Father Moments | Daniel Ricciardo x Charles Leclerc

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Father Moments


Silverstone, England
18. Juli 2021



So richtig glücklich war er dieses Jahr mit allem nicht.

Was auch immer sich geändert hatte, es funktionierte einfach nicht mehr. Dabei war er während der Winterpause noch zuversichtlich gewesen, eine gute Entscheidung für sich getroffen zu haben. Er konnte sich nicht so ganz erklären, weshalb es plötzlich so schwer geworden war, die gewohnte Leistung abzurufen.
Er wollte sich auch gar nicht beschweren. Ein fünfter Platz war gar nicht so übel, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass das eher der Anwesenheit seiner Eltern geschuldet war, als dem, was er aktuell zustande bringen konnte. Wenn sie da waren fühlte er sich wohler, nur konnte er sie schlecht zu jedem Rennen mitnehmen. Früher war das auch nie ein Problem gewesen. Auf einmal fehlte ihm seine Familie mehr als sonst.
Seine Eltern bemerkten natürlich, dass er im Moment auch nicht so ganz erfreut über die Saison und ihren bisherigen Verlauf war. Das war auch der Grund, warum er hier schon eine Weile mit seinem Vater zusammensaß und redete. Er wollte Charles ja nicht schon wieder damit in den Ohren liegen. Der sollte ruhig sein Podium feiern.

Für seinen Freund lief es ja auch oft genug mies. An Monaco wollte er lieber nicht zurückdenken. Es war hart, dass es ihn ausgerechnet dort immer besonders hart zu treffen schien. Vielleicht sollten sie sich beide mal wieder ein paar Tage freischaufeln und etwas unternehmen, wo sie mal den Kopf freibekamen und nicht an Motorsport dachten.
Eine Idee, von der er seinem Vater auch erzählte. Was er dabei nicht bemerkte war, dass Charles seine eigene Feier schwänzte und einen Moment ganz in seiner Nähe gestanden hatte. Er hatte nicht gesehen, dass Charles bereits angesetzt hatte, um sich bemerkbar zu machen, dann innehielt, einen Moment stumm zu ihnen sah und dann verschwand. Aber er sah, dass sich etwas im Blick seines Vaters veränderte.
„Was ist?", wollte er also von ihm wissen, worauf er nur in Richtung Eingang zu dieser kleinen Dachterrasse nickte. Er folgte seinem Blick und konnte gerade noch sehen, wie Charles verschwand. Das sah ihm jetzt aber nicht wirklich ähnlich.
„Geh mal zu deinem Charles", kommentierte sein Vater, während er noch dabei war, ihm ziemlich ratlos hinterher zu starren.
„Was? Wo will er denn jetzt hin?", wunderte er sich über diesen Auftritt, der ja irgendwie überhaupt keiner gewesen war. Musste er sich jetzt Sorgen machen?
Er wandte sich wieder zu seinem Vater, der ihm einen längeren Blick zuwarf, bevor er meinte: „Da war was in seinem Blick. Frag doch mal ob alles okay ist." Und wenn sein Vater das so sah, dann wollte das auch schon etwas heißen. Allerdings wusste er auch, wie gerne sein Vater Charles mochte.

„Klar, sicher. Seid ihr noch eine Weile hier?", wollte er wissen.
Sie hatten noch nicht wirklich etwas für heute Abend geplant und es wäre sicher etwas unhöflich, seine Eltern hier sitzen zu lassen, bis alles dichtmachte.
„Sind wir. Falls wir ins Hotel fahren, schreiben wir dir", beruhigte sein Vater ihn aber direkt. Was hatte er auch anderes erwartet? Er wusste ja, dass er großartige Eltern hatte. Jetzt wollte er wirklich lieber erst nachsehen, was mit Charles los war.
„Danke, ihr seid die Besten", teilte er seinem Vater noch mit, während er bereits aufstand und brachte ihn damit zum Schmunzeln.
„Wissen wir doch."

Hoffentlich konnte er Charles noch einholen.
Er wusste ja auch gar nicht, wo sein Freund jetzt hinwollte, aber er beschloss, dass er da einfach seiner inneren Eingebung folgen würde. Weit konnte er ja noch nicht sein und inzwischen kannte er ihn auch gut genug um in etwa zu wissen, wie er ihn aufspüren konnte.
Es war ohnehin schade, dass sie sich dieses Wochenende so wenig gesehen hatten. Manchmal schafften sie das häufiger, an anderen Tagen waren ihre Terminpläne einfach nicht kompatibel. Dabei brauchte er Charles. Vor allem dann, wenn er mehr als den halben Tag mit Leuten eines Teams verbrachte, in dem er sich seltsamerweise nicht so wohl fühlte.
Letztes Jahr war er so überzeugt davon gewesen, dass es eine gute Sache wäre, zu McLaren zu gehen, dass dort eine positive Stimmung herrschte...
Konnte man sich noch viel mehr täuschen? Es war überhaupt nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Er verstand nicht, wie man so daneben liegen konnte. Umso schöner, dass sich zumindest zwischen Charles und ihm nichts geändert hatte. Das gab ihm die Sicherheit, die ihm gerade an anderer Stelle fehlte.

Ein Thema, welches er zur Seite schob.
Er musste sich jetzt ein wenig darauf konzentrieren, wo er hinlief. Dennoch brauchte er nicht sonderlich lange um Charles zu finden. Tat er nie.
Den Menschen, den er liebte, würde er überall finden.


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