IDIOT (EPILOGUE)

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"Bevor jetzt einer von euch weint, nimmt sich jeder einen Stift", schlägt Mark mit erhobenen Händen vor, "und schreibt auf, was ihn stört." Er fühlt sich ein bisschen wie im Büro, wenn unter den Kollegen ein unfassbar dämliches Gezicke ausbricht und seine Teambuilding-Schulungen sind bisher nie angekommen.

Aber dass der elfjährige Kyung und sein Donghyuckie auf dem Sofa über seinen Schoß hinweg passiv-aggressiv angiften, das betrifft ihn irgendwie auch. Also schlägt er die dümmste, standardmäßigste Streitschlichtungsmethode vor, die in allen seinen Fortbildungen bisher aufkam. Und vielleicht hilft das bei den beiden EQ-Spezialfällen ja tatsächlich etwas.

Beide sehen nicht sehr überzeugt aus, als Mark SpongeBob leiser dreht und Schreibzeug verteilt. Lange herrscht konzentriertes Schweigen, in dem Mark überlegt, ob dieses Rumgezanke aus einer Debatte über Patricks unsymmetrisches Haus oder aus Donghyucks grenzenloser Enttäuschung, dass K seine Bauchschmerzen gestern und heute nur vorgetäuscht hat, heraus entstanden ist. Denkbar wäre - mit Verlaub - beides.

"Und du, Mark?" Kyung blinzelt zu ihm hoch. "Bist du glücklich?"

"Wenn meine beiden Jungs sich wieder lieb haben, ja."

"Ich hab ihn lieb, aber... aber... wie schreibt man Kotzbrocken?"

"Kyung!" Mark schaut ihn entrüstet an. "So ein Wort nehmen wir hier nicht in den Mund! Das ist dein Onkel!" Er guckt böse, bis der Junge schuldbewusst den Blick senkt. Es dauert nicht lange, bis der Blonde es links von sich schniefen hört. Sein Kopf schießt herum. "Bin ich wirklich... so schlimm?" Hyuck klingt schockiert und Tränen stehen ihm in den Augen. "Bestimmt nicht." Mark legt schnell einen Arm um den Jüngeren. "Oder, K?"

Zwar hat Mark das so nicht geplant, aber er nickt Kyung ermutigend zu. "Irgendwie schon", quatscht der Junge drauf los und seine Worte stehen in einem riesigen Gegensatz zu seinem versöhnlichen, liebenswürdigen Unterton. Mark stöhnt leise auf. Na, das kann ja was werden. Die nächsten 20 Minuten spielt der CEO Streitschlichter. Und wirklich, die dümmsten Tricks seiner Schulungen zeigen Wirkung - Kyung und Donghyuck wandeln sie zwar ab, für ihre Zwecke, aber im Endeffekt tun die Techniken, was sie sollen.

Als es klingelt, heulen Onkel und Neffe, als gäbe es kein Morgen mehr, aber K  weiß genau, dass die beiden besten Freunde seines Onkels da sind, und wie auf Knopfdruck kann er plötzlich wieder strahlen. "Bleib hier, Donghyuckie, ihr könnt ja quatschen, wenn die Jungs heute Abend wieder kommen." Mark streicht dem dunkelhaarigen Häufchen Elend über den Kopf. Donghyuck lächelt. "Komm her, Kyungie, krieg ich eine Umarmung?" Kyung stolpert bereitwillig zu ihm und sie schlingen die Arme umeinander, sodass Mark beinahe das Herz bricht. Umarmungen sind eines der wenigen Dinge, die die beiden emotional zu verbinden vermögen. Der Blonde wendet sich ab und öffnet die Tür.

Renjun und Jeno erfassen glücklicherweise sofort die Situation und bieten an, im Flur zu warten. Mark nimmt die knallgelbe Regenjacke vom Haken und als er das Wohnzimmer betritt, wird er gerade noch Zeuge, wie Donghyuck dem kleinen Jungen einen Schmatzer auf die Stirn drückt und dann lächelt. Kyung schmeißt sich in die Jacke. "Bis später, Onkel Hyuck! Ich hab dich lieb!" Er winkt fröhlich und setzt sich die gelbe Kapuze auf. Es sieht furchtbar niedlich aus.



KYUNG [SANA]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt