KAPITEL SIEBEN

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Die Nacht war wie jede andere im „Negra" – Kurze Röcke, hohe Absätze, laute Musik, und der Geruch von Schweiß und Alkohol lag schwer in der Luft. Die Mädchen sahen alle gleich aus – doch heute zählte ich mich selbst dazu. Ein schwarzes, enges Kleid schmiegte sich an meine Hüften, die Absätze ließen meine Beine endlos erscheinen. Emilia hatte darauf bestanden, nach fünfzehn Anproben beim ersten Kleid zu bleiben. Es hatte mich fast in den Wahnsinn getrieben, doch hier waren wir nun – wie jeden Freitag – und warteten darauf, dass die Nacht ihren Lauf nahm.

Aber etwas fühlte sich anders an. In der Luft lag eine Anspannung, die ich nicht zuordnen konnte. Es war, als würde etwas Dunkles unter der Oberfläche brodeln, bereit, jeden Moment auszubrechen.

Als wir in der Schlange standen, bemerkte ich, wie mein Blick immer wieder auf den massiven Türsteher vor uns fiel. Er war groß, muskulös. Etwas an ihm ließ mein Innerstes erzittern – als ob ich ihn bereits aus einer dunklen Erinnerung heraus kannte.

"Er muss neu sein," flüsterte Emilia und warf ihm ein verführerisches Lächeln zu, als sie ihm ihren Ausweis reichte. Doch anders als die anderen Türsteher schien er sich nicht von ihr beeindrucken zu lassen. Er studierte ihren Ausweis gründlich, bevor er sie wortlos durchwinkte. Dann richtete sich sein Blick auf mich, und ich spürte, wie sich die Kälte der Nacht über meinen Rücken legte.

Seine Augen schienen durch mich hindurchzusehen, als ob er mehr wusste, als er preisgab.

Er hielt meinen Ausweis neben mein Gesicht, lächelte fast wie ein Raubtier und nickte dann knapp, bevor er mich durchließ. Ein Kribbeln kroch über meine Haut, und als ich an ihm vorbeiging, hörte ich das leise Kratzen seines Walkie-Talkies.

Er sprach leise auf Spanisch. Worte, die wie Gift in meinen Gedanken nachhallten.

„Sie ist da"

Mein Herz begann schneller zu schlagen. Was hatte er gerade gesagt?

Ich drehte mich um und sah, wie er das Walkie-Talkie wieder wegsteckte. Mein Blick blieb an einem Tattoo hängen, das unter seinem Kragen hervorlugte. Eine schwarze Rose.

Mein Atem stockte.

Dieses Symbol... ich kenne es.

Die Erinnerung traf mich wie ein Schlag.

Dieselbe schwarze Rose hatte einst meinen Körper geziert, bevor ich versucht hatte, sie unter Narben und Tinte zu begraben. Ein Relikt aus einer Zeit, die ich hinter mir lassen wollte. Aber es ließ mich nie wirklich los. Und jetzt war es wieder da – bedrohlich und real.

Panik setzte ein.

Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, und die Realität um mich herum begann zu verschwimmen. Ich konnte die Musik nicht mehr hören, konnte die Wärme der Menge nicht mehr spüren. Alles, was blieb, war das drohende Gefühl der Gefahr, das mich zu erdrücken drohte.

Ich suchte mit fieberhaften Augen nach Emilia, doch sie war in der Menge verschwunden. Ich wollte schreien, weglaufen, aber meine Beine fühlten sich an, als wären sie aus Blei. Was sollte ich tun?

Plötzlich spürte ich eine Hand, die sich um meinen Arm legte und mich zurück in die Realität zog.

Ich zuckte zusammen und bereitete mich auf einen Angriff vor, doch als ich mich umdrehte, sah ich Emilias vertrautes Gesicht. Erleichterung durchströmte mich, wenn auch nur für einen Moment. Wortlos zog sie mich in Richtung der Toiletten, und ich folgte ihr, noch immer benommen von dem Schock.

In der Sicherheit der Toilette ließ sie meine Hand los und begann, hektisch in ihrer Tasche zu kramen. Mit zittrigen Fingern zog sie ein kleines weißes Tütchen heraus und legte es auf das Waschbecken. Meine Gedanken drehten sich noch immer um den Türsteher, um das Tattoo. Ich versuchte, mich zu beruhigen, doch jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, sah ich die schwarze Rose vor mir.

„Hier," sagte Emilia und reichte mir ein kleines Röhrchen. Automatisch nahm ich es, zog eine Linie und fühlte den vertrauten brennenden Schmerz in meiner Nase.
Der Schmerz verging aber schnell und der eklige Geschmack kroch mein Rachen hinab und für einen Moment schien die Welt wieder stillzustehen, als ob die Dunkelheit für einen kurzen Augenblick in den Hintergrund trat.

Doch dann, als ich das Tütchen in Emilias Hand genauer betrachtete, erstarrte ich. Auf der Rückseite des Tütchens prangte das gleiche Symbol – die schwarze Rose.

Ich ließ das Röhrchen fallen und packte Emilia an den Schultern. Mein Griff war fest, verzweifelt. „Wo hast du das her? Wo zur Hölle hast du das Zeug her?!" Meine Stimme bebte vor Panik.

„Was ist los mit dir?" Emilias Augen weiteten sich vor Schreck. „Es ist nur Koks, Soph. Was ist los?"

„Sag mir, wer dir das gegeben hat!" forderte ich und konnte die Angst nicht mehr verbergen. Sie mussten mich gefunden haben. Es gab keinen Zweifel mehr.

„Ein Typ im Club...", stammelte Emilia. „Er hat mich angesprochen. Ich dachte, es wäre kein großes Ding."

Ich ließ sie los und starrte in den Spiegel vor mir. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, und das Bild, das mich aus dem Spiegel ansah, war das einer Frau, die kurz davor war, zusammenzubrechen.

„Zeig mir, wer es war," sagte ich scharf, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Bitte, Emilia. Zeig mir, wer dir das gegeben hat."

Widerwillig führte sie mich zurück in den Club. Mein Atem ging flach, mein Puls raste. Die Musik war wieder da, aber sie war nur ein dumpfes Dröhnen in meinen Ohren. Alles, worauf ich mich konzentrieren konnte, war das Symbol – und der Mann, der mich damit gefunden hatte.

Schließlich blieb Emilia vor der Bar stehen. Sie deutete auf einen Mann, der auf einem Barhocker saß. Mein Herz setzte einen Schlag aus.

Er war groß, muskulös und hatte langes, dunkles Haar. Auf seinem linken Unterarm prangte dasselbe Symbol – die schwarze Rose. Er saß dort, als würde er auf mich warten, und sein Blick traf meinen.

Mein Körper erstarrte. Ich kannte diesen Mann. Und genau in diesem Moment wusste ich, dass ich aus dieser Nummer nicht mehr herauskommen würde.

Black Rose: The Bloom |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt