig gewesen war.

An dem Abend, als er ihr begegnete, hatte er sich ganz fest vorgenommen, dass er all diese Gedanken vergessen würde, die nicht ins Weltbild passten. So schwer konnte es doch nicht sein. Er hatte sich gesagt, dass er es versuchen musste, dass er dann sicherlich merken würde, dass es sich richtig anfühlte oder dergleichen. Aber das Gegenteil war passiert. Nichts hatte sich richtig angefühlt. Er hatte sich den ganzen Abend so unwohl gefühlt. Nicht, weil er sie nicht mochte, sondern weil in seinem Kopf und seinem Herz nicht das vorgehen wollte, wovon andere Männer immer so sprachen, wenn sie über ihre Frauen redeten.
Der Druck war trotzdem da. Man konnte in seiner Heimat schlecht zwanzig werden und keine Freundin mit nach Hause bringen. Schon gar nicht, wenn man wenigstens vorzeigbar aussah. Er wüsste zwar nicht, wie er sich selbst beschreiben würde, aber dass er schlecht aussah hatte noch nie jemand behauptet und er war ja nicht blind und dämlich. Er bemerkte das Interesse des anderen Geschlechts durchaus. Es scheiterte eben nur daran, dasselbe Interesse auch für sie aufzubringen.
Obwohl er an jenem Abend eher verhalten geblieben war und seine Worte vermutlich wenig zu dem gepasst hatten, was Luna sagte, weil er schlecht zuhörte, wollte sie ihn trotzdem wiedersehen. Das hatte er sich zwar nicht erklären können, doch erleichterte es ihn natürlich. Den Plan, sich einfach zu zwingen hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgegeben, aber egal wie viel Zeit er auch mit ihr verbrachte, es wurde nicht besser. Da regte sich einfach gar nichts und nicht einmal ein Kuss hatte es ändern können und da dämmerte ihm natürlich, dass an dieser Art zu fühlen nichts zu ändern war. Damit war allerdings auch klar, dass er nicht länger etwas vorspielen durfte.
Eigentlich hatte er geplant, ihr einfach nur einen Korb zu geben. Sich entschuldigen, ihr versichern, dass es nicht an ihr lag und ihr alles erdenklich Gute für ihr weiteres Leben wünschen. Er wollte sie nicht verletzen, aber genauso wenig erzählen, was der eigentliche Grund war. Doch wo andere Frauen sich im Gespräch wohl irgendwann enttäuscht abgewandt hatten, war Luna ins Grübeln gekommen und hatte etwas bemerkt, was für sie nicht stimmig war. Statt seine Abfuhr stumm abzunicken, hatte sie wissen wollen, was der wahre Grund war.

Er hatte feststellen müssen, dass Luna ein sehr einfühlsamer Mensch war, dass sie spürte, wenn es Menschen nicht gut ging und sie etwas sehr bedrückte oder belastete. Zunächst war sie davon ausgegangen, dass es ihn belastete, sich nicht in sie verliebt zu haben. Aber je länger sie gesprochen hatten, desto mehr ahnte sie, was der Grund war, ohne dass er es ihr explizit sagen musste. Er hatte sich gefürchtet, wie sie das aufnehmen würde oder temperamentvoll, wie italienische Frauen eben oftmals waren, zu seiner Familie gehen und sie aufklären würde.
Auch das hatte sie nicht getan. Sie war offen gewesen, hatte ihm immer ehrlich gesagt, dass sie es schade fand, doch wollte sie ihm auch helfen. Sie konnte sich vorstellen, wie schwierig es für ihn war. Sie waren zu Freunden geworden und Luna war es, die ihm vorschlug, dass seine Familie es nicht erfahren musste. Eine lange Zeit hatte er sich gefragt, was sie sich davon versprach, doch inzwischen war ihm klar, dass auch sie sich einfach nur auf ihr Gefühl verlassen und auf das Leben einließ. Auch sie wollte sehen, wohin das führte, ungeachtet der Tatsache, dass aus ihnen niemals ein Paar werden konnte, wie es die Gesellschaft wohl für angemessen hielt.
In all der Zeit hatte es immer wieder schwierige Themen gegeben, aber sie hatten nie einen Schritt gemacht, ohne lange darüber zu reden. Irgendwann waren sie so lange ein inoffizielles Paar gewesen, dass ihre Familien begannen sich zu fragen, wann sie wohl endlich heiraten würden. Über nichts anderes hatten sie so oft gesprochen und sich immer wieder gefragt, wie sie das lösen sollten. Natürlich wäre die einfachste Lösung, einfach einen Termin zu machen und es hinter sich zu bringen und irgendwann, wenn man selbst einen Partner hatte, mit dem man wirklich aus tiefstem Herzen für immer zusammen sein wollte, dann ließ man sich eben scheiden. Aber diese Sache hatte für ihn selbst ein ganz entscheidendes Problem, welches Luna glücklicherweise bestens verstehen konnte, denn...

Selbst, wenn er im Laufe der Jahre mit Luna beginnen konnte, seine eigenen Gefühle zu akzeptieren und sich deswegen nicht täglich selbst zu bestrafen, blieb er immer noch ein gläubiger Mensch. Genauso glaubte er an den Wert einer Ehe. Wie also sollte er sich mit einer Frau, von der er wusste, sie nicht aufrichtig zu lieben, mit all ihren Familienmitgliedern in die Kirche stellen und ihr ein Versprechen von ewiger Liebe und Treue geben?
Zwischen Luna und ihm mochte das ja geklärt sein und sie wussten beide sehr gut, wo sie standen. Seiner Familie zu suggerieren, dass sie ein Paar waren fiel ihm bereits schwer. Aber man konnte von seinem Standpunkt aus nicht einen heiligen Bund eingehen und dabei wissentlich lügen. Er verurteilte ja niemanden, der sich scheiden ließ, weil es am Ende eben nicht funktioniert hatte, aber er war davon überzeugt, dass man in dem Moment, wo man sich dieses wichtige Versprechen gab schon das Gefühl haben musste, es auch ehrlich zu meinen.
Das war einfach eine Grenze, die er nicht überschreiten konnte. So lächerlich es sich für moderne Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts auch anhören mochte, aber er musste dabei vor allem auf sich selbst hören und darauf, was das mit ihm machte. Er würde es schrecklich bereuen, wenn er es tun würde und dann jeden Tag mit diesem furchtbaren Gefühl aufstehen würde, einen entsetzlichen Fehler begangen zu haben.
Und dann war das Thema Kinder noch dazugekommen. Auch das war eine Entscheidung, die er sich nicht sehr leicht gemacht hatte. Der Wunsch war natürlich da und sicher gab es heute sehr viele Wege, eine Familie zu gründen. Doch auch da war er von vielem nicht überzeugt und generell sehr unsicher, wie sie das angehen sollten. Zum Glück war Luna jemand, die einen nie unter Druck setzte und mit der man über alles erst einmal ausgiebig sprechen konnte.

Seit die kleine Carlotta da war, wurden sie zumindest nicht mehr allzu oft von ihren Familien genötigt, endlich zu heiraten. Auch, wenn vor allem ihre Mütter nicht verstehen konnten, wieso sie diesen Schritt nicht machen wollten und immer wieder einwarfen, dass es für Carlotta doch auch viel schöner wäre. Ihre Väter tickten da ein wenig anders und sahen darin eben nur eine moderne Art zu leben.
Ein wenig hatte es sie beide überrascht. Sie hätten da mit harscheren Worten gerechnet. Dennoch hinterfragten sie das nicht. Was ihn nur immer wieder beschäftigte war, dass er nicht das Gefühl haben wollte nur Kinder zu haben, um seine eigenen Eltern damit zufrieden zu stellen. Er befürchtete manchmal, dass es so rüberkommen könnte, dass er Carlotta vielleicht nicht genug zeigen konnte, wie wichtig sie ihm war. Luna meinte jedoch, dass das schlicht und ergreifend die typischen Vaterängste waren und er hoffte sehr, dass sie recht hatte.
Wie das in Zukunft mal werden sollte, wusste er genauso wenig. Auch darüber redeten sie oft, seit Carlotta da war. Es würde dann ja so oder so eine Trennung geben. Wenigstens für die Öffentlichkeit, auch wenn sich dadurch privat weniger ändern musste, als bei Paaren, die tatsächlich eine glückliche Beziehung führten. Aber würde das für sie nicht schrecklich werden? Würde er ihr damit nicht wehtun?
Luna meinte an diesem Punkt immer, dass er die Dinge zerdenken würde und da mochte auch etwas dran sein. Das tat er in seinem Privatleben genauso wie im Motorsport und vielleicht war das auch der Grund, warum es zu diesem unnötigen und dummen Crash gekommen war. Sein Kopf war in letzter Zeit wieder viel zu voll und ihm fehlte ein richtiges Ventil dafür. Denn natürlich war irgendwann auch noch das passiert, was passieren musste...

Es gab jemanden, der sein Interesse geweckt hatte. Schon vor zwei Jahren war er ihm im Fahrerlager immer häufiger aufgefallen, aber wie so oft, war ihm da der eigene Kopf komplett im Weg gewesen. Zum einen: Ein Fahrerkollege war sicher nicht die ideale Wahl, wenn man bedachte, wie knallhart das Konkurrenzdenken in der Formel 1 tatsächlich war. Zum anderen: Jemanden anzusprechen, wenn man ihn auf diese Weise anziehend fand setzte ja immer auch ein Outing voraus.
Das war immer riskant, selbst wenn man nicht gegeneinander fuhr. Man konnte auch vereinfacht sagen, dass ihm dafür absolut der Mut fehlte. Nicht zuletzt, weil der Mann, an den er seitdem öfter seine Gedanken verlor, Spanier war und die waren ja auch nicht unbedingt aufgeschlossener in diesem Thema, als seine eigenen Landsleute. Auch aus der Haltung der meisten Fahrerkollegen hörte er eher heraus, dass sie Homosexualität vielleicht nicht zwingend verachteten, aber sicherlich sehr belächelten.
All diese Dinge nahmen ihm das bisschen Mut, was er vielleicht hätte aufbringen können. Er war beinahe erleichtert gewesen, als der Spanier für diese Saison keinen neuen Vertrag erhalten hatte und damit vorerst raus war. Dann musste er nicht mehr immer aufpassen, wo er hinlief, nicht darauf achten, ihn nicht heimlich anzustarren und diese verräterischen Dinge zu tun. Das hätte sein Leben so viel leichter gemacht, aber dann musste Jaguar Burti ja zu Prost schicken und sich dafür ausgerechnet ihn holen.
Jetzt war er seit drei Rennen dabei und dass es bei ihm ebenfalls nur Ausfälle hagelte – so auch heute – ließ ihn sich diesem Mann nur noch verbundener fühlen, was sich in seinen Gedanken schon wieder total lächerlich anhöre...

Bei Jaguar war er auch noch zum Teamkollegen von Irvine geworden. Das bestätigte ihn erstrecht in seinem Entschluss, lieber die Klappe zu halten. Der bekloppte Brite hatte eine dermaßen große Fresse und zog hier in aller Deutlichkeit über alles und jeden her. Er wusste selbst, dass man gewisse Dinge, die man so über andere erfuhr, durchaus mal mit dem Teamkollegen teilte.
Würde er sich nun also in naiver Hoffnung outen und das ging nach hinten los, dann könnte das im schlechtesten Fall sogar den Weg zu Irvine finden und das war etwas, was niemand brauchen konnte. Der Typ war ein dermaßen großkotziges Arschloch, dass er darauf bestens verzichten konnte. Blöderweise ging ihm dieser besagte Spanier aber nicht mehr aus dem Kopf und das war äußerst hinderlich.
Er wünschte einfach, dass er so wie bei Luna nur hingehen und ihn ansprechen könnte. Gut, das hatte er ja hier und da schon getan, nur natürlich nicht auf das offensichtliche verwiesen. Er wollte nur wissen, wie seine Stimme klang, wie er sich verhielt, wie er sich bewegte, was für eine Art Mensch er war...
Er wollte am liebsten alles über ihn wissen und das, was er erfahren hatte, ließ seine Sehnsüchte nur noch größer werden. Was hatte er sich in den vergangenen zwei Jahren nicht in Gedanken gescholten, wie dämlich das gewesen war, aber gegen dieses Verlangen kam er nur sehr schlecht an. Seine Gedanken verwandelten sich beinahe wieder in die eines liebeskranken Teenagers und das war seiner Konzentration nicht sonderlich zuträglich.

Er war so wütend!
In diesem Moment war er einfach nur wütend. Er hasste es. Er bemühte sich nach Kräften, mit all den Umständen irgendwie zurecht zu kommen. Sich selbst, seinen Gefühlen und den Menschen, die ihm etwas bedeuteten gerecht zu werden und er fühlte sich immer noch, als würde er daran schrecklich versagen.
Er wusste nicht wohin mit allem, also wollte er sich einen Moment zurückziehen, bevor er hier noch länger kopflos durch das Fahrerlager rannte. Wenigstens hatten sie ja Rückzugsmöglichkeiten und falls das Team ihn suchte oder sich wunderte, dass er nicht sofort zu ihnen kam, würde er es ihnen eben erklären, aber er ging davon aus, dass sie das eigentlich wissen müssten. So gut sollten seine Leute ihn inzwischen kennen.
Seine Wutausbrüche kamen, waren heftig und verrauchten dann wieder, wenn er etwas Zeit für sich selbst hatte. Er war schon immer schnell aus der Ruhe zu bringen gewesen, er konnte gewisse Gefühle nicht unterdrücken. Je stärker sie waren, desto heftiger brachen sie heraus. Je länger er sie unterdrücken musste, desto länger hielt ein Ausbruch danach an.
Deswegen wollte er lieber alleine sein, bevor noch jemand auf die Idee kam ihn zu fragen, wie er sich fühlte und was mit ihm los war. Er wollte sowas jetzt nicht beantworten müssen, sondern lieber irgendwo gegentreten und wenigstens ein paar Minuten furchtbar wütend auf sich selbst sein. Er ahnte ja nicht, dass sein Vorhaben längst bemerkt worden war, dass jemand aus der Ferne bereits ein Auge auf ihn geworfen hatte und ihm folgte.
Er drehte sich nicht um. Er nahm immer den hinteren Eingang zu ihrem Privatbereich, wo er niemandem begegnen musste, wo auch niemand vom Team je aufschlug und er wirklich ganz für sich alleine sein konnte. Dass die Tür nicht gänzlich ins Schloss gefallen war, bemerkte er nicht, weil er schon damit beschäftigt war, gegen das spärliche Mobiliar zu treten und ein paar sehr vulgäre Flüche loszuwerden, die ihm schon seit dem dummen Crash auf der Zunge gebrannt hatten.
Dass das gehört wurde, wusste er in diesem Moment noch nicht...


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