zweiundvierzig.

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Jungkook

Ich brauche nur wenige Sekunden, um auf dem Absatz kehrt zu machen, die Kellertreppe nach oben zu stürmen und mir gestresst durch die Haare zu raufen.
„Geld!", murmele ich dann und renne in den ersten Stock, um mein Arbeitszimmer aufzuschließen.

Natürlich kann ich all das Schwarzgeld meiner Finger nicht auf meinem offiziellen Konto einzahlen, daher liegt ein winziger Teil davon in einer kleinen, unauffälligen Tasche vor Ort. Ich habe auch einige Offshore-Konten, mit höheren Summen, aber die sind wirklich nur für Notfälle. So wie jetzt zum Beispiel. Dazu zwei gefälschte Reisepässe, die gab es mal günstig auf dem Schwarzmarkt.
„Wer will ich sein?", murmele ich nachdenklich und nehme am Ende einfach beide fahrig mit.

Mein Herz poltert nervös und bei dem Gedanken, meine Finger zurücklassen zu müssen, wird mir ganz schlecht. Trotzdem greife ich beherzt die Tasche und laufe mit beiden noch kurz in mein Zimmer, um mir ein Shirt, eine Jacke und eine Hose überzuziehen. Dazu noch eine Mütze, ein weiteres Shirt und eine Maske, unten nehme ich mir dann noch Schuhe mit. Aus einer Schublade im Bad fische ich mir außerdem noch meinen Erste-Hilfe-Koffer, für meinen Unterarm. Jetzt, da die Wut der Panik weicht, spüre ich den Schmerz etwas mehr, doch noch hilft mir das Adrenalin.

Ich brauche keine drei Minuten um fertig zu sein und trotzdem höre ich die Sirenen von Weitem, als ich aus meiner Haustür stürze.
„Fuck", fluche ich gehetzt und gehe mit langen Schritten zu meinem Wagen. Den ersten Teil werde ich fahren, um Abstand zu gewinnen, danach lasse ich ihn einfach irgendwo stehen. Und dann geht es auf zum nächsten Flughafen.

Ich steige schnell ein, schmeiße den Motor an und lenke den Wagen mit quietschenden Reifen von der Straße. Statt über die große Straße zu fahren, beginne ich mich durch die kleinen Gassen zu manövrieren, in der Hoffnung, den Polizeiautos so aus dem Weg gehen zu können. Mir läuft der Schweiß über die Stirn, aber ich zwinge mich ruhig zu bleiben. Außerdem brennt die Wunde an meinem Arm und mein Shirt saugt sich mit meinem Blut voll, aber ich kann jetzt nicht anhalten, um mich selbst zu nähen.

Es wird sie nicht lang brauchen, mich zu Orten, all die Kameras auf den Straßen sind mir ein Stein im Weg. Aber wenn ich erstmal raus aufs Land fahre und von dort ein Stück zu Fuß gehe und dann den Bus nehme, sollte es gehen.

Mein Atem geht flach und ich kann nicht glauben, in welcher Situation ich mich momentan befinde. Natürlich hatte ich immer dieses kleine Sicherheitsnetz, aber ich habe nie wirklich geglaubt, dass ich es brauche. Sogar ein paar Englischkenntnisse habe ich mir für den Fall der Fälle angeeignet, aber auch da dachte ich, ich wäre einfach übervorsichtig.

Aber vermutlich bin ich nicht vorsichtig genug gewesen, denn ansonsten wäre ich nicht in dieser Situation. Aber ich musste ja auf die schönen braunen Augen und die tollen schlanken Finger von Kim Taehyung hereinfallen. Und mein Herz tut so weh bei dem Gedanken daran, was er getan hat.

Natürlich kann ich ihn irgendwo verstehen, immerhin geht es um seine Familie. Aber trotzdem. Sein Verrat schmerzt mich mehr und noch mehr verwirrt es mich, dass er mich hat gehen lassen. In meiner blinden Wut wäre ich gar nicht darauf gekommen, dass er schon Verstärkung informiert hat - auch wenn das nur logisch ist.

Ich hätte mir einfach einen Weg zu ihm gebannt und mir das genommen, hinter dem ich schon so lange her bin. Nur warum wird mir plötzlich so unwohl, wenn ich mir vorstelle wie er auf meiner Liege gefesselt liegt und ich mir nacheinander all seine Finger nehme? Ist es meine Aufregung darüber, dass ich mir sogar alle zehn genommen hätte, einfach weil sie so schön sind? Oder meine Wut auf ihn?

Nein, dass ist es nicht, aber ich kann das Gefühl nicht einordnen. Außerdem sollte ich mir weniger Gedanken um den Polizisten machen - gerade jetzt ist meine Flucht viel wichtiger. Kurz halte ich an einem kleinen 7/11 und kaufe mir noch ein Wasser, eine Flasche Soju, einen Bauchbeutel ein paar Snacks und Blondier- und Färbemittel. Ich achte darauf, meine Mütze und meinen Mundschutz zu tragen, aber der junge Mann hinter der Kasse sieht kaum von seinem Smartphone auf, als ich die Sachen einkaufe.

Es kostet mich nicht einmal eine halbe Stunde, bis ich einen geeigneten Platz an einer Zugbrücke gefunden habe, um mein Auto stehen zu lassen. Fahrig klappe ich meinen Erste-Hilfe-Koffer auf, trinke ein paar großzügige Schlucke Alkohol und hole dann Nadel und Faden hervor. Ich ziehe mein Shirt und die Jacke aus, bevor ich die Wunde mit dem Wasser und brennendem Desinfektionsmittel reinige und anschließend mit dem ersten Stich beginne. "Oh Fuck", fluche ich, als der Schmerz trotz Alkohol mein Gehirn erreicht, aber erst zwölf Stiche später erlaube ich es mir, mich vor Schmerz und Panik in meinem Fußraum zu übergeben.

"Na super," schniefe ich, leere aber nur das gesamte Desinfektionsmittel über die Wunde und versuche nicht zu schreien. Krampfhaft atme ich weiter und erst als ich alles ordentlich verbunden habe und mein Kreislauf zu versagen beginnt, esse ich schnell die Snacks. "Gott, ich brauche dringend Schmerzmittel", murmele ich unterdrückt und benommen, bevor ich mir ein frisches Shirt, sowie die Jacke wieder überziehe.

Dann gehe ich zu Fuß mit der kleinen Tasche in der Hand ein kleines Stück, bevor ich endlich an meinem ersten richtigen Stopp lande. Im Bahnhof gehe ich mühevoll den Kameras soweit aus dem Weg, wie es mir möglich ist, bevor ich in der Toilette meine Haare heller färbe und meine Jacke und Mütze ablege. Ich verstecke sie mitsamt meiner Tasche in der Kabine. Vorher hole ich noch den kleinen Bauchbeutel aus der Tasche und stopfe mein Geld dort hinein, um dann an einem Schalter in bar ein Ticket für den Nachtzug zum Incheon Flughafen zu kaufen.

Erst als ich auf dem Platz sitze und draußen in die Dunkelheit schaue, beruhigt sich mein Herzschlag. Keine Sirenen, keine lauten Stimmen und niemand, der mich in die Knie zwingt. Mein Unterarm schmerzt immer noch, aber meine Gedanken klären sich etwas, als ich mein neues Spiegelbild in der Scheibe betrachte.

Ich beginne zufrieden zu lächeln und nehme meine Pässe in die Hand. Mal sehen, wer es wird.

Park Yu Jun, wo soll es denn hingehen?











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Lernt hier eigentlich jemand koreanisch? Ich hatte es vor zwei Jahren begonnen, aber bin ohne Lernpartner nie über die ersten Lektionen gekommen, sad times :c

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