*10/10 WOULD BANG*

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Mai
(

flashback)

"Bin ich zu hässlich?"

Mark rührt in seinem Café Mocca mit Karamellgeschmack und Kakaopulver auf der Sahneoberfläche herum und freut sich unheimlich auf den Schoko-Sahne-Löffel, den er nach ein paar Alibirunden Umrühren abschlecken kann. Das Café, in dem er sich mit seinen Freunden befindet, ist überfüllt mit Jugendlichen - Mark fühlt sich alt, dabei ist er der Jüngste von den Jungs - aber der Fakt, dass er der beste Freund des Geschäftsführers ist, hat ihm und den andren, die auch zu Yutas engsten Freunden gehören, einen kleinen, gemütlichen Tisch am Fenster gesichert. "Bin ich?", fragt er erneut nachdrücklich und seufzt tief.

Jungwoo ist der Erste, der nach einem irritierten Schweigen ein Geräusch von sich gibt. "Nein", behauptet er liebenswürdig, macht große Augen und knabbert an seinem Chocolate Chunk Cookie.

"Manchmal schon", ergänzt Jaehyun mit einem Schulterzucken. Er grinst verschmitzt und fährt sich durch die hellen Haare. "Wir lieben dich trotzdem, Markie." Er zwinkert. Vor ihm steht ein Teller mit einem Karottenkuchen-Stück, welches offensichtlich nicht sehr gut ist. Seit seinem Probier-Bissen vor einer guten Stunde hat Jaehyun nichts davon gegessen.

Mark grummelt und zieht den Teller wortlos zu sich. Yuta, vierter und letzter ihres Freundeskreises, kichert und steht auf. "Mein Stichwort, Jungs." Er will gehen, aber Jaehyun greift blind an seine blaue Schürze. "Der Junge hat eine Krise, du bleibst jetzt hier", knurrt er. Yuta reißt sich los und richtet die Schürze. "Nicht jeder hat am Sonntag frei. Und wir hatten das schon hundertmal, Mark. Du bist toll und so, 10/10 would bang, wenn ich nicht vergeben wäre. Nun denn", er tätschelt Marks Schulter und tascht in Jungwoos Haare, "kann man euch noch was bringen?"

Er schüttelt sich die dunklen Strähnen aus den Augen und guckt abwartend in die Runde, fasst seine Haare in einen unordentlichen Dutt zusammen. "Jetzt wo ich darüber nachdenke, Mark", er grinst fies, "deine Augenbrauen sind nicht symmetrisch und dein Arsch ist zu dick. Aber sonst bist du nicht hässlich, nein."

"Wen kümmern Augenbrauen?" Jaehyun starrt nachdenklich hinaus auf den Stadtpark, der von der Nachmittagssonne zu milden Sommertemperaturen erwärmt wird. "Danke für die aufbauenden Worte, ich fühl mich schon viel besser. " Mark sticht bestimmt etwas vom Kuchen ab. Wenn Jaehyun ihn nicht will, gut. Aber weggeschmissen wird nichts. "Mann, Yuta, jetzt hast du meinen Fortschritt kaputt gemacht!", beschwert sich Jungwoo. "Ich geh zurück an die Arbeit, bevor ich noch was anrichte."

"Da schließ ich mich an. Sori abholen von ihren Großeltern". Jungwoo stopft sich den übrigen Cookie in den Mund und steht ebenfalls auf. Er ist, auch wenn er nach Mark am kindlichsten aussieht, tatsächlich der erwachstenste und reifte von ihnen, mit einem Hund, einer Verlobten und einer reizenden Tochter. Mark ist jedes Mal erstaunt und zutiefst beeindruckt, wie sein Kumpel Job, Familie und ihren kleinen Freundeskreis so erfolgreich schafft zu managen. Vielleicht ist er einfach ein Naturtalent in allem, was das Leben so verlangt.

"Ok ok, wie sieht's bei euch aus, Mark, Jaehyun? Noch Kaffee? Was war mit dem Kuchen, Jae? Nicht deins?" Yuta gibt Jungwoo eine halbherzige Umarmung und streichelt seine Haare in einer übertriebenen Bewegung. Seine Tonlage bleibt - abgesehen von dem leisen "bye, woo" - professionell und typisch Kellner. Jaehyun hebt die Hand und winkt Jungwoo zu. "Schmeckt wie letztes Mal, als ich versucht habe zu backen", beschwert er sich und hängt eine Erklärung für Mark und Yuta hinterher: "In der elften Klasse, und das war das Ende meiner Backkarriere. Nimm's nicht persönlich, Yuta."

Er lächelt ohne irgendeine Emotion. "Sag deiner Kleinen ganz liebe Grüße!", erinnert er Jungwoo mit diesem Psychopathenlächeln. "Ja, von mir auch. Auch wenn sie mich hasst, oder so. Und soo schlecht ist der Kuchen nicht", schaltet der Jüngste sich ein. "Sie hasst dich nicht!" Jungwoo bemüht sich um ein aufbauendes Lächeln. Yuta kichert. "Sie mag nur jeden lieber als dich." Er gibt Jaehyun ein High Five, während Mark mal wieder akzeptieren muss, dass der Japaner einfach nur Recht hat.

"Ich finde, jetzt schuldest du mir einen Kaffee."

"Weil ich ehrlich war? Nee, so läuft das nicht." Yuta zieht sich dennoch seinen Kellnerblock hervor. "Jaehyun, bleibst du bei unserem unfähigen soon-to-be CEO? Schätze, er hat nach seinem grandiosen Date-Fail nichts vor und du, du bist doch eh forever alone!" Jaehyun schürzt die Lippen und kneift mitleidig in Marks Wange. "Hm, ja, mach zwei Kaffee draus."

"Kommt sofort." Yuta nickt geschäftig und klopft auf Jungwoos Hintern. "Vergiss die Grüße nicht!" Eifrig und munter verlässt er den Tisch. Jungwoo winkt in die Runde und  verschwindet ebenfalls. Mark und Jaehyun schauen wortlos hinter ihnen her. "Manchmal frage ich mich, wie die beiden es schaffen, so stabile, perfekte soziale Leben zu führen", denkt Jaehyun halb laut nach. Mark schnaubt. "Ehrlich, du fragst dich das nur manchmal?" Er gibt wirklich sein Bestes, selbst-ironisch und nicht verzweifelt zu klingen. Es gelingt ihm so halb. "Du bist definitiv nicht der Einzige, der sich bei allem Zwischenmenschlichen wie ein Komplettloser fühlt. Ich meine, ich hab gestern ein wunderbares Date versaut."

"Lieb von dir, Mark, aber ist das nicht normal bei euch Computernerds?" Jaehyun grinst frech  und entlockt Mark ein leises Lachen. "Exzellenter Themenwechsel, Jae, was macht dein neues Architekturprojekt?" Jemand bringt ihre Getränke, aber es ist nicht Yuta, sondern ein junges Mädchen, deren Namen er immer vergisst. Peggy? Penny? Paige? Mark bildet sich ein, dass Jaehyun ihr ein wärmeres Lächeln schenkt als üblich.

"Läuft gut, wirklich. Mein Mentor hat mir eine Liste mich früheren externen Künstlern überlassen für den Häuserkomplex, dessen Planung ich in die Hand nehmen soll." Es ist sein erstes Bauprojekt als Hauptverantwortlicher und eigentlich redet Jaehyun seit Wochen über nichts anderes, heute hat er sich aber komplett zurückgehalten, den irgendwie hat Marks Date alles andere überlagert. Zumal die Jungs das Treffen für den Jüngsten arrangiert haben. Hinter dessen Rücken. "Hab jetzt einen Vertrag unterzeichnet mit diesem einen Künstler, von dem dir erzählt habe. Er ist relativ jung und unbekannt, aber die Skizzen und seine bisherigen Arbeiten gefallen mir ganz gut. Er malt wohl besonders gerne in grellen Farben oder mit Fokus auf abstrakten Formen - aber wenn du mich fragst, ist ihm rot am liebsten. Seine ganze Wohnung ist voll damit."

"Mein Date hatte auch so ein Armband", jammert Mark los, "es war so niedlich! Aber bei ihm irgendwie auch swaggy, keine Ahnung?"

Jaehyun stöhnt auf. "Ich wollte dich ablenken, Mark, aber so wird das nichts. Der Typ ist Geschichte, begreif das endlich!" Mark nippt dankbar an seinem Kaffee. "Und das war ungefähr so wie die von Sori", erklärt er niedergeschlagen und zeigt mit der Kuchengabel auf den Stuhl, auf dem vorhin noch Jungwoo saß, dessen vierjährige Tochter derzeit täglich mindestens eines ihrer Schmuckstücke verschenkt - meist viel zu kurz oder viel zu lang. Jaehyun und Yuta haben beide schon mehr als fünf, während Mark - den das Mädchen aus irgendeinem Grund nicht mag - bisher 'nur' eins abgegriffen hat. 

Das zu kurz ist, weswegen es an seinem Autoschlüssel hängt - und Yuta verwettet seine Schürze, dass der fransige Anhänger länger überlebt als der Fox selbst - womit er alle seine Solidarität und ihre langjährige Freundschaft symbolisch ins Wanken gebracht hat. Jaehyun rührt beide von Marks Milchpackungen in seinem Kaffee, der stark hellbraun wird.

"Ich versuch es anders: du hast es vermasselt. Nichtsdestotrotz findest du irgendwann jemanden, der dir das gibt, was du verdienst. Wird halt nicht der Typ sein, aber wen kümmert's?"

KYUNG [SANA]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt