Oktober
Gestresst spielt Donghyuck mit seiner Krawatte, hält sich gleichzeitig sein Handy ans Ohr. Er lächelt gestresst, denn von da, wo er sitzt, kann Mark ihn theoretisch durch diese Scheibe sehen. Dumm und naiv, ja. "Ich sags dir nochmal, Hyuck, mein Auto steht wohl noch länger in der Werkstatt. Und du weißt, Minho ist die nächsten Tage auch nicht da."
Donghyucks Cousine raschelt am Telefon. Donghyucks Mundwinkel tun langsam weh. Heute fallen seine Mitfahrgelegenheiten aus, beide? Ausgerechnet heute, wo er mit seinem Neffen den Termin im Klinikum hat? Tja, er hasst es zwar, um Hilfe zu bitten, aber vielleicht macht Jeno das für ihn. Und wenigstens ist sein Cousin ähnlich gesprächig wie Donghyuck selbst. Aber lieber Jenos Cousin als ein Taxi. Kyung ist normalerweise schrecklich bei fremden Autofahrern und bei Jenos Verwandten kümmern Donghyuck die Kommentare des Jungen nicht wirklich. Bei Taxifahrern ist es aber einfach nur unangenehm. Das tut sich der Dunkelhaarige wirklich nicht an.
Er bedankt sich halbherzig bei seiner Cousine und legt auf, tippt auf Jenos Profil. Es tutet lange, viel zu lange. "Donghyuck, alles okay? Iss nicht so viel, Baekhyun! Wie läuft die Synchronisation der Daten, Minghao?" Mark Lee kommt aus einem Konferenzraum, verbreitet ausgezeichnete kameradschaftliche Laune wie immer. Ohne auf irgendwelche Reaktionen zu warten, steuert er auf die kleine Gemeinschaftsküche zu. Donghyuck guckt hinterher und verzieht geistesabwesend das Gesicht, als Renjun sich meldet. "Hyuck?"
"Jun? Was machst du an Jenos Handy?"
"Er steht gerade Modell für mein neuestes Bild. Dauert noch zwei, drei Stunden. Warte, ich mach dich laut. So, jetzt."
~
"Fuck", entfährt es dem jungen Mann vier Minuten später. Das Schicksal ist doch wirklich gegen ihn. Jeno Cousin ist vor einer Woche in eine Existenzkrise geschlittert ist mit seinem Auto verschwunden, auf der Suche nach sich selbst, dem Glück und anderen Dingen.
"Donghyuck? In mein Büro", lautet Mark Lees Anweisung. Der Blonde hat sich wohl einen Kaffee geholt, der er läuft mit einem Becher direkt an ihm vorbei, in sein Büro. Er denkt an Renjuns eindringliche Worte ("Frag ihn einfach. Mehr als nein sagen kann er ja auch nicht, oder? Außerdem würde Mark sowas zu hundert Prozent sofort machen, der würde doch alles für euch tun. Für Kyung.") Stumm folgt er Mark in dessen Büro. "Was ist los?", setzt Mark an, kaum dass die Tür ins Schloss fällt.
"Nichts", lügt Donghyuck sofort. Er will nicht, dass Mark sich Gedanken um seine privaten Transportengpässe macht, will auch nicht, dass er überhaupt von seinen fast schon beschämenden Problemen weiß. Wer hat als junger Mann in Seoul auch keinen Führerschein?
"Sah gerade anders aus", antwortet Mark und nippt an seinem Kaffee. "Ist was Persönliches", weicht der Jüngere aus. "Dann frage ich nicht als Vorgesetzter, sondern als der Typ, der mit dir einkaufen war. Dem du von Gaeul und Yoko erzählt hast. Donghyuckie, was hast du auf dem Herzen?" Er fängt den Blick des Anderen ein und lässt ihn nicht mehr los. Donghyuck windet sich. "Nichts, Mark, ehrlich. Es ist dumm und unnötig. Ich bin einfach zu verwöhnt."
"Das glaube ich nicht. Was ist denn los, vielleicht kann ich helfen?"
"Ich will aber keine Hilfe! Und nicht von dir, du bist mein Boss!", sagt er lauter und heftiger als geplant. Mark zuckt zurück und stellt seine Tasse ab. "Also erstmal ", sagt er ruhig, "ist es 'Sir' auf der Arbeit. Und jeder braucht mal Hilfe, das ist menschlich und das ist okay. Sag mir einfach, was ist, und dann sehen wir weiter, okay?" Donghyucks innerer Kampf ist fatal. Eine Weile sagt er gar nichts und Mark wartet geduldig ab. Nach einer kleinen Ewigkeit aber, atmet er tief durch. "Gut. Dann eben nicht. Du kannst gehen. Aber ich bin immer für dich da, okay, Donghyuckie?" Der schleicht zur Tür und zieht sie auf. "Ja, Sir, danke."