Big Up-Fuck | Alexander Albon x George Russell

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Big Up-Fuck


Bahrain

6. Dezember 2020


Er war sich nicht sicher, wie man diese Explosion von Emotionen nennen sollte.

In jedem Fall war die Achterbahnfahrt seiner Gefühle verdammt anstrengend gewesen. So sehr, dass er nun völlig erschöpft etwas zusammengesunken war und versuchte, die vielen Dinge zu ordnen, die sich in seinem Kopf abspielten. Er wollte sich sagen, dass es nicht so tragisch war, dass er sein Können trotzdem unter Beweis gestellt hatte, dass er richtig gut gewesen war, dass er den besten Job gemacht hatte, den er machen konnte und dennoch war jeder tröstende Gedanke nichts weiter, als eine der üblichen Phrasen.

Wie sollte man auch verstehen, warum bei diesem Team ausgerechnet heute etwas so dermaßen schieflaufen konnte? Es war so bitter und alles, was wohl ein bisschen half, war die Tatsache, dass es eben nicht sein Fehler gewesen war, dass er alles richtig gemacht hatte und sich nichts vorwerfen musste. Gewiss wäre es schlimmer zu verschmerzen, wenn er mit dem Mercedes durch einen Fahrfehler abgeflogen wäre und sich das Rennen selbst ruiniert hatte.

Freude wollte aber darüber gewiss nicht aufkommen. Momentan war er einfach nur frustriert, wütend und vor allem enttäuscht. Er hatte nicht darüber nachdenken wollen, aber die Aussicht, dieses Rennen nicht nur gut über die Bühne zu bringen, sondern sogar zu gewinnen, hatte sich schon in seinen Kopf geschlichen. Spätestens in dem Moment, als dieser Sieg in greifbare Nähe gerückt war, konnte er nicht mehr ganz vermeiden, es sich vorzustellen. Umso bitterer, dass es nicht hatte sollen sein.

Während er also versuchte, mit seiner merkwürdigen Gefühlswelt klarzukommen, verlor er womöglich ein wenig das Zeitgefühl. Vielleicht sollte er einfach ins Hotel zurückkehren, sich auf sein Zimmer zurückziehen und versuchen, schnell zu schlafen, um den Tag hinter sich zu bringen. Aber eigentlich war er dafür zu aufgewühlt und zu wütend über den Ausgang. Normalerweise gehörte Zorn nicht zu den Gefühlen, die in seinem Leben besonders oft vorkamen.

Wenn man Sport machen und dabei erfolgreich sein wollte, dann musste man lernen, mit Niederlagen umzugehen, aber es gab einfach Niederlagen, die hatten eine ganz andere Qualität, die fühlten sich nicht einfach nur schlecht an, sondern wie ein Tritt in die Eier. Vielleicht war es deswegen auch so schwierig, sich mal kurz auf den Weg zu konzentrieren. Zumindest war ihm im Nachhinein klar, dass er niemals mit seinem Fahrerkollegen kollidiert wäre, wenn er nicht völlig kopflos durch das Fahrerlager gerannt wäre.

Ihm lag die Entschuldigung bereits auf den Lippen, aus reiner Höflichkeit, als er erkannte, dass es Magnussen war. Großartig... Einer der wenigen Fahrer, bei denen er nicht so genau wusste, wie er sich verhalten sollte, einfach weil der Däne es einem schwermachte zu erkennen, woran man bei ihm war. Begeistert sah der Ältere nichts aus, aber das tat er selten. Kein Wunder. Es war schwer zu sagen, wer von ihnen das schlimmere Auto im Grid hatte. Zumindest in der Regel. Der Unterschied zwischen Haas und Williams war verschwindet gering und das nun einmal im negativen Sinn.

„Sorry, ich hab dich nicht gesehen", rang er sich ab. Es stimmte wohl, was Alex und Lando über ihn sagten. Er war einfach zu nett, nur wenn man eine gute Kinderstube genossen hatte, dann schaltete man das eben nicht so leicht ab.

„So klein bin ich nun auch wieder nicht", schnaubte Kevin, offensichtlich wenig begeistert von seiner Aussage. War der Ältere da wirklich so empfindlich?

„War keine Absicht", schob er also nach. Er hatte jetzt absolut nicht den Kopf für irgendwelche Haarspalterei oder Komplexe seiner Kollegen. Er wollte nur weg, sich verkriechen, keinen sehen, mit niemandem reden, doch tatsächlich gelang es dem Dänen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.

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