Oktober
Die Türen schließen sich langsam mit einem langgezogenen Klappern. Donghyuck dreht seinen Kopf. "DIE Gerüchte?", echot er schrill, "Was für Gerüchte?" Lange Zeit schwebt die Frage unbeantwortet im Lift herum. Der Aufzug rumpelt am dritten Stock vorbei. Mark kichert und zieht den Anderen nach hinten, als der zweite Stock für den nächsten Stopp angezeigt wird. Tatsächlich steigt eine junge Frau zu, die scheinbar immer um drei Feierabend macht. Donghyuck hat sie schon verdammt oft gesehen, Mark erst ein paar Mal.
"Hi", lächelt sie schüchtern und schiebt sich in den kleinen Raum, den die beiden jungen Männer gerade frei gemacht haben. Sie guckt nur Donghyuck an, und so entgegnet auch nur der ihren Gruß. Mark ist still, bis sie im Erdgeschoss mit einem zuckersüßen "Tschüssi!" den Aufzug verlässt.
"Bye", sagt Donghyuck mit einem falschen Lächeln.
"Tschüss." Mark spannt seinen Kiefer an. Die Türen schließen sich wieder. Fast sofort bohrt sich ein Finger in seinen Bauch. "Alles okay?" Wider Willen lächelt Mark. Irgendwie freut es ihn wahnsinnig, dass der sozial unbeholfene Lee Donghyuck seine Tonlage und seine Mimik zumindest als Anlass gesehen hat, sich zu erkundigen. Er lächelt. "Alles okay. Und du tu nicht so, als würdest du die Gerüchte nicht kennen!"
"Falls es dir entgangen ist, Mark, ich bin im Bürotratsch äußerst selten vertreten."
Die Türen öffnen sich und obwohl es erst Spätoktober ist, begrüßt beide eine unangenehm kalte Luft in der Tiefgarage. Donghyuck geht mit zackigen Schritten voran, er weiß genau, wo der gute alte Fox steht. Man hätte ihn aber auch so gefunden, denn das kräftige Orange hebt sich enorm von den anderen unauffällig grauen und schwarzen Fahrzeugen ab. Mark sperrt sein kleines Auto auf. "Einfach Dating", sagt er, "aber offensichtlich wolltest du nicht mal das."
Er meint die Abfuhr vor einigen Monaten, ganz sicher, aber auch wenn man seine Tonlage irgendwie säuerlich erwarten hätte können, lässt sich diese eher mit neutral-neckisch bezeichnen. Donghyuck, der emotionale Signale auf akustischer Ebene sowieso nicht wirklich gut deuten kann, plumpst auf den Beifahrersitz und jammert: "Du würdest es nicht verstehen, Mark, es war ein Faux-Pas. Oder einfach nur dumm. Aber bitte, können wir nicht über etwas anderes reden auf dem Heimweg?"
Mark lächelt beschwichtigend. "Klar, Donghyuckie. Wir könnten zum Beispiel", er öffnet das Handschuhfach, "uns an der Aufmerksamkeit des CEOs erfreuen und M&Ms essen. Oder wir testen, ob die Kondome noch haltbar sind." Er lacht dreckig und startet den Motor, während der Jüngere mit roten Ohren nach dem Snack greift. "Findest du die braunen, am besten, echt?", kommentiert er die Packungsfarbe und reißt die Tüte auf. "Eigentlich die gelben, aber ich dachte, du bist Team Braun."
"Nee, blau! Und du magst das mit Nüssen? Wow, schätze, ich laufe nach Hause."
"Bei der Kälte? Ich halte dich nicht auf. Whatever makes you sleep at night."
Donghyuck gibt vor, mit dem Sicherheitsgurt beschäftigt zu sein, damit sein Gesichtsausdruck nicht verrät, wie er es findet, wenn der Blonde Englisch spricht. Mark fährt die Ausfahrt hoch und hebt seine Mitarbeiterkarte an den Sender. Die Schranke öffnet sich. Donghyuck blinzelt lange, als sie ans Tageslicht auftauchen, das gerade noch die letzte kräftige Helligkeit nach Seoul bringt. "Du? Ähm, eine Frage..." Donghyuck hasst es wirklich, um Hilfe zu bitten und er ist auch nach wie vor grauenhaft darin, aber Mark macht es ihm irgendwie leichter.
Auch jetzt wirft er dem Dunkelhaarigen einen kurzen Seitenblick zu und wartet geduldig ab, bis er weiterspricht. "Am Freitag ist nochmal ein Arzttermin. Könntest du...?" Der Blonde streckt lächelnd seine Hand aus und wartet, bis Donghyuck einige M&Ms hineingelegt hat. "Kann ich machen. Aber dann muss ich nächste Woche noch öfter länger machen. Und am Mittwoch ist ja diese eine Begutachterin da."