achtundvierzig.

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Taehyung

Nervös beginne ich zu Kichern, was sich schließlich in ein schrilles Lachen verwandelt. Ich kichere auch noch, als ich den Tisch abräume und das Geschirr spüle. Ich lache laut, als ich Jungkook sein neues Zimmer zeige und ich lache schrill, als ich mit zitternden Fingern das Schloss meiner eigenen Tür schließe, um mich etwas sicherer zu fühlen.

Dann beginne ich schließlich überfordert zu weinen und mein erster Impuls ist es, meinen Therapeuten anzurufen. Aber das kann ich nicht, nicht ohne ihm zu erklären, wer hier gerade im Zimmer nebenan eingezogen ist. Diese Panikattacke muss ich alleine durchstehen. Also kontrolliere ich mit enger Brust und rasendem Herzen mein Fenster und versuche mich zu zwingen, meine rasenden Gedanken zu kontrollieren.

Mit Schnappatmung schiebe ich meine Kommode vor meiner Tür und gehe dann in mein angrenzendes Bad, um auch dort die Tür zu verriegeln.
Erst das kühle Keramik meiner Badewanne lenkt mich ab und lässt mich runterkommen. Angezogen liege ich da und spekuliere kurz damit, trotz Klamotten im kalten Wasser zu baden.

„Fuck. So eine Scheiße. Was taucht der Wichser hier wieder auf? Er bringt mich um, in dem er meine Nerven komplett überstrapaziert. Vermutlich macht es dem Sackgesicht auch noch Spaß", beginne ich zu fluchen und klappere dabei etwas mit den Zähnen. Der größte Adrenalinflash nimmt langsam ab und macht einem Gefühl der Müdigkeit breit.

Erschlagen liege ich da und zische immer wieder kleine Verwünschungen. Manchmal hilft es mir, meine Angst gewollt in Verärgerung umzuwandeln. Das brennende Gefühl des Hasses ist mir lieber als das Gift der Angst.

Vielleicht sollte ich lieber ein Messer in meinem Nachttisch lagern, falls der Hodenkobold sich es irgendwann anders überlegt und er doch kommt, um mich zu töten. Oder erst langsam zu Foltern und meine Finger zu nehmen.

Kann ich seinen Worten überhaupt trauen? Der rationale Teil meines Gehirns schüttelt entsetzt den Kopf, dass ich das überhaupt frage. Natürlich nicht. Er ist ein Psychopath und Serienmörder, mit einer schrecklichen Vergangenheit.

Leider wissen wir noch immer nicht alles über ihn, aber die Leiche, die ich damals gefunden hatte, hat wirklich sehr geholfen. Es war definitiv seine Mutter.
Und nachdem Jungkook verschwunden war und wir das ganze Haus auf den kopf gestellt haben, konnten wir immer mehr Details aus den Kisten auf dem Dachboden zaubern.

Details, die eine schrecklich einsame und arme Kindheit verraten. Eine Kindheit, in der Gewalt und Vernachlässigung an der Tagesordnung liegen. Eine Tagesordnung, die irgendwann aus Drogen und einer benommenen Mutter bestanden hat. Eine Mutter, die ihren Sohn lieber aufgegeben hat, als ihn und sich zu retten.

Mit dem Wissen im Hinterkopf wundert es mich nicht, wie Jungkook geworden ist. Wer weiß schon, was aus mir geworden wäre, wäre ich so aufgewachsen.

Und trotz meiner rationalen Gedanken und meinem lückenhaften Wissen merke ich, dass ich Jungkook glauben will. Ich möchte, dass er mir nichts tut und sein Versprechen wahr ist.

Weil ich möchte endlich keine Angst mehr haben müssen.

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