siebenundvierzig.

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Jungkook

„Man, habe ich koreanisches Essen vermisst", murmele ich und stopfe mich voll. Taehyung sitzt mit gegenüber steif auf seinem Platz und beobachtet mich argwöhnisch. Immer wieder gleitet sein skeptischer Blick über mein äußeres Erscheinungsbild.

Zugegeben, ich habe in dem letzten Jahr ein kleines Upgrade bekommen. Da ich nicht mehr arbeiten gegangen bin, sondern von meinem Schwarzgeld gelebt habe, konnte ich die Zeit viel mehr für Dinge wie Fitness oder Mode nutzen. Natürlich habe ich mein Geld nicht für Luxushotels und Marken auf den Kopf gehauen, auch wenn ich davon genug hätte, aber ich bin von A nach B gereist, habe viele schöne Orte gesehen und das Leben genossen.

Zumindest, soweit ich das konnte. Immer hatte ich die Angst im Nacken irgendwie doch aufzufliegen. Aber in Südamerika hat ehrlich niemand nach mir gesucht und in Europa auch nicht. Zu Beginn hatte ich noch meine kurzen, dunkelblonden, fast braun gefärbten Haare, aber mittlerweile habe ich sie bis zu meinem Kinn wachsen lassen und wieder schwarz gefärbt.

Durch mein ständiges Weiterreisen und „Aus dem Koffer leben", habe ich mich mehr oder weniger für eine Farbe entschieden und diese zu meiner Persönlichkeit gemacht. Viel mehr kombinationsmöglichkeiten und weniger Stress.

Das Einzige was mir gefehlt hat, waren meine Finger. Durch meine fehlende Ausstattung konnte ich nicht wie hier vorgehen und habe es nach ein paar Versuchen aufgegeben. Ich hätte auch nicht gewusst, wie ich auf die Schnelle an all die medizinischen Notwendigkeiten kommen sollte.

Außerdem haben mich keine der Finger so gereizt, wie es früher war. Nur ein schaler Geschmack von der Extase, die ich früher verspürt habe.

Daran ist definitiv Taehyung schuld, aber ich habe halt ein Händchen dafür, meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse irgendwie zu versauen.

„Also, wie läuft es bei dir so? Verbrecherjagd im vollen Gang? Schläfst du dann auch mit denen oder war das nur bei mir so?", bohre ich schmatzend nach und sehe meinen Gegenüber dabei ganz genau an. Diese Frage habe ich mir nämlich die ganze Zeit über gestellt.

Wie viel von dem Taehyung, den ich kennenlernen durfte, war echt?

Auch einer der Gründe, weshalb ich hier bin, nämlich um genau das herauszufinden.

Mein Gegenüber wird rot im Gesicht und sieht mich an, als hätte er einen Geist gesehen. Dann räuspert er sich und es ist süß anzusehen, wie er sich versucht zu sammeln.
„Ich war bisher nicht wieder arbeiten. Und ich neige nicht dazu, mit meinen Verdächtigen zu schlafen."

Ich grinse bei der zufriedenstellend Antwort nur und sehe ihn dann mit schiefgelegtem Kopf an. „Und wieso arbeitest du nicht? Du musst wer Wichtiges gewesen sein, wenn du wochenlang eine Mission wie mich hattest."

„Eben weil ich eine Mission wie dich hatte."

Wir sehen uns kurz in die Augen und dann konzentriere ich mich wieder auf mein Essen. Mein Blick huscht dabei immer wieder zu Taehyungs langen, schlanken Fingern, die gelegentlich nervös zittern.

Ich seufze schließlich etwas und ein Knoten in mir löst sich, als ich ihm wieder in seine dunklen Augen schaue. „Dann helfe ich dir ein bisschen über deine Mission hinwegzukommen", biete ich ihm an und er schnaubt verächtlich.

„Ah ja. Genau. Und wie stellst du dir das vor? Hast du in deinem letzten Jahr Psychologie studiert?"

Breit lächelnd sehe ich ihn an. „Da ist der freche Taehyung ja wieder."
Dann werde ich wieder ernst und schüttele den Kopf. „Habe ich nicht, aber wenn ich hier wohne. Kann ich dir ja etwas zurückgeben. Ich kann dir zum Beispiel zeigen, dass du keine Angst vor mir haben musst."

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