Dezember
Donghyuck hat trotz all ihrer Unklarheiten auf den gemeinsamen Zoobesuch bestanden. Tatsächlich haben sie ihm schon versprochen, als Donghyuck in Daegu war und sein Neffe ihn vermisst hat. Dass Mark den Jungen am Vorabend noch heimgebracht und um zehn Uhr abends in einem angehenden Schneesturm auf die Rückreise bestanden hat, dafür schämt Donghyuck sich irgendwie.
"Hi, Mark!" Kyung rutscht auf seinem Esszimmerstuhl herum und steckt sich den Löffel in den Mund. Nachdem er Mark, der gerade eingetreten ist, fröhlich und sorglos gemustert hat, quietscht er auf. "Onkel Hyuuuck?"
"Ja, Kyungie?" Donghyuck kämpft mit dem Haargummi, das sein Neffe ihm irgendwie auf den Kopf gepfuscht hat. "Ist das das rote Poloshirt, das du so magst?" Die laute, unmissverständliche Frage hängt für einen Moment unbeantwortet in der Luft. Donghyuck zerrt panisch an dem Haargummi. Zuckt dann betont gleichgültig mit den Schultern. "Jaa." Es kostet ihn wahnsinnigen Kraftaufwand, weder beschämt noch wütend rüberzukommen. Mark grinst schief. "Tja, dann tut es mir leid, dass ich später wieder eine Jacke anziehe."
"Ist gut, so toll finde ich das Shirt auch wieder nicht."
"Aber Mark!"
Mit aufgeklapptem Mund dreht der Dunkelhaarige zu seinem Neffen. "Kyungie, was ist denn los mit dir heute? Da..." Er verstummt, als Mark sich unbeirrt vor ihn stellt. "Lass gut sein, Donghyuck. Schimpf nicht, K freut sich schon seit Dienstag darauf", sagt er mit einem Schmollmund, der es Donghyuck verbietet, noch ein weiteres Wort zu sagen. "Warte, ich helf dir." Kyung ist wirklich sehr schlimm heute, denn sogleich fragt er: "Und, riecht Mark gut? Neulich als mein Pulli nass war, hat seiner voll gut gerochen!" Donghyuck weiß nicht, was er sagen soll. Also versucht er es wieder mit subtiler Flucht nach vorn. "Schon, ja." Bemüht gleichgültig beobachtet er, wie Marks Brust sich zu einem kaum hörbaren Lachen hebt.
"Hast du schon Zähne geputzt, Kyungie?" Keine zehn Minuten später hat Donghyuck geschäftig den dunkelblauen Rucksack mit den Flügeln auf dem Schoß und stopft die Trinkflasche und diverses anderes Zeug hinein. Mark fragt sich, ob der Rucksack für Donghyuck grau ist. Und für K. "Nein!", sagt der Junge und es klingt nicht im Geringsten so reuevoll, wie es Donghyucks schweres Seufzen vermuten lässt. "Okay, dann auf geht's. Ich komme gleich gucken." Ein gestresstes Lächeln erscheint auf seinen Lippen. Kyung nickt eifrig und hüpft davon. "Ich kann auch...", bietet der Blonde an. "Wenn ich als dein Boss dir Arbeit abnehmen darf." Seinen kleinen Seitenhieb wird mit einem reuevollen und zugleich vorwurfsvollen Blick quittiert. "Wenn die Zahnpasta noch bei mir im Becher steht, hat er sie vergessen, das macht er manchmal. Und schau auf die Backenzähne..."
"Ich weiß, wie man Zähne putzt, Donghyuckie." Mark lacht rau und wuschelt durch die dunklen, braunen, immer länger werdenden Haare des Anderen, ehe er das Zimmer verlässt. Donghyuck schaut hinterher und umarmt verträumt den Rucksack.
~
"Wohnst du eigentlich allein in dem riesigen Haus, Mark?" Im Auto darf Kyung vorne sitzen, auf Jaehyuns altem Styroporsitz. Er wackelt mit den Beinen und beobachtet wortlos Marks vergeblichen Griff zum Schalthebel des Mitsubishi, den er mit einem sinnfreien Zerren an der Winterjacke zu kaschieren versucht. "Im Haus nicht, nein. Mir gehört nur das Apartment, in dem wir waren."
"Das Ganze?"
"Das Ganze."
"Bist du nicht einsam?" Kyungs große Augen verharmlosen die Frage gleich wieder und Mark lächelt nur leicht, obwohl er Kyungs Augen nur kurz gesehen hat. "Nein, K. Meine Schwester ist manchmal da, meine Freunde, dein Onkel..." Mark bremst an einer Ampel ab und wirft einen Blick, eines kleines Lächeln hinter Kyung. Der Junge brummelt nachdenklich. "Ist mein Onkel nicht dein Freund?", hakt er nach. Mark schaut hilfesuchend in den Rückspiegel zu Donghyuck. Doch der reibt sich gerade die Augen, sie brennen schon wieder. "Doch, ich, äh. Das war nur, dass du es besser verstehst." Kyung brummelt nicht überzeugt, aber er bleibt still.
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